Auch nach drei Monaten ist es immer noch schwer zu begreifen, was da passiert ist im Ahrtal. Das war brutal, in dieser Dimension bis heute schwer einzuordnen. „In der Flutnacht ist die Welt stehen geblieben“, sagte Guido Orthen, Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler. Er hätte es nicht besser sagen können.
Das Ahrtal. Es war eine Welt, bei der mir das Herz aufging, wenn ich hineinfuhr. Und jetzt ist da immer dieser dumpfe Stich im Brustkorb. Der bleibt, auch wenn Schlamm und Schutt weggeräumt sind. Darüber zu berichten, was die Nacht zum 15. Juli hinterlassen hat, war in den Tagen danach emotional belastend. Die vielen Toten. So viel Leid, das sich kaum in Worte fassen lässt und doch irgendwie abgebildet werden musste. Jedes Foto kostete Überwindung. Die Infrastruktur, deren Aufbau man vom ersten Ratsbeschluss bis zur Einweihung begleitet hat – einfach komplett zerstört. Selbst nicht betroffen zu sein, empfand ich angesichts der verwüsteten Häuser schon fast als unverschämt.
Aber dann kam das Staunen über die Energie, die die Menschen in dieser Situation freigesetzt haben, um sich erst einmal selbst und anderen zu helfen. So habe ich die Menschen im Ahrtal kennengelernt. Keine Zeit zum Jammern. Nach dem ersten Schock die Erkenntnis: Es muss weitergehen. Selbst Weinfeste feierten sie im September, wenn auch unter sich und mit den vielen Helfern, die sie durch das Chaos getragen haben.
Doch es wird auch diejenigen geben, die ihre Trauer und Verzweiflung im Stillen ertragen. Und jene, denen die Kraft zum Wiederaufbau fehlt. Nicht jeder, der seine Sorgen und Ängste mit einem rheinischen Gemüt kaschiert, wird allein damit fertig werden. Viel professionelle Hilfe wird nötig sein für die Seele. Es muss aber auch Fürsprecher geben für Menschen, die pragmatisch an die Hand genommen werden müssen, um in ihrer Heimat wieder Fuß zu fassen. Wiederaufbauhilfen beantragen, sich mit Versicherungen einigen, eine neue Wohnung suchen und finden – all das sind Herausforderungen, die zu stemmen sind. Es wird auch eine Bewährungsprobe für den Zusammenhalt im Ahrtal werden.
Doch das Signal, das deutlich zu spüren ist: Heimat ist wichtig. Viele wollen im Tal bleiben, sehen hier ihre Zukunft. Und das gilt auch für die Jungen, für die nächste Aufbaugeneration.
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