So düster war die Lage bei ViaSalus tatsächlich
Wer das Ausmaß einer Unternehmensinsolvenz verstehen will, sollte die Geschäftsberichte lesen. Auch im Fall des Ende Januar 2019 in die Insolvenz in Eigenverwaltung gegangenen Dernbacher Gesundheitsdienstleisters ViaSalus ist ein Blick auf die nüchternen Zahlen sehr aufschlussreich. Der aktuelle Bericht bezieht sich auf das Rumpfgeschäftsjahr von Anfang April bis Ende Juli 2019 – also den Zeitraum des offiziellen Insolvenzverfahrens.
Die Zahlen zeichnen ein noch deutlich düsteres Bild, als dies bei der Verkündung der Insolvenz Ende Januar 2019 bekannt war. Belief sich das Gesamtdefizit des Dernbacher Gesundheitsdienstleisters 2019 bereits auf 24,6 Millionen Euro, so kamen allein von April bis August 2019 gewaltige 50,6 Millionen Euro hinzu – zusammengenommen waren es also am Ende des Insolvenzverfahrens mehr als 75 Millionen Euro. Laut Geschäftsbericht rechnet ViaSalus von August bis Dezember 2019 mit einem weiteren hohen einstelligen Millionenbetrag als Defizit, sodass das Gesamtdefizit bis Ende 2019 auf deutlich mehr als 80 Millionen Euro gestiegen ist. Unterm Strich erhöhten sich die Verbindlichkeiten der Dernbacher Gruppe bis Ende Juli 2019 laut Geschäftsbericht auf 152,8 Millionen Euro. Dies dürfte gewisse Rückschlüsse auf den Betrag zulassen, den die Alexianer GmbH, ein katholisches Sozialunternehmen mit Sitz in Münster, für die Übernahme von ViaSalus bezahlt hat. Von Januar bis Ende März 2019 gab es indes nur einen Fehlbetrag in Höhe von rund 11.400 Euro. Grund für das geringe Defizit dürfte sein, dass die Bundesagentur für Arbeit die Gehälter der 6300 ViaSalus-Mitarbeiter in dieser Zeit im Rahmen des Insolvenzgeldes gezahlt hat. Dabei geht es um einen zweistelligen Millionenbetrag, der ab Ende April wieder voll ins Gewicht fiel. Zum Vergleich: Bis Ende März bezifferte ViaSalus den Personalaufwand mit nur rund 37.000 Euro, in den folgenden vier Monaten waren es 48,3 Millionen Euro. So verwundert es nicht, dass sich ViaSalus im Zuge der Sanierung in den Kliniken Dernbach, Zell und Frankfurt – das Krankenhaus wurde verkauft – von 84 Mitarbeitern getrennt hat. „Durch die Reduzierung des Personalbestandes hat die Gesellschaft den notwendigen finanziellen Spielraum geschaffen, um zukünftig wieder wirtschaftlich arbeiten zu können“, schreibt Geschäftsführer Manfred Sunderhaus im Geschäftsbericht. Und er gibt sich optimistisch: „Das Ziel ist, die eigenständige Investitions- und Kapitaldienstfähigkeit herzustellen, um mittelfristig Wachstumsmöglichkeiten erschließen zu können.“ Christian Kunst