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Rheinland-Pfalz

Diakonie fürchtet im Corona-Herbst Engpässe: Ambulante Pflegedienste schlagen Alarm

Von Gisela Kirschstein
Die Corona-Krise hat einmal mehr den schlechten Zustand der Pflege in Deutschland aufgezeigt. Vom Personalmangel einmal abgesehen, fehlte insbesondere zu Beginn Schutzausrüstung für Pflegerinnen und Pfleger. Die Diakonie in Rheinland-Pfalz bemängelt nun, dass die Politik bei der Problemlösung den Fokus zu sehr auf Krankenhäuser und Altenheime legt, die ambulanten Pflegedienste aber vernachlässigt würden.  Foto: dpa
Die Corona-Krise hat einmal mehr den schlechten Zustand der Pflege in Deutschland aufgezeigt. Vom Personalmangel einmal abgesehen, fehlte insbesondere zu Beginn Schutzausrüstung für Pflegerinnen und Pfleger. Die Diakonie in Rheinland-Pfalz bemängelt nun, dass die Politik bei der Problemlösung den Fokus zu sehr auf Krankenhäuser und Altenheime legt, die ambulanten Pflegedienste aber vernachlässigt würden. Foto: dpa

Kurz vor dem Herbst warnen die ambulanten Pflegedienste der Diakonie im Land vor Engpässen bei der ambulanten Pflegeversorgung: „Wir haben große Sorge, wie wir unsere mehrere Tausend Patienten in den nächsten Monaten adäquat versorgen können“, sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Sozialstationen, Sabine Pfirrmann, in Mainz: „Wir müssen besser geschützt werden.“ Ansonsten könne die ambulante Versorgung im Herbst zusammenbrechen – den ambulanten Pflegehelfern fehlten bis heute Masken und Schutzkleidung, zudem brauche es Corona-Schnelltests.

Lesezeit: 2 Minuten
Mehr als 70 Sozialstationen sind unter dem Dach der evangelischen Diakonie in Rheinland-Pfalz zusammengeschlossen, 3000 bis 4000 Pflegekräfte sind bei ihnen in der ambulanten Versorgung tätig. „Wir versorgen 40.000 pflegebedürftige Menschen in ihrem Zuhause, und das täglich und flächendeckend im ganzen Land“, sagte die Geschäftsführerin der AG Sozialstationen, Esther Wingerter. Ohne ...
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Aufstand der Pfleger: Landesweites Bündnis gegen den Notstand gegründet

Krankenpfleger Christopher Strumm aus Rötsweiler-Nockenthal (Landkreis Birkenfeld) probt den Aufstand – und mit ihm Kollegen aus dem ganzen Land. Strumm ist Initiator des Bündnisses Pflegeaufstand Rheinland-Pfalz, das er mit weiteren 57 Betroffenen aus 22 verschiedenen Einrichtungen per Videokonferenz gegründet hat. Seitdem nimmt die Zahl der Unterstützer täglich zu, am Donnerstag waren es mehr als 130 Mitstreiter.

Mehr Personal, bessere Bezahlung – das sind die Kernforderungen des Bündnisses. „Wir finden uns nicht länger mit dem Pflegenotstand ab“, sagt Strumm und betont: „Jeder weiß, dass in der Pflege einiges schiefläuft, aber keiner macht wirklich etwas dagegen. Mir war das zu wenig.“ Der 30-Jährige arbeitet in der zum Klinikum Idar-Oberstein gehörenden Fachklinik in Baumholder. In erster Linie müsse etwas am Pflegeschlüssel geändert werden. Es könne beispielsweise nicht sein, dass sich im Nachtdienst eine Krankenschwester allein um mehr als 20 Patienten kümmern müsse. Auch das sogenannte DGR-System gehöre auf den Prüfstand. Seit 2004 werden in Deutschland Patienten bestimmten Fallgruppen zugeordnet. Behandlungsart und Behandlungsdauer werden vereinheitlicht und einheitlich abgerechnet. „Uns schreibt man vor, wie lange eine bestimmte Krankheit zu behandeln ist. Bleibt der Patient länger im Krankenhaus, gibt es weniger Geld“, erklärt Strumm. Das habe keinen Sinn.

Strumm hat 2013 seine Ausbildung in der Elisabeth-Stiftung des DRK in Birkenfeld begonnen, seit 2016 arbeitete er im Klinikum Idar-Oberstein, seit 2019 in Baumholder. In dieser Zeit konnte er zahlreiche Erfahrungen sammeln. Er weiß mittlerweile, wie es hinter den Kulissen aussieht, woran es in seinen Augen mangelt. Genau dieses Wissen wollen Strumm und seine Mitstreiter den Entscheidungsträgern vermitteln: „Wir müssen den Regierenden klarmachen, wo das Problem ist und was wir wollen.“

Über die weitere Vorgehensweise haben sich die Bündnismitglieder bereits Gedanken gemacht. „Wir bilden in den Krankenhäusern, Seniorenheimen und anderen Einrichtungen Aktionskreise, verbinden uns mit anderen gesellschaftlichen Gruppen und vernetzen uns landesweit“, verrät Strumm. Zudem soll die Bevölkerung mit Aktionen informiert und aufgeklärt werden. Ein erstes Ausrufezeichen soll Ende des Monats gesetzt werden. „Die Gewerkschaft Verdi ruft für den 30. September zum Pflegestreik auf“, sagt Strumm. Darüber hinaus ist für den 20. März 2021 eine Demonstration in Mainz geplant. Die bisherigen Demos – die größte hatte seines Wissens nach gerade mal 700 Beteiligte vorzuweisen – seien wirkungslos verpufft. Das soll sich ändern, nicht nur in Rheinland-Pfalz. Strumm ist schon einen Schritt weiter: „Ich hoffe, dass sich Bündnisse anderer Bundesländer mit uns zusammenschließen und wir auch in Berlin etwas auf die Beine stellen können.“ Andreas Nitsch

Weitere Informationen unter www.pfausta.de

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