Mainz/Kusel

Bluttat von Kusel: Was wir wissen – und was nicht

Straßensperren sichern am letzten Januartag den Tatort weiträumig ab, an dem zwei Polizisten im Einsatz getötet worden sind. Viele Informationen zum Tathergang und den mutmaßlichen Tätern wurden in der vergangenen Woche ermittelt – es gibt aber noch zahlreiche Fragezeichen.
Straßensperren sichern am letzten Januartag den Tatort weiträumig ab, an dem zwei Polizisten im Einsatz getötet worden sind. Viele Informationen zum Tathergang und den mutmaßlichen Tätern wurden in der vergangenen Woche ermittelt – es gibt aber noch zahlreiche Fragezeichen. Foto: dpa

Eine Woche nach den tödlichen Schüssen auf zwei Polizisten bei einer Polizeikontrolle in der Pfalz sind einige Fragen zu dem Fall offen. Noch am selben Tag der Tat, bei der ein 29-jähriger Polizist und seine 24 Jahre alte Kollegin starben, nahmen Ermittler zwei Verdächtige fest, die inzwischen in Untersuchungshaft sitzen. Doch sind die Ermittlungen noch lange nicht abgeschlossen. Wir erklären, was wir wissen und was wir noch nicht wissen:

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Was wir wissen:

Die Tat: Am 31. Januar gegen 4.20 Uhr kontrollieren die beiden uniformierten Beamten, die in einem zivilen Polizeiauto unterwegs waren, an einer Kreisstraße bei Kusel ein Fahrzeug. Per Funk berichten sie von „dubiosen Personen“, die zahlreiche tote Wildtiere dabei hätten. Sie fordern Verstärkung an. Aus dem Funkspruch wird plötzlich ein Hilferuf: „Komm schnell, die schießen, die schießen.“ Dann ist noch ein Schuss zu hören. Als Kollegen eintreffen, finden sie den 29-jährigen Oberkommissar bewusstlos vor, die 24-Jährige ist zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Doch auch für den jungen Beamten kommt jede Hilfe zu spät. Die Täter sind mit ihrem Fahrzeug geflüchtet.

Die Waffen: Die junge Beamtin wird mit einem Kopfschuss getötet, sie kommt nicht mehr dazu, ihre Dienstwaffe zu ziehen. Ihr Kollege erwidert das Feuer und schießt sein Magazin leer, er selbst wird viermal getroffen, darunter war ein Kopfschuss. Die Ermittler gehen davon aus, dass mit zwei verschiedenen Waffen auf die Beamten geschossen wurde. Dabei handelt es sich um ein Schrotgewehr und ein Jagdgewehr, das einzeln nachgeladen werden muss.

Die Opfer: Beide stammen ursprünglich aus dem Saarland, auch dort ist die Betroffenheit deshalb sehr groß. Der 29-Jährige war nur wenige Kilometer vom Tatort entfernt bei einem saarländischen Fußballverein aktiv. Die 24-Jährige war noch Polizeianwärterin, aber kurz davor, ihr Studium abzuschließen. Sie hatte zuvor schon zwei Praktika beim Polizeipräsidium Westpfalz absolviert.

Die Täter: Auch die Tatverdächtigen stammen aus dem benachbarten Saarland. Auf ihre Spur kommen die Ermittler unter anderem über einen Ausweis eines 38-Jährigen, der am Tatort gefunden wurde. Vermutlich hatte er ihn bei der Verkehrskontrolle den Beamten ausgehändigt und vor der Flucht nicht mehr gefunden. Nach dem Mann wird kurze Zeit öffentlich gefahndet. Noch am Nachmittag des Tattages greift die Polizei zu und nimmt den Mann vor einem Haus im saarländischen Sulzbach fest. In dem Gebäude fassen sie den mutmaßlichen Komplizen, einen 32-Jährigen, und nehmen auch ihn fest.

Waffenschein: Der 38-Jährige durfte nach Angaben der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern vom Montag keine Waffen besitzen und hatte zuletzt auch keinen Jagdschein. Der Deutsche Jagdverband hatte zuvor berichtet, dass dem 38-Jährigen im Jahr 2020 wegen fehlender Zuverlässigkeit ein Jagdschein verweigert worden war.

Was wir nicht wissen:

Das Motiv: Im Haftbefehl gehen die Ermittler davon aus, dass die beiden Männer die Tat gemeinschaftlich begangen haben, um ihre vorherige Jagdwilderei zu verdecken. Doch der 38-Jährige schweigt bislang zu den Vorwürfen. Der 32-Jährige sagte den Ermittlern, mit am Tatort gewesen zu sein, bestreitet aber, auf die Beamten geschossen zu haben. Wie die Tat genau ablief, ist daher noch Gegenstand der aktuellen Ermittlungen.

Die Kontrolle: Noch unklar ist, warum die beiden Beamten das Fahrzeug überhaupt kontrolliert haben. Nach Darstellung des Polizeipräsidiums waren die beiden zuvor unterwegs, um eine Serie von Eigentumsdelikten, dazu zählen etwa Diebstähle oder Einbrüche, aufzuklären. Die Stelle an der Kreisstraße, die dann zum Tatort wurde, sei eigentlich gar nicht für eine solche Kontrolle geeignet gewesen. Zudem sei eine zivile Streife nicht für Fahrzeugkontrollen vorgesehen, dafür seien zu der Zeit zwei andere Streifenwagen im Einsatz gewesen. Der Vizepräsident und Leiter der Abteilung Einsatz im Polizeipräsidium Rheinpfalz, Heiner Schmolzi, vermutete daher sogar, dass die beiden Beamten auf ein stehendes Auto aufmerksam geworden sein könnten. Da in der Gegend Wildunfälle keine Seltenheit seien, hätten sie womöglich angehalten, um zu helfen.

Geschäfte mit Wild: Im Kastenwagen des Verdächtigen wurde eine große Menge Damwild gefunden – insgesamt 22 erlegte Tiere. Waren diese allesamt in einer Nacht erlegt worden? Und wie lange war der mutmaßliche Wilderer schon aktiv? Der 38-Jährige betreibt einen Wildhandel, auch dort fand die Polizei Hinweise auf Wilderei. Rechtskräftig verurteilt wurde der 38-Jährige deshalb aber noch nie. Wegen eines Jagdunfalls vor mehr als 15 Jahren hatte er wegen fahrlässiger Körperverletzung lediglich eine Geldstrafe erhalten.

Waffenfunde: Bei einer Hausdurchsuchung im saarländischen Spiesen-Elversberg fanden die Ermittler fünf Kurzwaffen, ein Repetiergewehr, zehn weitere Langwaffen, eine Armbrust sowie ein Schalldämpfer und Munition. In dem Haus wohnte der 38-Jährige, allerdings nicht allein. Nun wird ermittelt, warum der Mann im Besitz so vieler Waffen war und woher diese stammen.