Die Vorstellung, dass die eigene Pfarrei aufgelöst wird, treibt zahlreiche Katholiken auf die Palme. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagt Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg, dass die Kirche dennoch nah bei den Leuten bleiben wolle.
Die Proteste konzentrieren sich inzwischen weniger auf pastorale Fragen – also Fragen nach dem Pfarrer und der zukünftigen Art der Seelsorge –, sondern auf das Auflösen der bestehenden Pfarreien als Rechtsträger und damit auch die Frage, wer das Vermögen verantwortet. Ist es eine Option, diesen Punkt vorerst aus der Reform herauszunehmen, erst einmal mit dem kirchlichen Leben zu starten und die Strukturfragen später anzugehen?
Es ist richtig, dass die Gespräche mit der Initiative „Kirchengemeinde vor Ort“ sich kaum um pastorale Fragen drehen, sondern um die Frage, wie viel und wie schnell strukturelle und organisatorische Veränderungen in den Pfarreien der Zukunft nötig sind. Die Kirche im Bistum Trier, so hat es die Synode beschlossen, will sich grundlegend neu ausrichten und in allen kirchlichen Handlungen missionarisch und diakonisch in die Welt hineinwirken, sie will nah bei den Menschen sein und synodal arbeiten. Um unsere Kräfte dafür so weit wie möglich frei zu bekommen, müssen Struktur und Verwaltung vereinfacht und verschlankt werden. Grundsätzlich möchte ich festhalten: Geld und Grundbesitz und Eigentum der jetzigen Kirchengemeinden sind nicht für sich selbst da, sie stehen vielmehr im Dienst des kirchlichen Auftrags, für die Menschen da zu sein – in einer Haltung der Verantwortung und Solidarität. Aus diesem Grund gehören die organisatorischen und die pastoralen Neuerungen unbedingt zusammen.
Wenn man die alten Pfarreien erst einmal bestehen lassen würde, hätte das den Vorteil, dass sich die neuen Pfarreien der Zukunft erst beschnuppern und das „Leben“ testen könnten – bevor dann der juristische Akt folgt.
So haben wir es bisher gemacht, wenn eine Fusion von mehreren Pfarreien anstand. Diese Fusionen sind in der Regel auf Wunsch einzelner Pfarreien erfolgt und waren in ihrer Prozessgestaltung, gerade zeitlich, relativ frei. In der Synodenumsetzung geht es aber um mehr: Wir wollen eine grundlegende Neuorientierung und benötigen daher eine Neuordnung. Die Pfarrei soll dabei den organisatorischen Rahmen für ein vielfältiges Leben der Kirche im Ort bieten. Es geht bei den Veränderungen darum, die vielen bestehenden und lebendigen Initiativen, Gruppen, Einrichtungen, Gemeinschaften in ihren Möglichkeiten und ihrem christlichen Leben zu bestärken. Und wir laden ein, wie dies aktuell in der Erkundungsphase exemplarisch geschieht, aufzubrechen, Neues zu entdecken und zu wagen. Dazu braucht es nach meiner Überzeugung eine offenere und flexiblere Struktur, wie sie die Synode mit dem Perspektivwechsel „Weite pastorale Räume einrichten und netzwerkartige Kooperationsformen verankern“ beschlossen hat.
Noch einmal zum Verständnis: Meine Pfarrei St. Medard Bendorf existiert in Zukunft nicht mehr – ist das so korrekt? Es gibt dann nur noch schlicht eine Kirche St. Medard in Bendorf, die zur Großpfarrei Koblenz gehört.
Richtig ist, dass die bisherigen Pfarreien aufgehoben werden und sich neue Pfarreien der Zukunft gründen. Es wäre aber absolut falsch zu sagen, dass es dann „nur noch schlicht“ eine Kirche in einem Ort gibt. Schon heute und auch künftig gibt es kirchliches Leben an vielen Orten – ich denke in Bendorf etwa an die Kita St. Medard mit ihrem wunderbaren Bienenprojekt – mit Menschen, die ihren Glauben und ihr Kirche-Sein miteinander leben, begleitet von Seelsorgerinnen und Seelsorgern. Denn entgegen der schon mehrfach verbreiteten falschen Aussage, es gebe dann nur noch einen Priester in der Pfarrei der Zukunft, wird es zusätzlich zu den jeweils leitenden Pfarrern in der Pfarrei der Zukunft viele Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und –referenten geben, die zusammen mit den Ehrenamtlichen Kirche gestalten – ob rund um einen Kirchturm, auf dem Sportplatz oder in einer Kita. Kirche ist mehr als ein Gebäude, als der Pastor und als die Sonntagsmesse. Vielmehr ist Kirche überall da, wo zwei oder drei sich in Jesu Namen versammeln und sich in den Dienst am Nächsten stellen.
Wie werden die 35 Pfarreien der Zukunft heißen: Wird man einen Schutzpatron suchen und die Pfarrei dann analog zu den heutigen Pfarreien benamen? Und werden dazu von Ihnen Vorschläge gesammelt, oder wird die Großpfarrei jeweils den Namen der Hauptkirche im Pfarrort haben?
Grundsätzlich kann man sagen, dass wir auf diözesaner Ebene nur das regeln wollen, was auch auf dieser Ebene geklärt werden muss. Das Verfahren zu diesen Fragen überlegen wir derzeit, gerade auch mit Blick auf die Beteiligungsmöglichkeiten.
Die Fragen stellte Michael Defrancesco