Rheinland-Pfalz

Binz geht in die Baby-Pause: Ministerin erwartet ihr zweites Kind

Von dpa
Sitzung Landtag Rheinland-Pfalz
Katharina Binz (Bündnis 90/Die Grünen, M), schwangere Familienministerin von Rheinland-Pfalz, spricht während der Sitzung des Landtags von Rheinland-Pfalz. Das Thema der laufenden Debatte ist der Kulturentwicklungsplanung. Foto: Lando Hass/picture alliance/dpa

Familienministerin Binz wird zum zweiten Mal Mutter und unterbricht ihre Arbeit in der Landesregierung. Als Ministerin ein Kind bekommen – das ist immer noch etwas Besonderes.

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CDU-Politikerin Kristina Schröder war 2011 die erste Bundesministerin in Deutschland, die während ihrer Amtszeit ein Kind zur Welt brachte. Ihre Nachfolgerin Manuela Schwesig (SPD) bekam fünf Jahre später – ebenfalls als Bundesministerin – ihr zweites Kind. In Rheinland-Pfalz geht jetzt Integrationsministerin Katharina Binz für die Geburt ihres zweiten Kindes in den Mutterschutz – nach der Kabinettssitzung am nächsten Dienstag (19.). Die Grünen-Politikerin wird voraussichtlich rund vier Monate Pause von den täglichen Aufgaben ihres Ministeramts machen. So etwas ist noch immer eine Seltenheit in Deutschland.

Auch Binz' Vorgängerin Anne Spiegel (Grüne) hatte 2018 ihre Arbeit in der Landesregierung für die Geburt ihres vierten Kindes unterbrochen – ebenfalls für etwa vier Monate. Schröder, Schwesig, Spiegel, Binz: Allen vier Ministerinnen ist die Zuständigkeit für Familie und Frauen gemein. Das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestalteten sie somit auch selbst mit. Spiegel erst in Rheinland-Pfalz und dann – bis zu ihrem Rücktritt im Zusammenhang mit der Ahr-Flutkatastrophe – auch im Bund. Binz kann voraussichtlich zumindest noch bis zum Ende der Wahlperiode 2026 Akzente setzen.

Katharina Binz kann dementsprechend für viele Frauen als Vorbild dienen.

Susanne Wingertszahn

„Bisher gibt es nur wenige Frauen in Ministerämtern, die während ihrer Amtszeit ein Kind zur Welt gebracht haben“, stellt Susanne Wingertszahn fest, die Vorsitzende des DGB Rheinland-Pfalz/Saarland. „Katharina Binz kann dementsprechend für viele Frauen als Vorbild dienen: Ihr Beispiel zeigt, dass es möglich ist, Führungsverantwortung und Familie zu vereinbaren.“

Wie Binz (40) ihre Familie mit zwei Kindern und dem zeitaufwendigen Ministeramt nach ihrer Rückkehr unter einen Hut bringen will, ist nicht bekannt. Die verheiratete Wahl-Mainzerin von der Mosel gilt in ihrem Amt jedenfalls als gut strukturiert – und stellt ihre eigene Person eher in den Hintergrund.

Binz bleibt stellvertretende Ministerpräsidentin

Die Vertretung der Ministerinnen obliegt ihren Staatssekretären und Staatssekretärinnen. Bei Binz sind das jetzt Janosch Littig (Grüne) und Jürgen Hardeck (parteilos). Die Ministerin, die auch für Integration, Verbraucherschutz und Kultur zuständig ist, wird voraussichtlich am 8. Juli ihren ersten Arbeitstag nach der Baby-Pause haben. Ihre Funktion als stellvertretende Ministerpräsidentin behält sie die ganze Zeit über, wie es in ihrem Ministerium heißt.

„Frauen sollten sich nicht zwischen Job und Mutterschaft entscheiden müssen“, betont Wingertszahn. „Eine Schwangerschaft – beziehungsweise Mutterschaft – als Führungskraft sollte in einer modernen Gesellschaft nichts Besonderes mehr sein.“ Es dürfe nicht sein, dass eine Schwangerschaft alte Klischees wieder aufleben lasse und die Frau allein die Familienarbeit übernehme. Noch immer besetzten viel zu wenige Frauen Führungspositionen in Politik und Unternehmen.

Die meisten Mütter in Rheinland-Pfalz bleiben nach der Geburt eines Kindes länger als ein Jahr zu Hause. Sie beziehen nach Darstellung der Regionaldirektion der Agentur für Arbeit durchschnittlich 15,6 Monate (2022) Elterngeld. Dieser Anteil sei seit einigen Jahren auch weitgehend konstant. Mit wie vielen Wochenstunden die Frauen dann wieder in den Beruf einsteigen, wird für das Land nicht eigens erhoben.

Wenige Mütter arbeiten sofort wieder Vollzeit

Bundesweit arbeiteten 13 Prozent der Mütter mit Kindern unter einem Jahr, davon die meisten in Teilzeit und sechs Prozent mehr als 36 Wochenstunden, berichtet die Arbeitsagentur für 2022. Die Prognos AG habe in einer Untersuchung der Erwerbstätigkeit von Müttern für den Zeitraum von 2008 bis 2022 festgestellt, dass die Erwerbstätigkeit der Mütter mit kleinen Kindern im Alter von ein bis drei Jahren gestiegen sei.

Die mangelnde Flexibilität bei der Arbeitszeit ist für jede dritte Frau einer DGB-Umfrage zufolge eine der größten Hürden in der Arbeitswelt, sagt Wingertszahn. Die Beschäftigten müssen bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeiten mitreden können, damit sie Job und Familie besser unter einen Hut bekämen, fordert die DGB-Landesvorsitzende. „So können Beschäftigte – gerade Frauen – für den Betrieb gewonnen und auch dort gehalten werden.“

Frauen bleiben stärker gefordert

„Frauen verbringen täglich 1,5 Stunden mehr Zeit mit Haus- und Sorgearbeit als Männer. Sie leisten also täglich für die Dauer eines ganzen Fußballspiels Mehrarbeit im Vergleich zu Männern“, sagt Wingertszahn. „Bei Paaren mit Kindern beträgt der Unterschied sogar 2,5 Stunden.“ Damit Frauen mehr arbeiten könnten, müsse die unbezahlte Arbeit innerhalb der Familie gerechter verteilt werden. Die Partnermonate beim Elterngeld sollten ausgebaut und eine bezahlte Freistellung von Vätern rund um die Geburt des Kindes möglich sein, fordert die DGB-Landeschefin. Beschäftigte mit kleinen Kindern seien zudem darauf angewiesen, dass Kitas und Ganztagsschulen schnell ausgebaut würden.

Garantierte Öffnungszeiten von Kitas und damit Verlässlichkeit ist nach Einschätzung der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz/Saarland der Bundesagentur für Arbeit dabei auch entscheidend. „Andererseits muss partnerschaftliche Sorgearbeit gelebt werden, also Männer und Frauen gleichermaßen in die Sorgearbeit mit einbezogen werden“, sagt Joachim Rübel von der Arbeitsagentur. Notwendig sei auch eine familienbewusste Unternehmenskultur mit vielfältigen Modellen zur Gestaltung der Arbeitszeit. Dazu seien Ansätze in den Betrieben und gegebenenfalls auch Rahmenbedingungen notwendig. Allerdings: „Insgesamt ist für die gelungene Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein Verständnis und eine Akzeptanz in der gesamten Gesellschaft erforderlich“, betont Rübel.