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Simmern

Filmfestspiele stillen Bedürfnis nach „Live“ – „Heimat“-Regisseur betont Bedeutung des gemeinsamen Kinoerlebens

Von Thomas Torkler
Ausverkauft war die Premiere der „Heimat Europa Filmfestspiele“ auf dem Rathausplatz in Simmern. Es war das erste Filmfestival in Deutschland, das unter Einhaltung der Corona-Vorgaben stattfinden kann – „live“. Und so lautete auch der Titel des Eröffnungsfilms. Foto: Werner Dupuis
Ausverkauft war die Premiere der „Heimat Europa Filmfestspiele“ auf dem Rathausplatz in Simmern. Es war das erste Filmfestival in Deutschland, das unter Einhaltung der Corona-Vorgaben stattfinden kann – „live“. Und so lautete auch der Titel des Eröffnungsfilms. Foto: Werner Dupuis

Die Heimat Europa Filmfestspiele feierten am Sonntagabend als erstes vollwertiges deutsches Filmfestival mit „echten“ Zuschauern ihre Eröffnung. Im Mittelpunkt auf dem Rathausplatz stand „Heimat“-Regisseur und Schirmherr Edgar Reitz.

Lesezeit: 4 Minuten
Bei sommerlichen Temperaturen konnten Autokinobesucher auch außerhalb ihrer Fahrzeuge auf 350 Sitzplätzen vor der Bühne das Programm unter freiem Himmel genießen. „Der ausverkaufte Abend war ein voller Erfolg mit großartiger Stimmung“, resümiert Festspielleiter Urs Spörri. „Gerade in diesen schwierigen Zeiten gilt es, der Kultur den Raum zu geben, die sie ...
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Thomas Torkler zur Premiere der Heimat Europa Filmfestspiele

Pro-Winzkino macht dieDinge möglich

Live. die Essenz kultureller Veranstaltungen. Regisseur Edgar Reitz ging in seinem Grußwort bei der Premiere der Heimat Europa Filmfestspiele so weit zu sagen: „Das Bedürfnis nach Zusammensein ist fast todesverachtend.“ In der Tat, dem Publikum und allen Akteuren war die Freude an der Liveveranstaltung deutlich anzumerken. Reitz stellte die Bedeutung heraus, wie wichtig es sei, in Gemeinschaft einen Film zu sehen und zu empfinden. Wenn jemand auf seinem Handy einen Film anschaue und plötzlich anfange zu lachen, sei es eben genau dieses Gemeinsame, das der virtuellen Welt fehlt. „Das Gemeinsame ist Teil unserer Kultur, das ist Kino“, bekräftigte Reitz.

Die Aussage trifft ebenso auf andere Sparten der Kultur zu, wie die Musik. So ist es folgerichtig, dass die Heimat Europa Filmfestspiele sich eben nicht nur auf Filme beschränken. Zahlreiche Bands werden auf der Bühne stehen und bis zum 6. September vor echtem Publikum spielen. Für viele Musiker ist das endlich wieder eine Gelegenheit, die Resonanz des Publikums zu spüren. „Das hat mir so gefehlt“, sagte Startrompeter Aurel im Premierenfilm „Live“ und traf damit ins Schwarze.

Dass ausgerechnet im beschaulichen Hunsrück in Simmern ein Stück Gemeinsamkeit erlebbar gemacht wird, ist gar nicht hoch genug zu bewerten. Natürlich ist an erster Stelle das Simmerner Pro-Winzkino zu nennen. Wenn so etwas jemand möglich macht, dann diese nimmermüden Kinobetreiber. Doch auch sie wären ohne die Mithilfe vieler anderer Personen und Organisationen nicht in der Lage, dies zu bewältigen. Zu nennen sind Stadt und Verbandsgemeinde, Kul-tursommer, der Filmenthusiast Urs Spörri, Culturissimo und nicht zuletzt zahlungskräftige Sponsoren aus der Region. Sie alle tragen dazu bei, ein solches Festival auch unter Corona-Bedingungen zu realisieren. Es trifft sich gut, dass das Pro-Winzkino Ausrichter der Festspiele ist. Ausrichter sind diejenigen, die Dinge möglich machen.

Bombendrohung beim Simmerner Filmfestspiel-Auftakt: Anonymer Anrufer sorgte für Unruhe bei Veranstaltern

Simmern. Eine Bombendrohung überschattete die Premiere der „Heimat Europa Filmfestspiele“ in Simmern. Die Ermittlungen der Polizei und Einsatz von Sprengstoffsuchhunden bestätigten keine konkrete Gefährdung, sodass die Premiere – leicht verkürzt – wie vorgesehen verlaufen konnte.

Wie die Polizei berichtet, war gegen 20.20 Uhr ein Anruf in einem benachbarten Restaurant eingegangen, in dem eine Bombendrohung für das Festivalgelände ausgesprochen wurde. Die Polizei reagierte umgehend, verstärkte ihre Präsenz auf dem Rathausplatz und forderte vorsorglich beim Polizeipräsidium Koblenz Sprengstoffhunde an. Einsatzkräfte der Polizeiinspektion Simmern, die sich im Hinblick auf die Einhaltung der Corona-Vorgaben in Zivil unter den Premierengästen befanden, hatten die Einsatzleitung übernommen.

Die Sprengstoffhunde untersuchten die wenigen Fahrzeuge, die sich außerhalb des Festivalgeländes befanden, sowie Objekte und Container in der Gemündener Straße. Der Wirt am Verzehr- und Getränkestand teilte den Personen in der Wartschlange vor seinem Stand plötzlich mit, dass er schließen müsse. Eine Begründung für die Anweisung, die er seitens des Veranstalters bekommen hatte, konnte der Gastronom nicht liefern: „Es tut mir leid, ich weiß es nicht“, sagte er und schloss seinen Stand. Auch die nebenstehenden Verkaufsstände machten dicht. Verwundert reagierten die Besucher und begaben sich auf ihre Plätze. Sie konnten zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, dass dies Teil der polizeilichen Maßnahmen war.

So lauschten die Gäste weiter den Klängen der Band The Heimatdamisch, warteten auf den Beginn des Films und nahmen dann in ihren Autos Platz, um den Film „Live“ zu genießen. Nachdem die anfängliche Polizeieinschätzung, dass von keiner konkreten Gefährdungslage auszugehen sei, sich durch Ermittlungen am Veranstaltungsort und den Einsatz der Sprengstoffhunde bestätigt hatte, habe auch kein Anlass bestanden, weitere Maßnahmen zu ergreifen, sagte Polizeihauptkommissar Bernd Hoffmann von der Polizei gegenüber unserer Zeitung am Montagmorgen. Die Ermittlungen, die Identität des Anrufers herauszufinden, laufen, so Hoffmann.

Als die Besucher das Festivalgelände nach Ende des Films mit ihren Autos verlassen hatten, machten sich bei den Veranstaltern und Organisatoren langsam Ernüchterung breit. Ein riesiger Arbeitsaufwand war im Vorfeld zu bewältigen, viele Dinge mussten bedacht, organisiert und wieder verworfen werden, aber die Beeinträchtigung der lange ersehnten Premiere durch eine Bombendrohung hatte niemand auf dem Schirm gehabt. „Das hat uns ein Stück um den verdienten Lohn unserer Arbeit der vergangenen Wochen und Monate gebracht“, sagte Wolfgang Stemann vom Pro-Winzkino, dem Ausrichter des Festivals. „Die Polizei hat ihre Einschätzung der Lage mit uns abgestimmt, und wir teilten diese“, sagte Stemann und lobte das „ruhige und professionelle Vorgehen der Polizei“.

Dem schloss sich Stadtbürgermeister Andreas Nikolay als Repräsentant des Veranstalters, der Stadt Simmern, an: „Ich hatte zu jedem Zeitpunkt vollstes Vertrauen in die Entscheidungen der Polizei und bedanke mich ausdrücklich für das besonnene Vorgehen“, sagte Nikolay. „Wer macht so was?“, fragte der Stadtbürgermeister einigermaßen ratlos und resümiert: „Es ist schade, dass unsere Freude über die gelungene Premiere durch eine solche Aktion beeinträchtigt wurde.“ tor

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