Berlin

Hungernde Milliardäre – das Krisenjahr 1923

Das Krisenjahr 1923 war die Zeit der Nullen: Waschkörbeweise trug eine verarmte Bevölkerung nahezu wertlose Geldscheine zum Einkaufen. Die Mark hatte nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg und infolge einer dilettantischen Finanzpolitik seit 1919 mehr und mehr Wert verloren. Die Regierungen der Weimarer Republik finanzierten die gewaltigen Kriegsfolgekosten mit Schulden und der Erhöhung des Papiergeldumlaufs.

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Berlin – Das Krisenjahr 1923 war die Zeit der Nullen: Waschkörbeweise trug eine verarmte Bevölkerung nahezu wertlose Geldscheine zum Einkaufen. Die Mark hatte nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg und infolge einer dilettantischen Finanzpolitik seit 1919 mehr und mehr Wert verloren. Die Regierungen der Weimarer Republik finanzierten die gewaltigen Kriegsfolgekosten mit Schulden und der Erhöhung des Papiergeldumlaufs.

Bei Kriegsende stand das Reich mit etwa 150 Milliarden Mark in der Kreide. Das entsprach etwa dem Dreifachen des jährlichen Sozialprodukts vor Kriegsausbruch. Die kurzfristige Staatsverschuldung nahm von 55 Milliarden Mark 1919 auf mehr als 1,5 Billionen Mark Ende 1922 zu. Die Regierungen schienen unfähig, den Teufelskreis zu durchbrechen. Statt finanzpolitisch zu handeln, ließen sie Tag und Nacht Banknoten drucken – im Sommer 1923 täglich zwei Millionen Stück. Die Preise schnellten teilweise stündlich in die Höhe. Ein Liter Milch kostete bis zu 26 Milliarden Mark, ein Brot 105 Milliarden. Für einen Herrenanzug mussten 90.000.000.000.000 (in Worten: 90 Billionen) Mark zusammengetragen werden.

Die Folgen der Hyperinflation waren verheerend, der Lebensstandard sank rapide. Die Armut spaltete die Gesellschaft und bereitete den Nationalsozialisten den Boden. Die Arbeitslosigkeit stieg auf 28 Prozent. Die Löhne konnten der Entwertung nicht standhalten. Im Juni 1923 brachte ein Handwerker rund 185 000 Mark Wochenlohn nach Hause – rund 100 000 Mark weniger, als eine vierköpfige Familie zum Leben brauchte. Viele Menschen waren unterernährt, Hunger griff um sich.

Erst das „Wunder der Rentenmark“ brachte wieder stabile Währungsverhältnisse. Am 15. Oktober 1923 unterschrieben Reichskanzler Gustav Stresemann und Reichsernährungsminister Hans Luther die Verordnung über die Schaffung der Deutschen Rentenmark. Genau einen Monat später legte Reichswährungskommissar Hjalmar Schacht die rund 2000 Notenpressen still. Der Kurs der neuen Währung wurde auf 4,2 Billionen Mark zu einer Rentenmark festgesetzt.