Athen

Nach der Wahl in Griechenland: Wohin führt Tsipras' Weg?

 Alexis Tsipra
 Alexis Tsipra Foto: dpa

Wieder blickt die Welt auf Athen. Erweisen sich nach dem historischen Wahlsieg der linken Opposition alle Rettungsmühen für Griechenland als vergeblich? Schließlich hatte der Wahlsieger Alexis Tsipras mit seiner Linkspartei Syriza sogar damit gedroht, den bisherigen Spar- und Reformkurs zu beenden – und damit feste Vereinbarungen mit den internationalen Geldgebern. Kehrt nun die Euro-Schuldenkrise mit Wucht zurück?

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Von Thomas Kaufner

Was immer geschieht in den nächsten Monaten in Athen: Die Euro-Zone ist – anders als 2010 zum Beginn der Schuldenkrise – viel besser gewappnet. Der europäische Rettungsschirm ESM steht mit Milliarden bereit, um auszuhelfen, falls Euro-Länder wieder Probleme bekommen sollten, sich an den internationalen Kapitalmärkten Geld zu leihen. Das ist aber nicht absehbar – im Gegenteil: Die sogenannten Renditen für Staatsanleihen bleiben auch nach der Wahl ausgesprochen niedrig. Das zeigt, dass die Anleger vorerst kühlen Kopf bewahren. Die Renditen sind faktisch der Preis, den die Staaten für frisches Geld am Kapitalmarkt bezahlen müssen. Im Rücken hat das Euro-Land außerdem das Versprechen der Europäischen Zentralbank (EZB), die Euro-Zone um jeden Preis zu verteidigen.

Vieles spricht deswegen dafür, dass eine neue Eskalation des griechischen Dramas diesmal vor allem ein Problem Griechenlands bleiben würde. Eine Übersicht über mehr oder weniger denkbare Szenarien.

1 Weiter wie bisher: Tsipras könnte sich schnell zum Realpolitiker wandeln. Weil er kaum eine andere Wahl hat, einigt er sich mit der Troika der internationalen Geldgeber auf eine Fortsetzung der Hilfen für Athen – natürlich unter Bedingungen. So war es auch unter dem bisherigen Regierungschef Antonis Samaras und seiner konservativen Nea Dimokratia, die als Opposition strikt gegen den Reform- und Sparkurs waren – ihn aber als Regierungspartei nahtlos fortsetzten. Ganz so glatt dürfte es aber nicht laufen, befürchtet Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil: „Die Verhandlungen einer von Tsipras geführten Regierung und der Troika dürften sehr schwierig werden.“

2 Zugeständnisse: Immerhin hatte Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem schon Ende 2012 versprochen, dass man Griechenland nicht hängen lassen werde – unter der Voraussetzung, dass alle vereinbarten Reformen auch wirklich umgesetzt werden. Wie diese Hilfen aussehen, ist offen. Als wahrscheinlichste Option galten bisher weitere Erleichterungen bei Zinszahlungen und den Fristen für die Rückzahlung der Kredithilfen. Auch dafür müsste Tsipras aber eine Fortsetzung des Sparkurses als Bedingung akzeptieren. Andere Themen, die Tsipras ins Gespräch gebracht hatte, dürften erst danach auf die Agenda kommen.

3 Hängepartie und drohendes Chaos: Athen steht unter einem extremen Zeitdruck. Die Troika aus EZB, EU-Kommission und IWF hatte die laufenden Kontrollen der Sparbemühungen in Athen nicht rechtzeitig abschließen können. Das laufende Hilfsprogramm wurde bis Ende Februar verlängert. Zur Diskussion steht eine weitere Verlängerung, der aber mehrere nationale Parlamente zustimmen müssten. Im Gespräch ist auch eine vorbeugende Kreditlinie von rund 11 Milliarden Euro.

Je länger sich eine Einigung hinzieht, desto eher droht der Athener Staatskasse Ebbe. „Gibt es keine Anschlussfinanzierung, dann hat Griechenland ein massives Problem“, schreiben die Ökonomen der Landesbank LBBW. Eng wird es spätestens im Sommer, wenn die Rückzahlung von Schulden in Milliardenhöhe ansteht. Und die griechischen Banken müssen sich darauf einstellen, dass sie kein frisches Geld bei der EZB mehr bekommen, sollte Athen nicht bald ein neues positives Zwischenzeugnis der Troika bekommen.

4 Euro-Ausstieg „Grexit“: „Der Geist ist aus der Flasche“, schrieb die renommierte Brüsseler Denkfabrik Bruegel wenige Wochen vor der Wahl. „Europa diskutiert wieder einmal die Möglichkeit eines griechischen Euro-Austritts.“ Ökonomen wie der streitbare Ifo-Chef Hans-Werner Sinn empfehlen Athen sogar einen solchen Schritt als Ausweg aus der Krise. Würde Griechenland statt des „harten“ Euro wieder eine „weiche“ Drachme einführen, so sein Argument, könnte die Wirtschaft dort wettbewerbsfähiger werden. Kehrseite der Medaille: Ein Austritt oder gar Rauswurf aus der Euro-Zone ist in den EU-Verträgen nicht vorgesehen – wäre also letztlich nur über einen Austritt aus der EU möglich -, und damit wäre ein Verzicht auf alle Hilfen verbunden, die die Gemeinschaft bereithält. Außerdem würden Importe in Dollar und Euro sowie der riesige Schuldenberg, der ja in Euro abzutragen ist, auf einen Schlag viel teurer – die Last würde also viel größer. In Brüssel wird diese Option deshalb auch nicht ernsthaft erwogen.