Außerdem steht bei der Koblenzer Variante ein Wechsel hinter den Kulissen bevor – nach der nächsten Ausgabe am Samstag, 12. August, vollzieht sich ein Wechsel bei den veranstaltenden Institutionen. Die Rheinland-Pfalz-Touristik, bislang für das wasserseitige Programm verantwortlich, zieht sich zurück. Die Kommunen, eh schon für die Landprogramme zuständig, springen in die Bresche, unterstützt von der Romantischer Rhein Tourismus GmbH.
Und auch rheinaufwärts gibt es Veränderungen: Die Stadt St. Goarshausen beteiligt sich nicht an der nächsten Ausgabe des dortigen Rhein-in-Flammen-Termins am 16. September, übrigens die 75. Austragung. Der Stadtrat hat den Rückzug nach monatelangen Diskussionen und mehreren Kehrtwenden beschlossen – vor allem wegen organisatorischer Probleme. Im vergangenen Jahr hatte es ein fünfstelliges Defizit gegeben.
Die kommenden Termine für Rhein in Flammen
- Spay-Koblenz: 12. August 2023
- Oberwesel: 9. September 2023
- St. Goar/St. Goarshausen: 16. September 2023
- Bonn: 5. Mai 2024
- Bingen/Rüdesheim: 6. Juli 2024
Wie geht es weiter mit den Feuerwerkspektakeln am Rhein? Wie können sie sich ökologisch weiterentwickeln? Unsere Zeitung hat mit dem Tourismusforscher Jürgen Schmude, emeritierter Professor für Wirtschaftsgeographie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, über die Zukunft der Veranstaltungsreihe gesprochen.
Im vergangenen Jahr stand in Koblenz die Veranstaltung Rhein in Flammen aufgrund der großen Trockenheit und dem niedrigen Rheinpegel auf der Kippe. Wenn wir davon ausgehen, dass es in Zukunft aufgrund des Klimawandels mehr heiße Sommer geben wird, wie kann dann die Zukunft für solch eine Veranstaltung aussehen, die sich wirtschaftlich durch die Anzahl der verkauften Tickets der Ausflugsschiffe trägt?
Mit den Ausflugsdampfern wird es zunehmend schwierig, das zeichnet sich auch in diesem Jahr ab: Vor wenigen Tagen hat der Wasserstand des Rheins bei Kaub seinen Jahrestiefstand erreicht. Dies hat auch damit zu tun, dass es im Winter in den Alpen nur sehr wenig geschneit hat. Damit müssen wir in Zukunft grundsätzlich rechnen, und ich bin mir sicher, dass es bei der Rheinschifffahrt im Sommer zukünftig Ausfallzeiten aufgrund des niedrigen Wasserstands geben wird. Davon ist dann selbstverständlich auch eine Veranstaltung wie Rhein in Flammen betroffen. Gleichzeitig handelt es sich bei den Investitionszeiten in der Schifffahrt um extrem lange Zyklen.
Was bedeutet das?
Wenn sie heute ein Schiff bestellen, dann bekommen sie es erst in drei oder vier Jahren geliefert. Daraus ergibt sich, dass das Schiff zwischen 30 und 50 Jahren in Betrieb sein muss, damit es sich lohnt. Die Reaktionszeiten sind sehr lang, das gilt für die Flussschifffahrt ebenso wie für die Hochseeschifffahrt. Das betrifft auch alternative Antriebsmittel wie beispielsweise Flüssigerdgas (LNG), denn die Schiffe lassen sich technisch nicht so schnell umrüsten oder teilweise gar nicht, je nachdem wie alt die Schiffe sind. Da ist die Branche in eine Zwickmühle geraten.
Wie kann ihrer Meinung nach konkret eine Neuausrichtung von Rhein in Flammen aussehen? Was muss passieren, damit die Veranstaltung nachhaltig ist und sich gleichzeitig wirtschaftlich trägt?
Nach unserer Definition gehört zur Nachhaltigkeit auch immer die ökonomische Dimension dazu. Nachhaltig bedeutet also: Es ist aus ökologischen Gründen nachhaltig, es ist wirtschaftlich nachhaltig und sozio-kulturell nachhaltig. Eine Veranstaltung wie Rhein in Flammen ist nie nachhaltig, sondern die Frage muss lauten: Wie nah komme ich an das Ideal der Nachhaltigkeit heran? Das gilt für den Tourismus insgesamt. Ich werde oft gefragt: wie kann ich nachhaltig reisen? Überhaupt nicht – ich kann lediglich versuchen, so nahe wie möglich an das Ideal heranzukommen.
Was heißt das aus Ihrer Sicht konkret für Rhein in Flammen?
Die grundsätzliche Frage muss lauten: Macht solch eine Veranstaltung überhaupt Sinn oder nicht? Nur ein bisschen zu modifizieren bringt in meinen Augen nichts. Ich bin kein Experte für Feuerwerk, aber von der Diskussion um die Silvester-Feuerwerke wissen wir, dass dabei eine erhebliche Feinstaubbelastung ausgelöst wird, die im mehrfachen Bereich des Feinstaubs Volumens des gesamten Jahres liegt. Insofern müsste man also auch bei Rhein in Flammen die Frage stellen: Wollen wir das tatsächlich in der Form weiterführen? Dies beinhaltet die Frage, ob man vom traditionellen Feuerwerk wegkommt und neue Technologien verwendet, die keine Emissionen verursachen. Allerdings – das muss man ehrlicherweise sagen – ist das natürlich auch nicht ganz klimaneutral, denn der Energiebedarf bei Laser- und Lichtershows ist entsprechend hoch. Doch man wäre damit näher am Ideal der Nachhaltigkeit dran, und der ökologische Fußabdruck der Veranstaltungsreihe wäre geringer.
Kennen Sie Beispiele für Veranstaltungen, die dem Ideal näher kommen?
Die „Blaue Nacht“ in Nürnberg hat schon Tradition und ist ein gelungenes und erfolgreiches Beispiel: Seit mehr als 20 Jahren wird bei dieser Kultur- und Museumsnacht die Stadt in blaues Licht getaucht. Die rund 100 Einzelveranstaltungen ziehen jährlich etwa 150.000 Besucher an, und im Mittelpunkt stehen die Kunststationen und die kunstvolle Illuminierung der Burg und der Hausfassaden am Hauptmarkt. Die Veranstaltung trägt sich wirtschaftlich durch Sponsoren und den Eintrittspreis.
Rhein in Flammen soll auch in Zukunft ein Publikumsmagnet zwischen Koblenz und Spay bleiben - auch wenn die Rheinland-Pfalz-Tourismus GmbH nach der diesjährigen Ausgabe am 12. August die Organisation des wasserseitigen Teils abgibt.Rhein in Flammen ohne RLP-Tourismus: So soll es im kommenden Jahr weitergehen
Was raten Sie den Rhein-in-Flammen-Machern?
Die Veranstaltungsreihe hat dahingehend ein Alleinstellungsmerkmal, da sie tatsächlich nur entlang des Rheins stattfindet. Die Kosten des Feuerwerks tragen sich vor allem durch die Anzahl der verkauften Schiffskarten. Man spricht in diesem Zusammenhang von so genannten „indirekten“ und „induzierten“ Effekten, die eine so genannte Umwegrentabilität darstellen. Bei der Neuausrichtung sollte man sehr genau überlegen, über welche Wege man diese Umwegrentabilität erzielen kann. Da der Tourismus heute regional differenziert ist, ist jede Destination gefordert, ihre eigene Lösung zu finden. Es gibt nicht das eine Patentrezept, wie vor 30 oder 40 Jahren. Es gibt eine Art Profilierungszwang der Destinationen, sie sind alle auf der Suche nach einem Alleinstellungsmerkmal. Jedes Produkt hat einen Lebenszyklus, und wenn aus ökonomischen oder ökologischen Gründen das Konzept nicht mehr tragfähig ist, geht so ein Lebenszyklus zu Ende.
Die Fragen stellte Mirjam Hagebölling
Zur Person
Prof. Dr. Jürgen Schmude studierte Mathematik und Geografie an der Universität Heidelberg, promovierte dort 1987, schloss seine Habilitation 1993 ab und nahm kurze Zeit später eine Universitätsprofessur am Institut für Wirtschaftsgeografie in München auf. Von 1998 bis 2007 hatte er eine Professur am Institut für Geografie der Universität Regensburg inne. Seit 2008 bekleidete er den Lehrstuhl für Wirtschaftsgeografie und Tourismusforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und befindet sich seit 2021 im Ruhestand. Seine Forschungsschwerpunkte sind Tourismuswirtschaft und Nachhaltigkeit. Er ist seit 2015 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft (DGT) und seit 2019 wissenschaftlicher Leiter des Bayerischen Zentrum für Tourismus (BZT). mha
Koblenzer Sommerfest mit Rhein in Flammen vom 11. bis 13. August
Wenn das spektakuläre Höhenfeuerwerk das Mittelrheintal, Koblenz und die Festung Ehrenbreitstein in ein strahlendes Lichtermeer taucht, verwandeln sich die Uferpromenaden von Rhein und Mosel wieder in ein Festgelände. Das Koblenzer Sommerfest bietet auf acht Event-Areas ein vielfältiges Programm mit Live-Acts verschiedener Künstler, dem beliebten Rummelplatz und vielen weiteren Kulturangeboten. Das musikalische Angebot reicht von Kölsch-Rock von den Räubern über Schlager mit Leslie Frank, Clou Simon & Jörg Augenstein bis zu Singer-Songwriter wie Thilo Distelkamp und Denny Purge. Dazwischen sorgen verschiedene Walking Acts und Zaubershows bei Groß und Klein für beste Unterhaltung. Ab 20.15 Uhr überträgt der SWR in einer Live-Sendung Rhein in Flammen von Spay bis Koblenz. Das komplette Programm für alle drei Trage des Koblenzer Sommerfests finden Sie unter www.koblenzer-sommerfest.de
Die Koblenz-Touristik bittet die Besucher, nicht mit dem eigenen Auto in die Innenstadt zu fahren, da die Anzahl der Parkplätze begrenzt ist. Deutlich entspannter gestaltet sich die An- und Abreise mit Bus und Bahn. Es gibt Sonderzüge und zusätzliche Nachtfahrten. Infos: www.koblenzer-sommerfest.de/an-abreisered