Schweitzer unter Druck
Wie die Ampel ums Klima streitet
Müssen eine Eingiung beim Thema Klimaschutz finden: Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD, rechts), Katharina Binz (Grüne) und und Daniela Schmitt (FDP).
Arne Dedert. picture alliance/dpa

Die rheinland-pfälzische Ampel ist beim Klimaschutz gespalten. Wenige Tage vor der Abstimmung im Landtag gibt es noch immer keine Einigung im Streit. Nun kommt es auf den Ministerpräsidenten an.

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Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) steht kurz vor einem besonderen Jahrestag. Im Juli vor einem Jahr löste der Pfälzer die langjährige Regierungschefin Malu Dreyer an der Spitze des Landes ab. Dreyer wurden exzellente Führungsqualitäten nachgesagt. Streit löste sie intern, kaum etwas drang nach außen aus der rheinland-pfälzischen Ampel-Koalition. Dass Schweitzer dieses Bündnis genauso zusammenhalten kann, wird er nun rund um sein Jubiläum zeigen müssen. Denn in der Koalition knirscht es heftiger als jemals zuvor. Der Grund: das Klima.

Kommende Woche will die Regierung ihr neues Klimaschutzgesetz durch den Landtag bringen. Rheinland-Pfalz soll demnach bis 2040 klimaneutral werden. Der Ministerrat hatte das Gesetz im vergangenen November eigentlich schon abgenickt. Doch seitdem mehren sich Zweifel und Protest – innerhalb der Koalition wie auch von außen. Plötzlich stand die Zahl 2040 wieder infrage.

FDP will noch übers Klimagesetz verhandeln

Seit Tagen schon ringen die drei Partner um eine Einigung, doch bislang kommt Schweitzers Regierung nicht auf einen Nenner. Für Freitagmorgen war eigentlich eine Lösung erwartet worden. Der Klimaausschuss des Landtags beschäftigte sich da abschließend mit dem Gesetz. Bei Gesetzgebungsverfahren werden Differenzen bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich geklärt. So war es diese Woche auch in letzter Minute beim Landesjagdgesetz gelungen. Beim Klima aber: Fehlanzeige. Die Koalitionsfraktionen stimmten dem Gesetz zwar zu, um die Stimmung nicht weiter anzuheizen. Aber inhaltlich wird noch zu reden zu sein, kündigte die FDP offen an.

Vier Tage bleiben der Ampel zur Einigung

Nun bleiben der Ampel noch vier Tage, sich über den Klimaschutz im Land einig zu werden. So kurz vor der Abstimmung stehen Gesetze in Rheinland-Pfalz eigentlich nie auf der Kippe. Das liegt auch am Protest von außen. Insbesondere die Unternehmer machen mobil gegen das geplante Gesetz. Sie sehen den Standort bedroht, fürchten den Verlust von Arbeitsplätzen. Am liebsten hätten sie gar kein Gesetz. Zumindest aber soll die Zahl 2040 verschwinden - nicht zu schaffen für die Industrie, sagen sie.

Seit den heftigen Protesten sind offenbar auch bei Schweitzer die Zweifel gewachsen. Er hat zwar nie einen Hehl daraus gemacht, dass es beim Klimagesetz um einen Wunsch der Grünen geht. Vor wenigen Wochen aber noch stellte er vor den Unternehmern klar: Die 2040 bleibt. Doch spätestens seit dieser Woche laufen wieder ernsthafte Gespräche in der Regierung übers Klima. Aus Koalitionskreisen heißt es, dass Schweitzer vor der Landtagswahl keinen Streit mit der Wirtschaft riskieren wolle. „Dass der SPD der Burgfrieden mit den Grünen offenbar wichtiger ist als sichere Arbeitsplätze, hätte ich nicht erwartet“, hatte der Geschäftsführer der rheinland-pfälzischen Unternehmerverbände, Karsten Tacke, ihm vergangene Woche vorgeworfen.

Grüne: Klimaneutralität 2040 unverhandelbar

Klimaschutzministerin Katrin Eder (Grüne) stellte diese Woche dann klar, dass die Zahl unverhandelbar sei – und berief sich dabei auf den Koalitionsvertrag. Dass Grüne oder FDP die Koalition im Streit um diese Frage tatsächlich platzen lassen können, befürchtet derzeit keiner mehr. Die Fronten in der Ampel aber sind verhärtet, die Zerreißprobe noch nicht endgültig überstanden.

Führende Regierungsmitglieder arbeiten an einem Kompromissvorschlag, heißt es aus der Koalition. Wie dieser genau aussehen soll, dazu will sich noch keiner genau äußern. Klar ist nur: Er soll gesichtswahrend für alle sein.

Die FDP muss ihrer Kernklientel aus der Wirtschaft zumindest etwas vorweisen. Schweitzer und die SPD auch den Gewerkschaften, die gemeinsam mit den Unternehmern protestieren. Und die Grünen werden bei ihrem Kernthema und Aushängeschild der Wahlperiode den Partnern nicht besonders weit entgegenkommen. Dafür war das Gesetz im Laufe der Monate auch schon zu weit entschärft worden.

Schweitzer muss Kuh vom Eis holen

Der sogenannte rheinland-pfälzische Weg, alle relevanten Kräfte von Beginn an in den Prozess einzubinden, er funktionierte beim Klimagesetz nicht wie üblich. Deswegen der heftige Protest, deswegen noch kein fertiges Gesetz. In der Koalition lastet man das auch Regierungschef Schweitzer an, der die Wucht nicht früh genug erkannt und unterschätzt habe. Er müsse jetzt die Kuh von Eis holen, heißt es.

Auch die Opposition macht Druck. Die CDU hat für die Landtagssitzung am kommenden Mittwoch eine namentliche Abstimmung beim Gesetz beantragt. Jedem müsse bewusst sein, welche Auswirkungen das hat, heißt es von den Christdemokraten.

Die Grünen zeigen sich derweil entsetzt darüber, welch geringen Stellenwert der Klimaschutz im aktuellen Zeitgeist genieße. Man habe gerade den Eindruck, dass wir keinen Klimawandel haben, sagte Klimaschutzministerin Eder diese Woche. Dabei sei Rheinland-Pfalz besonders stark davon betroffen.

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