Im Juni vergangenen Jahres kam es zu einem Feuerwehreinsatz im Atomkraftwerk Cattenom. Im Block 3 der Anlage hatte es außerhalb des nuklearen Bereiches gebrannt, es kam zur starken Rauchentwicklung. Das Feuer konnte schnell gelöscht werden. Im Oktober schaltete sich der dritte Reaktorblock automatisch ab. Grund: ein Fehler im Kühlkreislauf. Zwei von mehreren Zwischenfällen, die es im vergangenen Jahr in der fast 40 Jahre laufenden Anlage gegeben hat.
Immer wieder hat die rheinland-pfälzische Landesregierung deutlich gemacht, dass sie das AKW für nicht sicher hält. Seit Cattenom 1986 ans Netz ging, hat es Hunderte Zwischenfälle gegeben, einige davon durchaus kritisch.
ADD ist nicht mehr zuständig
Bislang war die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier zuständig für den landesweiten Katastrophenschutz und damit auch für schwere Unfälle in Cattenom. Bei schwerwiegenden Störfällen, bei denen es zum Austritt von Radioaktivität käme, wäre dort ein Krisenstab gebildet worden. Auf der Internetseite der Trierer Landesbehörde fanden sich auch Informationen für die Bevölkerung zum Strahlenschutz und zu den Evakuierungszonen.
Seit einiger Zeit kam man die 29-seitige Broschüre nicht mehr auf der Seite herunterladen. Auch ansonsten finden sich keine Hinweise zu Cattenom und zum Katastrophenschutz. Der Grund: Die ADD ist offiziell seit Beginn des Jahres nicht mehr dafür zuständig. Die Aufgabe hat das neu gegründete Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz in Koblenz übernommen. Dieses wurde infolge des Zuständigkeitswirrwarrs während der Ahr-Flut ins Leben gerufen. Mit der Behörde soll der Katastrophenschutz im Land besser organisiert werden, indem klare Verantwortlichkeiten festgelegt werden.

Katastrophenschutz: Neues Lagezentrum nimmt Arbeit auf
Rheinland-Pfalz stellt sich nach der schlimmen Ahr-Flutkatastrophe für künftige Krisen und Katastrophen im Land neu auf. Das neue Lagezentrum des Landesamtes für Katastrophenschutz legt nun mit der Arbeit los.
Was bedeutet das nun für einen möglichen radioaktiven Störfall in Cattenom? Eine Sprecherin des rheinland-pfälzischen Innenministeriums verweist gegenüber unserer Redaktion auf das Brand- und Katastrophenschutzgesetz des Landes. Dort ist geregelt, wer in welchen Fällen die Einsatzleitung übernimmt. Allerdings ist dort nicht explizit formuliert, wer das im Falle eines Atomunfalls ist. Es kann der von dem Unfall betroffene Landrat oder der Präsident der neuen Behörde sein oder „eine von diesen beauftragte Person“. Und: „Die Aufsichtsbehörde kann bei dringendem öffentlichen Interesse die Einsatzleitung übernehmen.“
Zusätzlich ist bei einem Atomunfall auch das rheinland-pfälzische Umweltministerium involviert. Dies übernehme, so die Sprecherin des Innenministeriums, „die Fachberatung für die Katastrophenschutzbehörden in Rheinland-Pfalz und bei überregionalen Notfällen gemäß Strahlenschutzgesetz den fachlichen Austausch mit dem Radiologischen Lagezentrum des Bundes“. Dann wäre da noch das Landesamt für Umwelt. Das sei für Umweltmessungen zuständig, heißt es.
Verwirrung dürfte perfekt sein
Eine Studie der Umweltschutzorganisation Greenpeace kam zu dem Schluss, dass im Falle eines Atomunfalls in Cattenom 276.000 Menschen in Frankreich, Deutschland und Luxemburg innerhalb kürzester Zeit umgehend ihre Wohnungen verlassen müssten. Fast eine Million Menschen könnten wegen der Kontamination des Bodens langfristig nicht mehr in ihre Wohnungen zurück.
Und wo können sich die Bürger von nun an informieren, wie sie sich im Fall eines schweren Unfalls in Cattenom verhalten sollen? Die Ministeriumssprecherin verweist auf einen Link auf der Internetseite der neuen Landesbehörde. Klickt man auf „Einsatzplanung für die Umgebung kerntechnischer Anlagen“, wird man auf die Seite Portal für den Brand- und Katastrophenschutz weitergeleitet. Dort heißt es dann unter dem Punkt Bürgerinformation: „Im Falle eines Störfalls und der Freisetzung von Radioaktivität ist in Rheinland-Pfalz die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier zuständige Katastrophenschutzbehörde.“ Damit dürfte die Verwirrung perfekt sein.
Lothringen informiert Bürger über Jod-Ausgabe
Bei der jüngsten Sitzung der lokalen Informationskommission Cattenom, in der unter anderem auch die Stadt Trier und der Landkreis Trier-Saarburg vertreten sind, wurde im November bekannt, dass in Lothringen die Bürger von der Präfektur in Metz in einer Broschüre über das Verhalten im Falle eines Unfalls in Cattenom informiert wurden und darüber, wo Bewohner im Umkreis von bis zu zehn Kilometern um das Kernkraftwerk Jodtabletten erhalten. Nach einem Atomunfall soll die Einnahme von Jod verhindern, dass sich radioaktives Jod in der Schilddrüse festsetzt.
Zudem wurde bei der Sitzung bekannt, dass im vergangenen Jahr bei der Überprüfung des vierten Reaktorblockes „kaum Mängel“ gefunden wurden, es allerdings eine „geringere Anzahl sicherheitsrelevanter Ereignisse“ beim Wiederanfahren des Blocks gegeben habe.
Mit der sogenannten Zehn-Jahres-Revision soll sichergestellt werden, dass der jeweilige Reaktorblock noch zehn weitere Jahre am Netz bleiben kann. 2027 soll eine solche Revision am ersten Block zum vierten Mal stattfinden. Dieser ist 1986 in Betrieb gegangen. Das deutet darauf hin, dass die Verantwortlichen des Kraftwerks mit einer weiteren Laufzeit von mindestens zehn Jahren für diesen Block planen. Eine Abschaltung des Kraftwerks ist damit unwahrscheinlich. Zumal es wohl auch Planungen gibt, alte Reaktoren durch neue, leistungsfähigere zu ersetzen.