Einbruch hat psychische Folgen
Wenn das eigene Zuhause nicht mehr sicher erscheint
Ein Schreckensbild: der dunkel gekleidete Einbrecher, der sich Zugang zur eigenen Wohnung verschafft. Trifft er sogar direkt auf die Opfer, leiden sie besonders häufig unter psychischen Folgen. Doch es gibt Hilfe - zum Beispiel beim Weißen Ring.
Nicolas Armer. picture alliance / dpa

Wenn Einbrecher in das eigene Haus vordringen konnten, wird vielen Opfern erst einmal angst und bange. Während die meisten mit der Zeit loslassen können, leiden einige auch Monate später unter den Folgen. Wo können sie Hilfe finden?

Aktualisiert am 17. Februar 2025 12:54 Uhr

Schlafprobleme, Angstzustände, Magen-Darm-Beschwerden: Wenn das eigene Zuhause nach einem Einbruch nicht mehr sicher scheint, leiden manche Opfer unter teils gravierenden psychischen Folgen. Unser Redakteur Michael Stoll hat es selbst erlebt: Sein Zuhause in Lahnstein wurde Opfer einer Diebstahlserie, schilderte er in einem kürzlich erschienenen Artikel. Bis heute sitzt der Schreck bei ihm tief. Er ist damit nicht allein, erklärt Gerhard Mainzer, stellvertretender Landesvorsitzender des rheinland-pfälzischen Weißen Rings, im Gespräch mit unserer Zeitung.

„Für manche ist ein Einbruch sogar schlimmer als ein sexueller Übergriff“, sagt er. Denn wenn der Einbrecher in den intimsten Bereich, das eigene Zuhause, eindringt, droht auch in den eigenen vier Wänden eine vermeintliche Gefahr.

Die Opfer fühlen sich verfolgt und beobachtet, gehen kaum noch raus, verschließen alle Türen und Fenster. Jeder, der am Haus vorbeigeht, könnte der nächste Einbrecher sein, so die Befürchtung. Dass die Ängste in den meisten Fällen irrational sind, würden die Opfer wissen, dennoch arten sie bei manchen sogar zur Todesangst aus. „Das macht einfach was mit einem“, unterstreicht Mainzer.

Die Verhaltenstherapeutin Anette Dörr sieht solche Fälle bei ihrer Koblenzer Praxis selten. Die meisten Einbruchsopfer erleiden einen Schreck, lernen aber mit der Zeit, ihre Gefühle zu bewältigen. Aber nicht alle: Manche klagen auch nach Monaten über Ängste, depressive Verstimmungen, Schlafprobleme oder psychosomatische Erkrankungen wie Magen-Darm-Beschwerden oder chronische Schmerzen als Folge von Verspannungen. Bei einigen wenigen kommt es zu einer Traumafolgestörung, also zum Beispiel einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Besonders intensiv können die Gefühle werden, wenn die Opfer den Täter auf frischer Tat ertappen – dann kann es zu sogenannten Flashbacks kommen.

Bestimmte Risikofaktoren könnten eine psychische Erkrankung begünstigen, sagt die Psychologin. Etwa, wenn das Opfer zuvor schon ängstlich war oder psychische oder körperliche Vorerkrankungen mitbringt. Ältere Menschen, die auch noch allein leben, seien besonders anfällig für psychische Erkrankungen. Ohne einen Freunden- oder Bekanntenkreis, dem man von seinen Ängsten und Sorgen erzählen kann, steige der psychische Druck.

Weißer Ring rät ausdrücklich von der Bewaffnung ab

Wenn dieser über mehrere Monate hinweg anhält, kann der Weiße Ring helfen. Er unterstützt zum Beispiel bei der Vermittlung von Therapieplätzen oder von Plätzen in einer Traumaambulanz. In der Therapie können die Patienten dann lernen, mit ihren Gedanken umzugehen. Dazu gehört auch, ungünstiges Verhalten, etwa die Isolierung in den eigenen vier Wänden, zu verstehen und zu überwinden.

„Es sind ja eigentlich gesunde Abwehrmechanismen“, sagt die Psychologin, „sie können nur leider ungute Auswüchse erreichen.“ Gemeinsam mit dem Psychotherapeuten erarbeiten die Opfer, welche Situationen ihnen besonders Angst bereiten und welche Gedanken für sie hilfreicher wären. In konkreten Übungssituationen lernen sie dann, Kontrolle abzugeben. Atem- oder Ablenkungstechniken helfen außerdem dabei, sich selbst zu beruhigen.

Aber auch ohne Therapie lässt sich Abhilfe schaffen. Da kann schon ein Gespräch mit Vertrauenspersonen helfen, indem man über das Erlebte spricht. Was ebenfalls die Heilung vorantreibt: „Die Akzeptanz darüber, dass es erst einmal so ist und dass es nicht sofort weggeht“, erklärt Dörr. Ein bisschen Selbstfürsorge kann ebenso Wunder wirken, indem man beispielsweise den Gang ins Fitnessstudio oder den Spielabend mit Freunden nicht vernachlässigt. Vom Glas Wein, das vermeintlich beruhigen soll, rät die Psychologin hingegen dringend ab.

„Ein gekipptes Fenster ist ein offenes Fenster.“
Gerhard Mainzer vom Weißen Ring gibt Tipps gegen Einbrüche

Etwas mehr Ruhe finden die Opfer, wenn sie ihr Haus besser vor Einbrüchen schützen, sagt Gerhard Mainzer. Was die Opfer dagegen nicht tun sollten: sich selbst bewaffnen. Wenn es tatsächlich zum Kampf kommen sollte, bekomme der Einbrecher ebenfalls Zugang zu einer Waffe – das kann schnell gefährlich werden. Er kann im Zweifel besser damit umgehen, warnt der stellvertretende Landesvorsitzende.

Unterstützung beim Einbruchsschutz gibt es von der Polizei, die kostenlose Beratungen anbietet. Je schwieriger es für die Einbrecher ist, in das Haus zu kommen, desto eher lassen sie davon ab, erklärt der ehemalige Polizist. Entgegen dem Klischee würden sie zudem nur selten nachts zugreifen – denn da ist die Chance hoch, dass sie gestört werden. Grundsätzlich gilt: Fenster-, Balkon- und Terrassentüren sollten bei Abwesenheit stets geschlossen werden und auch die Fenster sollten nie „auf Kipp“ stehen. Mainzer sagt: „Ein gekipptes Fenster ist ein offenes Fenster.“

Tipps zum Einbruchsschutz von der Polizei

Die Initiative „K-Einbruch“ der Polizei aus Bund und Ländern gibt auf ihrer Internetseite ebenfalls Tipps gegen Einbrüche. Selbst bei kurzer Abwesenheit sollte die Haustür immer zweifach abgeschlossen werden, empfiehlt sie. Nachts sollten Rollläden geschlossen bleiben, um potenziellen Dieben nicht zu zeigen, ob gerade jemand zu Hause ist. Der Hausschlüssel sollte zudem nie draußen deponiert werden. Die Polizei empfiehlt außerdem, nicht bedenkenlos die Tür zu öffnen, wenn es klingelt – ein gesundes Misstrauen sei angebracht. In Mehrfamilienhäusern sollte der Hauseingang auch tagsüber geschlossen bleiben, genau wie Keller- und Bodentüren. Sollte der Schlüssel verloren sein, muss der Schließzylinder umgehend ausgewechselt werden. vs

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