Der mutmaßliche Dreifachmörder Alexander Meisner ist weiter auf der Flucht – und versetzt so eine ganze Region in Aufruhr. Der 61-Jährige wird dringend verdächtigt, am frühen Sonntagmorgen, 6. April, ein Ehepaar (47, 44) und dessen Sohn (16) in Weitefeld getötet zu haben. Die Polizei steht seitdem unter enormem Druck, einen Ermittlungserfolg vorzuweisen, Meisner also zu fassen. Weitefeld ist derweil weiter im Ausnahmezustand. Unsere Zeitung hat sich nun mit Ortsbürgermeister Karl-Heinz Keßler über die unsagbare Tat und den Medienrummel in seiner kleinen Gemeinde unterhalten. Kessler ist 68 Jahre alt, parteilos – und seit zwölf Jahren Bürgermeister des kleinen Orts im Kreis Altenkirchen im Westerwald. Das Interview im Wortlaut:
Herr Kessler, wenn ein derartiges Verbrechen passiert, dann kommen auch viele Medien von auswärts angereist und berichten. Welche Erfahrung haben Sie gemacht?
Also, mich persönlich haben einige Journalisten geärgert. Aber darauf möchte ich nicht näher eingehen, weil erledigt. Aber ich habe auch Rückmeldungen von Leuten aus dem Ort, dass Journalisten da sehr penetrant vorgegangen sind.
Sie sagten im Vorgespräch, dass Sie einige Medien-Termine wieder abgesagt haben. War dieses Verhalten einer der Gründe dafür?
Ja. Eigentlich gebe ich nur noch den heimischen Medien Interviews.
Haben sich internationale Medien bei Ihnen gemeldet?
Zwei holländische Medienhäuser, auch ein Österreicher war dabei.

Polizei spricht von möglicher Verletzung bei Meisner
Erneut hat die Polizei im Bereich Weitefeld nach dem Tatverdächtigen im Fall des mutmaßlichen Dreifachmordes vom Sonntag, 6. April, gesucht – wieder ohne konkretes Ergebnis. Dennoch – die Mörderjagd geht weiter.
Sie bekommen doch bestimmt täglich „Tipps“...?
Ja. Das Handy lief über. Auch Social Media. Das ist schon heftig gewesen zwischen dem Tattag und der großen polizeilichen Suchaktion. Wenn wirklich jemand Angst hat oder braucht irgendwas, dann bin ich zu jeder Zeit erreichbar. Aber diese ständigen besserwisserischen Tipps… Habt ihr da geguckt? Habt ihr hier geschaut? Warum wird denn da nicht geschaut? Bei den Tipps geht mir der Puls gleich hoch. Ich bin mit der Polizei viele Stellen selbst abgefahren. Die Polizei weiß von sämtlichen Gruben, Schächten, Waldhütten…
Was macht dieser Ausnahmezustand derzeit psychisch mit Ihnen?
Das normale Tagesgeschäft, das am Bürgermeisteramt hängt, läuft weiter. Das ist schon momentan eine schlimme Zeit: Oberkante. Wenn dann noch Aussagen und Forderungen kommen, die man terminlich gar nicht erfüllen kann, dann übersteigt dass das Normale gewaltig. Doch auf der anderen Seite gibt es sehr wohltuende Gespräche. Wie beispielsweise bei den Trauer– und Gedenkfeiern. Die waren wirklich sehr ergreifend für mich. Wenn wirklich jemand nachfragt, wie geht es dir – und das ist ernst gemeint, dann tut das gut.
Stehen Ihnen andere Bürgermeister aus der Region mit Rat und Tat zur Seite?
Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Daaden-Herdorf, Helmut Stühn, und ich stehen in ständigem Kontakt. Auch andere von der Verwaltung. Das ist super. Ansonsten gibt es ein, zwei Kollegen, die mal nachfragen. Aber – was soll man denen sagen? Da muss man durch.

Gewalttat im Westerwalddorf: Auf einmal mittendrin
„Etwas ist geschehen, das keiner so recht erklären kann.“ So beschreibt der Trierer Soziologe Michael Jäckel in seinem Gastbeitrag für unsere Zeitung die Situation in und um Weitefeld. Ein nachdenklicher Text über ein Verbrechen und die Folgen.
Lebt Meisner noch? Was glauben Sie? In der Region wird gemunkelt, dass er sich womöglich umgebracht haben könnte...
Es gibt so viele Gerüchte. Und ich will keine weiteren streuen. Ich kann mir gut vorstellen, dass der irgendwo untergekommen ist. Aber ich glaube nicht, dass der noch irgendwo im Wald rumturnt. Entweder ist der tot – oder er ist längst weg. Diese Möglichkeiten kann ich aber nicht deuten. Aber wie gesagt, wer weiß es?
Würden Sie sich sämtliche Verhandlungstage anschauen im Gericht, wenn er gefasst wird?
Nein. Definitiv nicht. Da vertraue ich voll auf unsere Justiz. Und dass dort das Thema mit dem Mann beendet wird. Ich werde auf keinen Fall dahingehen.
Was hat Ihnen diese Tragödie über den Zusammenhalt in Ihrem Dorf gezeigt?
Die Menschen halten zusammen. Die Empathie aus der Bevölkerung ist erheblich. Auch von den kirchlichen Gemeinden – das ist schon sehr gut, dass wir da eine fundierte Anlaufstelle haben.
Die Polizei steht unter massivem Druck. Können Sie etwas über deren Arbeit sagen?
Polizisten sind von 16 bis 18 Uhr auf dem Schulhof und stehen dort als Ansprechpartner für die örtliche Bevölkerung bereit. Die sind ständig vor Ort. Auch in Zivil. Und die gehen auch allen Hinweisen nach. Die Erfahrung, die ich in dieser schweren Zeit gemacht habe mit der Polizei Koblenz und der Polizei Betzdorf: Da ist nichts Arrogantes, nichts Abweisendes, die sind freundlich – und vor allem vor Ort. Das hilft ungemein. Und ich kenne heimische Beamte, die gehen mittlerweile auch auf dem Zahnfleisch. Tag und Nacht im Einsatz – Hut ab. Das ist gar nicht so bekannt, was die alles machen. Gerade die, die hier aus der Nähe kommen, die legen noch einmal eins drauf.
Gibt es auch Kritik an der Arbeit der Polizei?
Übliche Besserwisserei. Vereinzelt gibt es da Kommentare in Social Media. Die sagen, die Polizei hätte in dieser unübersichtlichen Lage dem Mann hinterherrennen müssen. Die Leute haben zu viele Krimis geschaut.

Polizei jagt Alexander Meisner mit 1000 Einsatzkräften
Es ist eine neue Dimension bei der Fahndung nach Alexander Meisner, dem mutmaßlichen Mörder von Weitefeld. Mehr als 1000 Polizisten sind am Donnerstag im Einsatz. Ein Zugriff gelingt nicht, doch am Abend teilt die Polizei neue Erkenntnisse mit.
Wie ist derzeit die Kindergarten- und Schulregelung in Weitefeld?
Den Eltern war anfangs freigestellt, ob sie die Kinder in die Kita oder Grundschule bringen. Die Grundschule Weitefeld versucht nun aber, wieder ins Normale zu kommen. Die Kita aber lässt die sehr beliebten Waldwochen bei der Grillhütte ausfallen. Die Meldung kam gestern.
Kannten Sie Alexander Meisner vorher?
Nein.
Stehen Sie im Kontakt mit Meisners Mutter?
Nein.
Worauf hoffen Sie nun?
Das letzte Puzzlestück, das jetzt noch fehlt, ist, dass er gefunden oder gefasst wird.
Was ist Ihnen noch wichtig?
Was ich noch kundtun möchte: Die Unterstützung vom Rat und von der Verwaltung – da möchte ich mich für bedanken. Dass wir das alles zusammen – gerade mit den Beigeordneten – so hinbekommen haben. Die stehen mir zur Seite.
Das Gespräch führte Johannes Mario Löhr

10.000 Euro Belohnung: Wo ist Alexander Meisner?
Seit Montag, 7. April, wird per Öffentlichkeitsfahndung nach Alexander Meisner gesucht. Der Mann mit kasachischem Hintergrund lebte zuletzt in Elkenroth, wenige Kilometer von Weitefeld (beides Kreis Altenkirchen) entfernt. Der 61-Jährige gilt als gewalttätig, hat eine einschlägige Vorgeschichte, saß auch schon jahrelang im Gefängnis. Laut Fahndungsaufruf ist er 1,74 Meter groß, wiegt 74 Kilogramm, hat braune Haare und blau-graue Augen. Besondere Merkmale sind Narben am rechten Oberarm, am linken Unterarm sowie an der Augenbraue. Auf dem linken Handrücken trägt er ein Tattoo, das „Katja“ in russischer Schreibweise zeigt. Die Staatsanwaltschaft hat für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, eine Belohnung in Höhe von 10.000 Euro ausgesetzt. Hinweise an die Polizei unter Telefon 0261/10350399. red