Atlantische Akademie RLP
Was fegt Trumps „politischer Dauersturm“ für immer weg?
Er sagt, wo es lang geht - aber weiß er auch, was richtig ist? Donald Trump ist seit 100 Tagen (wieder) US-Präsident. Eine erste Bilanz wurde jetzt in einer Diskussionsrunde der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz gezogen.
Manuel Balce Ceneta. picture alliance/dpa/AP

Seit Donald Trump wieder im Oval Office sitzt, vergeht kein Tag ohne neue News – viele davon sorgen für Verunsicherung. Jetzt haben Experten die ersten 100 Tage im Amt in einer Online-Diskussion der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz eingeordnet.

100 Tage Trump: In dieser kurzen Zeit hat der US-Präsident mit seiner Administration nicht nur politische Strukturen verändert, sondern auch Partnerschaften, die sich über Jahrzehnte entwickelt hatten. Eine erste Zwischenbilanz zogen in einer Online-Diskussion Juliane Schäuble, US-Korrespondentin des „Tagesspiegel“, Anna Lena Kantrup, die Transatlantik-Expertin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), und Christian Lammert, Professor am John-F.-Kennedy-Institut der freien Universität Berlin. Moderiert wurde die Veranstaltung der Atlantischen Akademie Rheinland Pfalz von deren Leiter David Sirakov und von Lars Hennemann, Chefredakteur unserer Zeitung.

Lammert bezeichnete die 100 Tage als „politischen Dauersturm“: Es habe unheimlich viel Aktionismus gegeben, aber mit wenig Substanz und ganz wenig Konsens. Bedenklich sei vor allem, dass versucht werde, die Macht in der Person des Präsidenten zu konzentrieren. Donald Trump sitze in seinem Oval Office am Schreibtisch und unterschreibe eine Anordnung nach der anderen – wie ein Monarch, der per Dekret regiert. Man habe das Gefühl, Trump wisse überhaupt nicht, was da vorgelegt wird. Formuliert würden die Dekrete von einer Denkzentrale im Weißen Haus.

Richter leisten Widerstand – noch

Bis jetzt habe es mehr als 140 Anordnungen gegeben und nur fünf Gesetze, die durch den Kongress, die eigentliche Legislative, gegangen sind. Widerstand gebe es durch die Judikative, die Gerichte, die schon viele Anordnungen gestoppt habe. Aber es sei auch schon eine Bundesrichterin verhaftet worden. Die Justizministerin habe gesagt: „Wir werden jeden Richter, der nicht auf unserer Linie ist, verhaften.“ Trump habe eine narzisstische Persönlichkeitsstörung: „Er will geliebt werden, als Dealmaker dastehen, und wenn man ihn nicht liebt, will er zumindest gefürchtet werden“, so Lammert.

Anna Lena Kantrup, die beim BDI für den Bereich Wirtschafts- und Handelspolitik zuständig ist, erklärte, der Begriff „politischer Dauersturm“ passe auch auf Handelspolitik: Zölle in Kraft setzen, sie wieder aussetzen oder anpassen, schaffe wahnsinnig große Unsicherheiten bei Unternehmen. Manifestiert werde ein Paradigmenwechsel in der Welthandelspolitik, die von den USA maßgeblich mit aufgebaut wurde. Kantrup sagte, es zeichne sich ab, dass die neuen Denkmuster über die Amtszeit von Trump hinaus Bestand haben werden. Man müsse die Beziehungen neu ausrichten, aber die EU habe auch Pfeile im Köcher.

Juliane Schäuble, sie gehört zum Pool der White-House-Korrespondenten, bezeichnete die ersten 100 Tage als atemberaubend. Es gebe fast täglich eine Pressekonferenz. Dabei sei der Mut zur Unwahrheit sehr groß. Bewusst gefördert würden Trump zugeneigte rechtspopulistischen Plattformen, die über die traditionellen Medien gestellt würden. Kritischer Journalismus finde aber weiter statt. Schäuble prophezeite, wenn die Preise weiter steigen, werde sich das bei den Wahlen auswirken. Aber die Demokraten seien immer noch in einer Schockstarre. Sie müssten geeignetes Personal und Themen finden, um sich zu einer schlagkräftigen Kraft im Blick auf nächste Wahlen zu entwickeln.

Lammert meinte, man könnte in Zollfragen noch ein bisschen cooler reagieren, so wie China: „Trump muss aufpassen, dass er sich nicht verzockt in diesem Großmachtspiel.“ Er wünsche sich, dass die neue Bundesregierung versucht, auf unterschiedlichen Ebenen stärker Einfluss zu nehmen. Schäuble betonte, es sei aber keine Alternative, mit China statt mit Amerika zusammen zu gehen.

Kantrup wies darauf hin, dass einzelne Bundesstaaten wichtige Anknüpfungspunkte sein könnten. Da gebe es große Cluster deutscher und europäischer Unternehmen vor Ort. Fast 900.000 Amerikaner seien bei deutschen Unternehmen beschäftigt. Diese Bundesstaaten oder Wahlkreise hätten ein ausgesprochenes Interesse daran, dass die transatlantischen Beziehungen nicht weiter strapaziert, sondern eher ausgebaut würden. Hier könnten sich lokale Politiker aus der Deckung trauen – und sich ganz aktiv mit Donald Trump anlegen.

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