Transatlantische Turbulenzen
Was 100 Tage Präsident Trump für Rheinland-Pfalz bedeuten
JD Vance in Ramstein
JD Vance in Ramstein
Kenny Holston. DPA

In seiner ersten Amtszeit stellte der Republikaner das enge Verhältnis des Bundeslandes zu den USA auf eine harte Probe. Wie lautet die Bilanz aktuell?

Mainz (dpa/lrs) – Es sind seltene Bilder der Ausgelassenheit vom Stützpunkt Ramstein in der Pfalz. Bei einer Art transatlantischem Frühschoppen steht US-Vizepräsident JD Vance vor wenigen Tagen persönlich am Zapfhahn und füllt Bierbecher fürs Militär. Dann reckt der Republikaner einen Humpen in die Höhe, später fliegt seine aufgetankte Air Force Two auf dem Weg von Indien in die USA weiter. Wieder einmal hat Rheinland-Pfalz seine Funktion als wichtige Zwischenstation der USA erfüllt. Doch bleibt das so? Das scheint fraglich.

An diesem Dienstag ist US-Präsident Donald Trump, dessen Vorfahren aus dem pfälzischen Kallstadt stammten, 100 Tage – wieder – im Amt. Es ist ein Jubiläum mit Nebengeräuschen. Die von Trump angedrohten Zölle wären eine schwere Belastungsprobe für die Wirtschaft des Bundeslandes. Von einer «verheerenden Entscheidung» spricht etwa Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP). Auch ein Teilabzug von Soldaten – nach dann nicht umgesetzten Plänen 2020 – gilt als weiterhin möglich. Dies wäre für die Region folgenreich.

Zapfen, Zölle, Zweifel

Nach Einschätzung des Politologen David Sirakov sehen sich die USA sicherheitspolitisch auch unter Trump als globale Macht mit Einflusssphären und Interessen in verschiedenen Teilen der Welt. «Zu dieser Projektion US-amerikanischer Macht in Europa, Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten tragen die Liegenschaften in Rheinland-Pfalz maßgeblich bei», betont er. «Und hier spielt die Ramstein Air Base sowie das bisherige Krankenhaus in Landstuhl und sein Nachfolger in Weilerbach eine zentrale Rolle.»

Garantiert also ein Aufenthalt wie der Stopp von Vance dem Bundesland eine Art Sonderrolle? «Hinweise auf die Zukunft der US-Truppenpräsenz würde ich daraus nicht ableiten wollen», sagt Sirakov.

Zunächst handele es sich um einen logistischen Besuch, der aufgrund der Flugroute des Vizepräsidenten so gewählt worden sei. «Sie zeigen zudem die Vorzüge, die in diesem Fall die Ramstein Air Base für die USA hat: das Auftanken eines US-Regierungsfliegers unter US-Aufsicht auf einem von der U.S. Air Force verwalteten Flugplatz.»

Spekulationen über die Zukunft des US-Militärs im Bundesland seien wenig hilfreich, meint der Leiter der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz. «Wir leben in sicherheitspolitisch hochgradig volatilen Zeiten, in denen sich die Rahmenbedingungen ständig zu verändern scheinen. Das gilt es genauestens zu beobachten.»

US-Militärpräsenz: Über zwei Milliarden US-Dollar Wirtschaftskraft

Bürgermeister Ralf Hechler sitzt an diesem April-Tag im Rathaus von Ramstein und sortiert seine Mails. Wie haben 100 Tage Trump II die Atmosphäre rund um die riesige Air Base verändert? «Das mediale Interesse hat extrem zugenommen», sagt der CDU-Politiker. «Aber auch die Bevölkerung spricht und diskutiert mehr über internationale und im Besonderen über die aktuelle US-Politik.» Laut würden die Debatten nicht. «Aber natürlich sind vor allem bei den Zivilbeschäftigten der US-Streitkräfte Nervosität und Sorgen auszumachen.»

Ein möglicher US-Teilabzug träfe die Region hart. «Die Wirtschaftskraft der US-Militärpräsenz lässt sich pro Fiskaljahr auf mehr als zwei Milliarden US-Dollar beziffern», sagt Hechler. Inbegriffen sind etwa Löhne, Mieten und Aufträge an Firmen. «Die US-Streitkräfte sind zudem ein sehr solider und sehr verlässlicher Arbeitgeber.»

Beispiele für Truppenabzüge gebe es in Rheinland-Pfalz genug, etwa Zweibrücken, Pirmasens oder Hahn. «Allesamt», sagt der Bürgermeister, «haben sich trotz riesiger Konversionsmittel vom Abzug nie richtig erholt.» Am Standort Ramstein teile man die Sorge eher nicht. «Alle laufenden Projekte, unter anderem Hospitalneubau oder Schulbauprogramm, werden offensichtlich weiterverfolgt.»

Und auch im nahen Baumholder «Army Stützpunkt» sei man guter Dinge, dass wie geplant zwischen 2026 und 2029 eine US-Spezialeinheit aus Stuttgart umzieht, betont Hechler. Rund 2.000 Amerikaner einer Special Forces Unit sollen kommen – Soldaten und ihre Familien.

«Brisanter Kulturwandel unter Trump»

Unterdessen sitzt der Leiter des Docu Centers Ramstein vor dem Bildschirm und sichtet Fotos. «Vor gut einem Monat bemerkte unser Team auf der Facebook-Seite der Air Base einen Warnhinweis, dass Inhalte gemäß einer Präsidentenverfügung und Prioritäten des US-Verteidigungsministeriums entfernt wurden», erzählt Jens Pakenis. Zunächst sei die Bedeutung unklar gewesen. «Aber bald wurden Bilder mit bestimmten Schlagwörtern gelöscht. Eine Liste von etwa 200 Begriffen findet sich etwa in der „New York Times“.»

«Seitdem sind viele Fotos von US-Militärseiten verschwunden», sagt Pakenis. Gemeinsam sei diesen Bildern, dass sie mindestens eins der Schlagwörter enthalten – etwa «Female Aviator», «Black History Month» oder «LGBTQ».

Obwohl das Docu Center nicht betroffen sei, sehe er die Entwicklung als Historiker bedenklich. «Wir haben daher begonnen, Artikel zu sichern, Screenshots herzustellen und Bilder intern zu speichern.» Eine Veröffentlichung sei nicht geplant, da man keine Rechte an den Fotos besitze.

Das Docu Center ist ein kleines Museum, das sich mit der Geschichte der US-Streitkräfte in Rheinland-Pfalz befasst. Das «Retten» von Fotos gehört eigentlich nicht zu den Kernaufgaben. «Wir verstehen das», sagt Pakenis, «als Dokumentation eines brisanten Kulturwandels unter Donald Trump.»

Ein Besuch 2027?

Auf dem Heimweg aus dem Irak (2018) und aus Afghanistan (2019) legte der damalige – und jetzige – Präsident Trump einen Tankstopp in Ramstein ein. Kommt es während seiner zweiten Amtszeit zu einem offiziellen Besuch in Rheinland-Pfalz?

In unmittelbarer Nachbarschaft der Air Base entsteht derzeit eine US-amerikanische Klinik der Superlative für Hunderte Beschäftigte. Das Krankenhaus soll der US-Armee 2027 übergeben werden. Vielleicht ja in Anwesenheit des Präsidenten und Oberbefehlshabers Trump.

© dpa-infocom, dpa:250428-930-473008/1

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