Soll das die Wende bringen? Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD) hat in der „Briefkopfaffäre“ rund um ihre eigene Person Fehler eingeräumt – nachdem die SPD-Politikerin in den vergangenen Tagen stark unter Druck geraten war. Die Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa und Medien hat außerdem ihr Mandat im SWR-Verwaltungsrat niedergelegt. Das teilte die Staatskanzlei am Donnerstagnachmittag mit.
Raab erklärte in einer drei Absätze kurzen schriftlichen Mitteilung: „Aus heutiger Sicht und in Reflexion der Diskussion der letzten Wochen will ich selbstkritisch einräumen, dass ich statt eines Briefes meine sachliche Kritik an dem SWR-Beitrag vom 11.4. in den dafür zuständigen Rundfunkgremien hätte ansprechen sollen.“ Weiter hieß es: „Es war nie eine Sekunde meine Absicht, Druck auszuüben. Umso mehr bedaure ich zutiefst, dass dieser Eindruck entstehen konnte.“
Briefkopf der Landesregierung verwendet
Die 58-jährige Cochemerin hatte im Frühjahr einen Beschwerdebrief mit einem offiziellen Briefkopf der Landesregierung an die rheinland-pfälzische SWR-Landessenderdirektorin Ulla Fiebig geschickt. Anlass für das Schreiben von Raab war eine Schalte im April im SWR-Fernsehen mit dem Hauptstadtkorrespondenten des Senders, in der es auch um die politische Zukunft von SPD-Landeschef Roger Lewentz ging. Oppositionsvertreter sehen darin mindestens einen unzulässigen Versuch der Einflussnahme, es gab Rücktrittsforderungen.
Der Mainzer Journalistik-Professor Tanjev Schultz wertete den Brief gegenüber der „Rheinpfalz“ als Einschüchterungsversuch. CDU-Fraktionschef Gordon Schnieder hatte am Mittwoch von einer „systematischen Täuschung“ gesprochen. Der Eifeler Christdemokrat kritisierte auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Schnieder forderte Dreyer auf, in der Angelegenheit Stellung zu beziehen. Ein Brief, den er an die Regierungschefin schrieb und auf den er zunächst keine Antwort erhalten hatte, sei inzwischen beantwortet, erklärte Regierungssprecherin Andrea Bähner.
Raab: „Wirkung unterschätzt“
In Raabs schriftlicher Mitteilung erklärte sie außerdem: „Ich habe die Wirkung aufgrund meiner besonderen Rolle in der Medienpolitik unterschätzt.“ Dass sie den Briefbogen „Bevollmächtigte“ verwendet habe, beurteile sie „rückwirkend als einen Fehler. Dafür will ich mich entschuldigen.“ Für die von ihr geäußerte Kritik, ihre falschen Angaben im Medienausschuss (wir berichteten) und ihren Umgang bat sie demnach nicht um Entschuldigung. Außergewöhnlich: Die Deutsche Presse-Agentur veröffentlichte fast zeitgleich (eine Minute später) zum Eingang der Pressemitteilung bei unserer Zeitung einen ersten Bericht mit Raabs Stellungnahme. Sie hatte den Nachrichteninhalt also zuvor erhalten – und das bei einer solch wichtigen Mitteilung.
Zum Ende der Bekanntmachung kündigte die SPD-Politikerin an, ihr Mandat im SWR-Verwaltungsrat – welcher ein Aufsichtsgremium ist – niederzulegen. Raab gehört als Koordinatorin der Rundfunkkommission der Länder zu den wichtigsten Medienpolitikerinnen Deutschlands.
Mit ihrer Erklärung will Raab offenbar der inzwischen terminierten Sondersitzung des rheinland-pfälzischen Landtags zu der Causa zuvorkommen – sie findet statt am kommenden Mittwoch um 13 Uhr. Das teilte die Landtagspressestelle am Donnerstag mit. Das Sonderplenum trägt formell den Titel: „Rolle und Verantwortung von Ministerpräsidentin und Staatskanzlei bei der Einflussnahme auf die Berichterstattung unabhängiger Medien“. Die Sondersitzung – es ist die erste seit knapp zwei Jahren – wurde auf Ansuchen der CDU- sowie der Freien-Wähler-Fraktion beantragt. Die Sitzung soll die Vorgänge rund um den Beschwerdebrief erhellen.
Anmerkung der Redaktion: Nach Veröffentlichung dieses Artikels erreichte uns die Information, dass Raab durch den erklärten Rückzug aus dem SWR-Verwaltungsrat auch nicht mehr Mitglied im Landesrundfunkrat ist. Wir haben daraufhin den Vorspann und die entsprechende Stelle im Artikel aktualisiert. Wir berichten weiter über die Causa.