Rheinland-Pfalz – Null Bock auf Politik? Von wegen. Es ist „Wahlzeit!“. Tausende Schüler im Land bereiten sich auf die Bundestagswahl am 22. September vor. Denn nicht nur etwa 61,6 Millionen Wahlberechtigte können ihre Stimme abgeben, auch junge Leute sind gefragt, sich ihre Meinung zu bilden und bei einer Juniorwahl mitzumachen.
Von Stefan Hantzschmann und Manfred Ruch
Auch unsere Zeitung hat sich für die Bundestagswahl 2013 ein Programm gegeben: Wir wollen unsere Wahlberichterstattung so verständlich, spannend, multimedial, kritisch und lebendig gestalten, dass sich auch junge Leser davon angesprochen fühlen, sich eine Meinung bilden und mitreden können. Außerdem unterbreiten wir Schulklassen der Stufen 10 bis 13 die Möglichkeit, für wenigstens sechs Wochen kostenlos unsere Zeitung zu beziehen – und zwar so lange, bis die neue Bundesregierung gebildet ist.
Schon rund 50 Klassen haben sich gemeldet und die Zeitung für den Unterricht geordert. Einer der Pädagogen ist Werner von Schaaffhausen, Sozialkundelehrer am Gymnasium Calvarienberg in Bad Neuenahr. Er will das Projekt „Wahlzeit!“ nutzen, um eine Informationsgrundlage zu schaffen: „Ich wollte, dass die Schüler vom ersten Tag an eine Zeitung in der Hand haben.“
Studien bestätigen: „Null-Bock-Stimmung“ breitet sich aus
In seinen 35 Dienstjahren als Lehrer beobachtet von Schaaffhausen eine zunehmende Null-Bock-Stimmung seiner Schüler, wenn es um Politik geht. Gleich mehrere Studien geben ihm recht: Immer mehr Kinder und Jugendliche interessieren sich nicht für Politik. Sie fühlen sich im Stich gelassen. „Zeitunglesen ist der erste Schritt, um beim Thema Politik mitreden zu können“, erklärt von Schaaffhausen. Seine Schüler wieder stärker für politische Prozesse zu begeistern, ist ihm, der vor mehr als drei Jahrzehnten Politik in Mainz studiert hat, eine Herzensangelegenheit. Mit dem 11. und 13. Jahrgang seiner Schule will er die Bundestagswahl intensiv begleiten.
Dazu gehört auch der Wahlgang seiner Schüler – zeitgemäß per Internet. Ein Kernstück des Wahlprojekts ist nämlich die Initiative Juniorwahl, deren Schirmherr Bundestagspräsident Norbert Lammert ist. Meinung bilden, Entscheidung treffen, Stimme abgeben: Juniorwahl hat zum Ziel, diesen Prozess politischer Beteiligung in einer Demokratie einzuüben und bei jungen Leuten das Interesse am politischen Geschehen zu steigern. Rund 50 Schulen allein im RZ-Land haben sich registriert, 2000 in ganz Deutschland.
„Wahlzeit“ ist auch Bildungsarbeit gegen Stammtischgerede
Für die Sozialarbeiterin Barbara Schmallenbach ist die Aktion „Wahlzeit!“ vor allem eins: Bildungsarbeit. Schmallenbach betreut zwei Klassen mit Schülern, die ein Berufsvorbereitungsjahr an der Berufsschule Mayen absolviere0n, um ihren Hauptschulabschluss nachzuholen. „Erfahrungsgemäß kommt in der Zeit der Wahlen ein Stammtischgerede auf – manchmal auch rechtsextremistisches Zeug“, sagt Schmallenbach.
Der Griff in die Parolenschublade bringt dann bei den Schülern oft Sätze wie „Ausländer nehmen uns die Arbeit weg“ hervor. Dem will die Sozialarbeiterin entgegenwirken – mit Zeitungslektüre. Da kommt unser Projekt „Wahlzeit!“ gerade recht. „Dadurch bekommen die Schüler einen anderen Blick auf die Welt vermittelt“, sagt die Pädagogin. Wie viele Jugendliche an der Mayener Berufsschule an dem Projekt teilnehmen werden, ist noch nicht klar – die Klassen fürs nächste Schuljahr stehen noch nicht fest.
Doch die Beschäftigung mit der Bundestagswahl soll sich nicht nur auf Schule und Unterricht beschränken. Auch außerhalb der Schulmauern sollen die Schülerinnen und Schüler auf politische Entdeckungsreise gehen. Für diesen Zweck hat die bundesweite Initiative U18-Wahl, die unter anderem von den Landesjugendringen mitgetragen wird, eine umfangreiche Datenbank zusammengestellt.
Dort können sich junge Leute, ihre Lehrer oder die Schülerzeitungsredaktionen bedienen. Wahl-TÜV, Speeddating, Fotosafari – das sind Stichwörter aus einem kreativen Katalog, der auch auf die Eigeninitiative der Schüler setzt. Zu finden ist diese detaillierte Ideensammlung im Internet unter der Adresse www.ku-rz.de/u18wahl.
Initiative U18-Wahl bietet jede Menge Material
Das alles wird sich natürlich auch medial niederschlagen. Wir werden nicht nur über U18-Aktionen und Juniorwahl berichten, sondern jungen Leuten auch die Möglichkeit bieten, sich selbst in der gedruckten Zeitung und online einzubringen. Zu diesem Zweck haben wir uns auch speziell mit den Schülerzeitungen im RZ-Land in Verbindung gesetzt.
Top-Politiker werden auf Wahlkampftour zum Interview in unsere Redaktion geladen. Schüler können dem Gespräch live im Internet folgen und sich über soziale Netzwerke mit Fragen einschalten. Außerdem planen wir auch die Beteiligung von Schülerreportern bei diesen Interviews. Und dies ist nur ein Baustein unseres Wahlprogramms. Zusteigen lohnt sich also.