Koblenz
„Vereinte Patrioten“: Mutmaßliche Reichsbürger-Rädelsführerin distanziert sich von Mitangeklagten
Fortsetzung Prozess “Vereinte Patrioten“
Elisabeth R. wird in den Verhandlungssaal gebracht. Der 75-Jährigen sowie vier Männern im Alter zwischen 44 und 56 Jahren wird vorgeworfen, eine inländische terroristische Vereinigung ("Vereinte Patrioten") gegründet zu haben oder darin Mitglied gewesen zu sein. Thomas Frey/dpa
Thomas Frey. picture alliance/dpa

Die mutmaßliche Rädelsführerin der Terrorgruppe „Vereine Patrioten“, Elisabeth R., hat sich am Donnerstag in Koblenz erstmals zu den Vorwürfen gegen sie geäußert. „Die Anklageschrift ist absoluter Ausdruck diabolischer, allerdings höchst dilettantischer Willkür“, sagte die 75-Jährige. Und hielt im Anschluss einen Vortrag, den die Bundesanwaltschaft als potenziell antisemitisch einstufte.

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Elisabeth R. ist dankbar für ihre Verhaftung, wie sie am Donnerstag selbst berichtet. Denn nun habe sie die Gelegenheit, die Öffentlichkeit über eine kleine Elite aufzuklären, die schon seit zwei-, dreitausend Jahren mordend und lügend die Massen täusche. R. spricht in diesem Kontext von einer „Verschwörungspraxis“. Und ja, diese “Kaste„ sei bis heute aktiv, so die 75-Jährige. Um wen genau es sich dabei handeln soll, blieb am Donnerstag noch R.s Geheimnis. Die angeblichen Ziele der “Clique„ teilte sie den im Koblenzer Oberlandesgericht Anwesenden indes mit: Eine Weltregierung solle gebildet, eine Weltreligion etabliert – und die Denke der Menschen gänzlich vereinheitlicht werden.

Sven B. über “Händchenhalten„ mit Elisabeth R.

Sven B. (55) hatte die mutmaßliche Rädelsführerin der “Vereinten Patrioten„ im Zuge seiner Einlassung bereits vor einigen Tagen etwas abfällig als “esoterisch„ angehaucht beschrieben: Treffen mit Elisabeth R. hätten stets mit “Händchenhalten„ und altgermanisch anmutenden Sprüchen begonnen. Womit er selbst, als rationaler Mensch, wenig habe anfangen können.

An Verhandlungstag sieben im Prozess gegen die mutmaßliche Terrorgruppe ist nun aber endgültig klar: Mit einer homogenen Truppe hat man es hier nicht (mehr?) zu tun. Während Elisabeth R., einst beliebte Religionslehrerin in Mainz, am Donnerstag spricht, dabei häufig auf ihre eigenen Bücher (“eine Pentalogie„) rekurriert, kann man nicht selten Mitangeklagte der 75-Jährigen dabei beobachten, wie sie fassungslos mit dem Kopf schütteln.

Bundesanwaltschaft: R.s Ausführungen potenziell antisemitisch

Einmal zitiert Elisabeth R. während ihrer Einlassung (es ging bis dato unter anderem um Babylon, Goten, Luzifer, Moloch und Gott) eine Person, die behauptet, die Geschichte sei von Juden geschrieben worden. Sofort hakt die Bundesanwaltschaft ein, konstatiert, dass R.s Ausführungen von Antisemitismus nur so triefen würden. Die 75-Jährige antwortet, dass sie lediglich Zitate einer geschichtlichen Person vorgetragen habe. Der Vorwurf des Antisemitismus sei also “unberechtigt„, so die Angeklagte. Später grätscht die Bundesanwaltschaft wieder dazwischen, will wissen, was das bisher Geschilderte bitte mit den Vorwürfen aus der Anklage zu tun haben soll.

Elisabeth R. wurde die Pension gestrichen

De facto gibt es am Donnerstag wirklich nur drei kurze Passagen in Elisabeth R.s Ausführungen, die direkten Bezug auf ihre Verhaftung und die “Vereinten Patrioten„ nehmen. Die Gruppe soll bekanntlich geplant haben, Karl Lauterbach zu entführen, einen Blackout in der Bundesrepublik herbeizuführen und die Regierung zu stürzen. Sie wird dem „Reichsbürger“-Milieu zugeordnet.

„Das hat mit der Reichsbürgerszene nichts zu tun, was ich hier vortrage“, sagt Elisabeth R. am Donnerstag. Ihre Bücher beschreibt sie als wissenschaftlich fundiert, denn das Zusammengetragene sei durch massenhaft Quellenangaben belegt. Die Angeklagte unterstreicht ferner, dass sie sich bereits im April 2022 von den vier mitangeklagten Männern klar distanziert habe.

Dass ihr die Pensionsbezüge weggestrichen worden seien, weil sie die BRD in ihren Werken „kritisch“ untersucht habe, sei eine Form weißer Folter, so R. weiter. Und auch während der U-Haft sei sie teils sehr schlecht behandelt worden.

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