Rheinland-Pfalz
Überfall in Westerburg: Lange Haft für Täter

Der Tatort in Westerburg: Das Rote Kreuz stellte im Dezember 2012 auf der Straße ein Zelt auf. Es sollte verhindern, dass durch den starken Schneefall wichtige Spuren verwischt werden.

Sascha Ditscher

Westerburg/Koblenz - Urteil gegen die Schläger von Westerburg: Der Vorsitzende Richter sprach von einer "kaum fassbaren Tat". Der Staatsanwalt bezeichnete sie als feige und hinterlistig. Das Landgericht Koblenz verurteilte die Täter wegen versuchten Totschlags und Diebstahls zu sieben Jahren Haft.

Westerburg/Koblenz – Urteil gegen die Schläger von Westerburg: Der Vorsitzende Richter sprach von einer „kaum fassbaren Tat“. Der Staatsanwalt bezeichnete sie als feige und hinterlistig. Das Landgericht Koblenz verurteilte die Täter wegen versuchten Totschlags und Diebstahls zu sieben Jahren Haft.

Von unserem Redakteur Hartmut Wagner

Das Gericht wies beide Täter in eine Drogenentzugsanstalt ein. Der Staatsanwalt betonte, das Opfer habe nur durch großes Glück überlebt. Mit einem Augenzwinkern sagte er: „Ihm rettete wohl sein Westerwälder Dickschädel das Leben.“

Denn er zeigte Zivilcourage – und bezahlte fast mit dem Leben.

Rückblick: Der 48-Jährige ermahnte vor einer Disco zwei Betrunkene, die eine Flasche zerschlugen und Autoradios stehlen wollten. Dann passierte das Unfassbare: Die Männer holten einen Baseballschläger und prügelten den 48-Jährigen fast tot. Sie ließen ihn im Schnee liegen, besuchten eine Spielhalle, gingen zu Bett. Am Tatort kam durch Zufall rechtzeitig ein Autofahrer vorbei und rief Hilfe.

Das Verbrechen am Stadtrand von Westerburg sorgte Ende 2012 für großes Entsetzen in unserer Region. Manche verglichen es mit dem Fall Jonny K. aus Berlin. Der 20-Jährige wollte in einer Oktobernacht 2012 einem betrunkenen Freund helfen. Er wurde mit Tritten und Schlägen verprügelt, starb an Gehirnblutungen.

Die Täter beschuldigten sich gegenseitig

Die Westerburger Täter, ein Türke (25) und ein Pole (22), räumten ein, dass sie am Tatort waren. Aber sie bezichtigten jeweils den anderen, mit dem Baseballschläger zugeschlagen zu haben.

So rekonstruierte das Gericht den Überfall: Am Abend des 2. Dezember tranken beide Täter Whiskey, schnupften Amphetaminpulver, feierten in der Westerburger Disco Cha-Cha. Gegen 4 Uhr gingen sie nach draußen, wollten Autoradios stehlen. Dort trafen sie auf den 48-Jährigen, der von einer Kneipe nach Hause lief. Nach einem kurzen Wortgefecht ging der Mann weiter. „Willst du dir das gefallen lassen?“, fragte der Pole den Türken. Der ging zu ihrem Auto, nahm einen Baseballschläger der „Texas Bulls“, rannte dem Mann nach, grätschte ihn nieder und prügelte ihm mit dem Knüppel dreimal auf den Kopf. Der Pole verpasste ihm noch einen Fausthieb.

„Das ist der schlimmste Fall von Körperverletzung. Danach kommt nur noch Mord.“Staatsanwalt Wilhelm Lessing

Wer schlug mit dem Baseballschläger zu? Das war die zentrale Frage vor Gericht. Eine schwierige Frage. Das zeigt sich auch daran, dass der Staatsanwalt im Prozess seine Meinung änderte. Als er zu Beginn die Anklage verlas, ging er davon aus, dass der Pole zuschlug. Ganz anders zu Prozessende. Da erklärte er im Plädoyer, dass der Türke zuschlug. Begründung: Dieser habe mehrfach seine Aussage geändert, mit dem Ziel, sich maximal zu entlasten. Er sei wie ein „orientalischer Märchenerzähler“.

Halbherzige Entschuldigung brachte Opferanwalt auf die Palme

Der 48-Jährige trug Rissquetschwunden am Kopf und einen Oberschenkelhalsbruch davon. Er wird wohl lebenslang an den Folgen der Tat leiden. Der Türke lieferte im Prozess eine halbherzige Entschuldigung ab. Das brachte Opferanwalt Werner Wengenroth auf die Palme: „Kommen Sie in zehn Jahren! Fragen Sie meinen Mandanten, ob er noch Kopfschmerzen beim Schuhebinden hat, ob er Einbußen bei der Rente hat, ob Sie beim Rasenmähen helfen können. Dann können Sie um Entschuldigung bitten!“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Top-News aus der Region

Weitere regionale Nachrichten