Schmitt weist Vorwürfe zurück
Tritt Fernis oder Becht an? FDP-Machtkampf tobt weiter
In der rheinland-pfälzischen FDP tobt seit Längerem ein Machtkampf, der in den vergangenen Tagen publik geworden ist. Auf der einen Seite steht Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt, auf der anderen kämpfen Fraktionschef Philipp Fernis (li.) und Staatssekretär Andy Becht (re.).
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Der Machtkampf in der rheinland-pfälzischen FDP ist voll entbrannt. Wirtschaftsministerin Schmitt will Landeschefin werden, bisher als einzige. Kommt es zu weiteren Kandidaturen? Derweil muss Schmitt vor dem Wirtschaftsausschuss Rechenschaft ablegen.

Die Machtspielchen innerhalb der rheinland-pfälzischen FDP gehen weiter. Nachdem die Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses über eine Stunde läuft, veröffentlicht die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstagmittag über ihren Ticker eine Meldung mit dem Titel: „Fraktionschef Philipp Fernis tritt möglicherweise gegen Schmitt an.“ In der Meldung wird ein Sprecher zwar nur damit zitiert, dass Fernis mit Blick auf sein parteipolitisches Engagement „zum jetzigen Zeitpunkt nichts ausschließt“. Die CDU-Opposition münzt das allerdings im Ausschuss genüsslich gleich in eine Gegenkandidatur für den FDP-Landesvorsitz um.

Eine Kampfkandidatur hält sich übrigens auch Staatssekretär Andy Becht, Amtschef und ständiger Vertreter von Schmitt im Wirtschaftsministerium, am Donnerstag offen. Fakt ist: Offiziell beworben für den rheinland-pfälzischen FDP-Parteivorsitz hat sich bislang weiter nur Wirtschaftsministerin Schmitt. Sie und Fernis stehen sich als Hauptkontrahenten im parteiinternen Machtkampf gegenüber. Unterstützt wird Fernis unter anderem von Becht.

Die Ministerin muss sich am Donnerstag bei einer Sondersitzung im Landtag unangenehmen Fragen stellen. Seit Tagen geht es um die Wirtschaftsförderungen für die beiden Unternehmen ihres Ehemanns sowie dessen Teilnahme an Auslandsreisen des Wirtschaftsministeriums. Schmitt weist im Ausschuss Vorwürfe der Einflussnahme und von Mauscheleien erneut zurück. Die 52-jährige Vize-Landeschefin sagt: „Mein Handeln war und ist stets von Transparenz, Rechtschaffenheit und Verantwortungsbewusstsein geprägt.“

„Mein Handeln war und ist stets von Transparenz, Rechtschaffenheit und Verantwortungsbewusstsein geprägt. Das weiß jeder, der mich besser kennt.“
Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP).

Zu den Reisen, bei denen ihr Mann als Geschäftsmann viermal dabei war, sagt Schmitt: Anschuldigungen bezüglich einer bestimmten Hotelauswahl, etwa an der brasilianischen Copacabana, weise sie entschieden zurück. Die Wirtschaftsreisen seien kein Urlaub, es gebe ein dicht getaktetes Programm mit Terminen von frühmorgens bis spät in den Abend. Eine „Sonderkonstellation“ zum Vorteil ihres Partners habe nicht stattgefunden.

Ihr Ehemann habe als Geschäftsführer vor Ort Business-to-Business-Gespräche geführt, also von Unternehmer zu Unternehmer – und an keinem ihrer persönlich-politischen Termine teilgenommen. Neuigkeitswert hat die Mitteilung Schmitts, dass ihr Mann zu ihren dienstlichen Reisen nach Italien im Juni 2022 sowie nach Polen im Juni 2023 nachgereist sei. Die beiden hätten dort nach den Dienstreisen private Termine gehabt, so die Ministerin.

Im Mittelpunkt der Sondersitzung stehen auch Förderungen für die beiden Firmen von Schmitts Ehemann. Es geht zum einen um einen jahrealten Kredit an die 2014 gegründete Enterprisemind GmbH, zum anderen um eine Beteiligung einer Tochtergesellschaft der landeseigenen Förderbank, der Investitions- und Strukturbank (ISB), an der 2019 gegründeten Enterprisemindfactory GmbH, einem KI-Unternehmen. Die CDU-Opposition will unter anderem wissen, wie es denn sein kann, dass zwischen der Unternehmensgründung und der Beteiligung der ISB-Tochter an der Enterprisemindfactory nur wenige Monate liegen können – und sie hakt nach, ob Schmitt ihren Mann zu Förderinstrumenten der ISB beraten hat.

Schmitt widerspricht. Ihr Ehemann sei ein selbstständig agierender Unternehmer, es habe keine Empfehlung aus ihrem Ministerium gegeben. Sie habe 2019, damals noch als Staatssekretärin und als Corona in Asien ausbrach, „keine Zeit und kein Interesse gehabt, meinen Mann in Finanzierungsthemen zu beraten“. Das Land sei übrigens kein Auftraggeber.

Spannend: ISB-Vorstand Ulrich Link erklärt, dass es nicht unüblich sei, dass die ISB oder ihre Tochter in erst kurz zuvor gegründete Firmen über Beteiligungen einsteige und investiere. Es sei „ganz normal“, dass man in einer sehr frühen Phase eine Förderentscheidung treffe. Link räumt allerdings ein, dass eine „Basistechnologie“ des KI-Unternehmens schon vorgelegen habe – die dann in die damals neue Enterprisemindfactory überführt worden sei.

Zu den widersprüchlichen Angaben, sie habe ihren Amtsvorgänger Volker Wissing und damit die Hausspitze, informiert, was Wissing bestreitet, erklärt Schmitt: Sie erinnere sich „ganz klar“, dass sie Wissing mündlich unterrichtet habe. Die Nachfrage des CDU-Politikers Marcus Klein, ob der aktuell geschäftsführende Bundesverkehrsminister lügt, beantwortet Schmitt nicht. Die Regierungsvertreter kommentieren das mit einem „das ist unter aller Sau“.

„Ich sage es ganz deutlich: Rheinland-Pfalz braucht eine Wirtschaftsministerin, die ihre Kraft nicht zur Wiederherstellung ihrer Glaubwürdigkeit einsetzen muss, sondern die sich voll auf die Bewältigung der wirtschaftlichen Krisenlage konzentriert.“
Helmut Martin, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion

Für die CDU-Fraktion bleiben auch nach der Sitzung viele Fragen offen. Der wirtschaftspolitische Sprecher Helmut Martin sagt: „Daniela Schmitts Glaubwürdigkeit hat gelitten.“ Es sei schwer vorstellbar, dass Schmitt und ihre Gegner in der FDP im Sinne des Landes unbelastet weiterarbeiten könnten. Rheinland-Pfalz brauche eine Wirtschaftsministerin, die ihre Kraft nicht zur Wiederherstellung ihrer Glaubwürdigkeit einsetzen müsse, sondern die sich voll auf die Bewältigung der wirtschaftlichen Krisenlage konzentriere, so Martin.

Dass in der rheinland-pfälzischen FDP der Machtkampf weiter tobt und die Partei tief gespalten ist, zeigt sich auch daran, dass der Koblenzer Bezirksverband kurz nach der Sitzung den offenen Brief des Schmitt-Unterstützerkreises noch einmal verschickt – mit der Info, dass sich die Gruppe erweitert habe. Es sind nun über 50 Freie Demokraten, die signiert haben. Sie kommen vornehmlich aus dem Norden des Bundeslandes.

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