Rheinland-Pfalz
Teures Debakel für Medizinischen Dienst: Kündigungen gegen Gundo Zieres sind nichtig

Rheinland-Pfalz. Äußerlich ließ sich Gundo Zieres nichts anmerken. Der frühere MDK-Geschäftsführer lauschte unbewegt dem Urteilsspruch in Saal 324 der 2. Kammer des Mainzer Landgerichts. Dabei hatte Richter Claudius Straub ihm gerade einen großen Sieg beschert. 

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Von unserem Redakteur Dietmar Brück

Sämtliche Kündigungen gegen den vor drei Jahren geschassten Topmanager sind null und nichtig. Der rheinland-pfälzische MDK, in Langfassung: Medizinischer Dienst der Krankenversicherungen, erlebt ein juristisches Debakel. Inzwischen haben dessen Anwälte rund zehn Prozesse verloren – nun auch noch den wichtigsten. Eine Zäsur in einem Rechtsstreit, der vor allem die Krankenversicherten richtig teuer kommt.

Die Endstation dürfte noch nicht erreicht sein. Zieres glaubt, dass sein guter Ruf mit Füßen getreten wurde. Er will seinen Rauswurf rückgängig machen und vor aller Augen rehabilitiert werden. Dazu ist er bereit, jeden denkbaren juristischen Schritt zu gehen. Die MDK-Verantwortlichen hingegen halten die fristlosen und außerordentlichen Kündigungen für gerechtfertigt. Sie werfen ihrem einstigen Vorzeige-Manager zahlreiche Unregelmäßigkeiten vor und wollen unbedingt verhindern, dass der ungeliebte Ex-Chef wieder seinen Platz an der Spitze einnimmt. Daher würde sich niemand wundern, wenn der MDK, eine Art Gesundheits-TÜV im Land, in Berufung ginge. Offiziell erklärt der Verwaltungsrat nur: „Der MDK wird nach Zustellung der schriftlichen Urteilsbegründung über das weitere Vorgehen entscheiden.“

Rechtsstreit kann noch Jahre andauern

Der Rechtsstreit könnte sich über das Oberlandesgericht in Koblenz bis hin zum Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ziehen. Zehn Jahre Gesamtverfahrensdauer sind durchaus drin, meint der Rechtsanwalt Markus Fromm, der die Interessen von Gundo Zieres vertritt.

Horrende Kosten

Das ganze Gezerre kostet horrendes Geld. Zieres' Rechtsbeistand schätzt, dass die Gegenseite für Anwaltskosten und Gutachten schon rund eine halbe Million Euro aufbringen musste. Dazu kommt, dass der Ex-MDK-Geschäftsführer 75 Prozent seiner Bezüge von rund 170 000 Euro im Jahr erhält – und zwar unbefristet. Sollte er sich am Ende durchsetzen, bekommt er gar 100 Prozent – und das auch noch rückwirkend. Das Landgericht hat sogar den Anspruch Zieres' anerkannt, seinen alten Dienstwagen nach erfolgtem Ablauf der Drei-Jahres-Frist in einen neuen umzutauschen.

Ingesamt drei Jahre wälzt Zieres nun schon Prozessakten und verfasst juristische Schriftstücke, anstatt den MDK in führender Funktion zu unterstützen. Seine fachlichen Qualitäten waren stets unbestritten. Nur kommen sie dem Aufgabentableau des MDK – von Gutachten für die Pflegeversicherung bis hin zur Beratung bei medizinischen Leistungen – nicht mehr zugute. Die Zeche zahlen die Krankenversicherten mit ihren Beiträgen. Denn der MDK im Land wird durch die Trägerkassen, also die Versicherten, finanziert. Am Ende könnten Gutachten, Prozess- und Lohnkosten mehrere Millionen Euro verschlingen.

Hager und abgehärmt

Gundo Zieres ist schmal, fast schon hager geworden. Sein Haar ist inzwischen schlohweiß. Er sieht abgehärmt aus. „Ich möchte möglichst schnell meine Arbeit wieder aufnehmen“, sagt er. Der Ex-Geschäftsführer will den Platz an seinem alten Schreibtisch zurück. Doch dafür müsste er vor ein Sozialgericht ziehen, um auf Wiedereinstellung zu klagen. Den Weg will er sich offenhalten, aber erst abwarten, ob sein alter Arbeitgeber nicht doch noch einlenkt. Danach sieht es nicht aus. Dennoch: Bislang ist seine alte Stelle nur kommissarisch besetzt.

Drei Jahre Rechtsstreit haben bei Gundo Zieres Spuren hinterlassen. Vor Gericht wirkte der frühere MDK-Geschäftsführer hager und angespannt - trotz seines Sieges. Ob er seinen alten Posten jemals wiedererhält, ist ungewiss.

Dietmar Brück

Mitte Oktober 2013 erlebte er seinen bisher schwärzesten Tag. Der MDK-Verwaltungsrat setzte seinen langjährigen Geschäftsführer vor die Tür. Ein Sonderbericht des Landesprüfdienstes hatte zahlreiche Verfehlungen aufgelistet, die Zieres angelastet wurden: Dabei ging es um die Abrechnung von Reisekosten, Auslandsfahrten, Nebentätigkeiten oder die Anschaffung von 50 Büchern über das Gleitschirmfliegen, bei denen der Geschäftsführer Mitautor war. Zudem hatte ein „Luxusvertrag“ wochenlang intern in der Kritik gestanden, der mit den damaligen Chefs des Verwaltungsrats ausgehandelt worden war. Auch sie mussten ihre Posten räumen.

Doch schon bald war von einem Machtkampf hinter den Kulissen die Rede. Mächtige Verbandspolitiker fühlten sich bei dem Vertragsabschluss übergangen und ließen die Muskeln spielen. Bundesweit hatten zugleich zig Geschichten über raffgierige Manager Schlagzeilen gemacht. In Zieres' Lager glaubt man, dass der damalige, frisch gekürte Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD) eine möglichen Kompromiss blockierte. Offiziell wurde über dessen Rolle nie etwas bekannt.

Zieres gibt zu, „Fehler in der Kommunikation und im Austausch“ gemacht zu haben. Nur bei den Fakten will er sich nichts vorwerfen lassen. Das Gericht entschied, dass der MDK das Gros der Gerichtskosten zu zahlen hat.

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