Tag des Wassers: Wie ein Team von Forschern herausfand, was uns durch den Klimawandel blühen kann - Die Universität Mainz arbeitete an der Studie mit
Tag des Wassers: Altes Eichenholz erzählt von den Folgen der Dürreperioden
Niedrigwasser im Rhein bei Bingen: Solche Bilder sah man in den vergangenen Jahren gehäuft. Laut einer neuen Studie befinden wir uns gerade in der schlimmsten Sommertrockenperiode der vergangenen zwei Jahrtausende – mit erheblichen Folgen auch für die Wasserversorgung. Foto: dpa
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Es war im Sommer 2020, Deutschland stöhnte unter der Hitze und suchte sein Heil in hauseigenen Pools und Planschbecken – wegen der Corona-Pandemie fiel in vielen Familien schließlich der Sommerurlaub aus. Da schreckten Meldungen die Menschen auf: „Trinkwassernotstand“ hieß es auf einmal im hessischen Taunus, auch in manchen Gemeinden in Rheinland-Pfalz wurden das Gartenwässern oder Autowaschen verboten. Nun warnen Forscher: Europa erlebt die schlimmste Sommertrockenperiode der vergangenen zwei Jahrtausende.

Für seine Bilanz ging ein internationales Forscherteam rund um den Geografen Professor Ulf Büntgen von der Universität Cambridge in England sogar bis zurück in die Römerzeit: Das Team untersuchte den chemischen Fingerabdruck europäischer Eichen, um das Sommerklima während der letzten 2110 Jahren zu rekonstruieren. Stabile Isotope in Baumringen liefern jährlich aufgelöste und kalendergenau datierte Informationen über die Veränderungen des Wasserklimas, und das über recht lange Zeiträume hinweg.

„Die jüngsten sommerlichen Dürreperioden und Hitzewellen hatten in Europa verheerende ökologische und ökonomische Folgen“, sagt Büntgen, das werde sich verschlimmern, wenn die globale Erwärmung weiter zunehme. „Wir sind uns alle dieser Anhäufung von außergewöhnlich heißen und trockenen Sommern bewusst, aber wir brauchen eine präzise Rekonstruktion der historischen Situation“, erläuterte Büntgen. Erst im historischen Vergleich ließen sich die jüngsten Extremereignisse richtig einordnen.

Büntgen und seine Kollegen aus Tschechien, Deutschland und der Schweiz, darunter auch Wissenschaftler der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität, analysierten insgesamt 27.000 Messungen der Isotopenverhältnisse von 147 europäischen Eichen – es entstand daraus eine einmalig detaillierte Datensammlung über die hydroklimatischen Bedingungen in Mitteleuropa seit dem Römischen Reich. Die Baumproben stammten von historischen Brunnen, Gebäuden und Pfahlbauten sowie von lebenden Bäumen aus Gebieten der Tschechischen Republik und Regionen in Südostbayern.

Das Ergebnis erschreckte die Forscher durchaus: Zwar habe es in den vergangenen 2000 Jahren immer wieder Dürreperioden gegeben und sehr trockene Sommer, so etwa in den Jahren 40, 590, 950 und 1510 nach Christus, fanden die Forscher heraus. Doch seit 2015 habe sich die Dürresituation plötzlich verschärft, und das weit heftiger als zuvor: Europa erlebe seit 2015 die schlimmste Sommertrockenperiode innerhalb der zurückliegenden 2000 Jahre.

Der steile Abfall sei für die Land- und Forstwirtschaft „besonders alarmierend“, warnt der Co-Autor der Studie, der tschechische Professor Mirek Trnka vom CzechGlobe: „Das noch nie da gewesene Waldsterben in weiten Teilen Mitteleuropas unterstreicht unsere Resultate.“ Die jetzige extreme Abweichung sei „vermutlich das Ergebnis des vom Menschen verursachten Klimawandels“, betonen die Wissenschaftler, deren Ergebnisse nun in dem renommierten Fachjournal „Nature Geoscience“ veröffentlicht wurden.

Für die Ergebnisse dürften sich auch die Trinkwasserversorger interessieren. Hier wissen sie, dass Wasser „eine sich stark verknappende Ressource ist“, wie der Vorstand der Mainzer Stadtwerke, Daniel Gahr, sagt. Rund 25 Prozent weniger Grundwasser wurden im Schnitt in den vergangenen 15 Jahren gebildet, gleichzeitig erreichte der Wasserverbrauch Rekordhöhen: In Mainz wurden an einem Augusttag 2020 allein 83.000 Kubikmeter Wasser verbraucht, 28.000 Kubikmeter mehr als an früheren Hitzetagen. Genau diese Verbrauchsspitzen stellten die Wasserversorger vor große Probleme, sagte der kaufmännische Geschäftsführer der Mainzer Netze, Mithun Basu.

In Mainz investieren sie deshalb 85 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren in neue Uferfiltratbrunnen am Rhein und den Ausbau der Wasserwerke. Zum heutigen Tag des Wassers wird zudem eine Informationskampagne gestartet, die für den bewussten Umgang mit der kostbaren Ressource werben will. „Wir alle haben mittlerweile Smartphones mit Wetter-Apps, damit kann man einiges tun“, sagt Basu. Denn warum müssten Autos genau am heißesten Tag gewaschen oder der Gartenpool erst dann mit Wasser gefüllt werden, fragt er. „Man kann das auch vorausschauend ein, zwei Tage vorher tun.“

Von unserer Mitarbeiterin Gisela Kirschstein

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