Deshalb werden jetzt viele Kunden die Briefe mit leichtem Herzrasen öffnen. In der Tat: Gas und Strom werden zum 1. Januar wieder teurer. Aber: Für Gaskunden erhöhen sich die Abschläge nicht erneut – wohl aber empfindlich die für den Stromverbrauch. Je nach Tarif sind bis zu 80 Prozent mehr zu bezahlen.
„Die hohen Einkaufspreise, aber auch gestiegene Umlagen zwingen uns dazu, die Preise zu erhöhen“, erklärt der Sprecher des größten kommunalen Energieversorgers im Land, Marcelo Peerenboom. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt er, wie sehr es die neuen Preise in sich haben und ob die Kunden die Soforthilfe des Staats im Dezember automatisch erhalten. Hier ein Überblick:
Wie erhalten Gaskunden die Soforthilfe im Dezember?
Für rund 110.000 Gaskunden der EVM entfällt der Abschlag für Dezember. Nach den Beschlüssen von Bundestag und Länderkammer übernimmt der Staat die Kosten. In der Regel müssen Kunden nicht aktiv werden. „Denn die EVM zieht keine Abschläge für Gas im Dezember ein. Wer einen Dauerauftrag hat, kann den für Dezember aussetzen oder sich das Geld für die Jahresrechnung 2023 gutschreiben lassen“, erklärt Peerenboom weiter. Der Abschlag bemesse sich nach dem Jahresverbrauch mit Stichtag September. Wurde die Wohnung erst im Oktober bezogen, orientiere sich der Entlastungsbetrag, den der Staat zahlt, an der Verbrauchsprognose, die für diese Wohnung für September galt, sagt Peerenboom. Wer als Mieter keinen eigenen Vertrag mit der EMV hat, erhält das staatliche Geschenk wohl aber erst mit der Nebenkostenabrechnung des Vermieters im nächsten Jahr. Noch mehr Details will der Versorger bis zum 21. November auf seiner Internetseite veröffentlichen.
Wie erhöht sich der Gaspreis?
Im August war der Schock enorm: Um eine etwa 130 Quadratmeter große Wohnung bei einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh Gas zu heizen, muss ein Haushalt seitdem 2680 Euro plus den Grundpreis von 203,90 Euro bezahlen – also etwa 1000 Euro im Jahr mehr als bisher. Hinzu kamen in einer Familie mit zwei Kindern 312 Euro mehr an Stromkosten pro Jahr. Jetzt steigen die Preise wieder – bei einer Wohnung von 70 Quadratmetern und einem Verbrauch von 10.000 Kilowattstunden (kWh) Gas um 21 Euro im Monat. Aber trotzdem werden keine höheren Abschläge fällig. Der Hintergrund der vermeintlichen Kuriosität, so Peerenboom: „Die EVM hatte die Abschläge nicht noch einmal angepasst, nachdem die ursprünglich geplante Gasbeschaffungsumlage entfallen war. Der Gaspreis steigt um 2,53 Cent pro Kilowattstunde (kWh). In dieser Höhe hätte sich in etwa auch die Gasumlage bewegt“, die der Bund dann nach hektischer Debatte gestoppt hatte. Übrigens kosteten die EVM die letztlich überflüssigen Briefe an die Kunden etwa 200.000 Euro, wie es auf Nachfrage heißt. Preisdämpfend wirkt nun auch die Tatsache, dass die Umsatzsteuer auf Gas für einen Zeitraum von 18 Monaten auf 7 Prozent gesenkt wird.
Wie teuer wird der Strom?
Auf teils drastisch steigende Kosten müssen sich die rund 188.000 Stromkunden gefasst machen. Sie hängen vom jeweiligen Tarif im Vertrag ab. In der Grundversorgung erhöht sich der Arbeitspreis um rund 13,99 Cent pro kWh auf 49,90 Cent pro kWh. Ein Vier-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von rund 5000 kWh pro Jahr zahle also in der Grundversorgung 2023 rund 208 Euro für Strom pro Monat – rund 58 Euro pro Monat mehr. Wird eine Wärmepumpe genutzt, fallen im Vier-Personen-Haushalt 75 Euro an. In Sonderverträgen steigt der Preis für eine Kilowattstunde um 24,4 Cent. Wer den sogenannten Mobilstrom für sein E-Auto nutzt, müsse wohl 80 Prozent mehr zahlen, hat der Sprecher schon einmal für sich ausgerechnet. Wer mit Strom heizt (Nachtspeicherheizung zum Beispiel), muss 15 Cent mehr als bisher zahlen.
Wie wird sich die angekündigte Strom- und Gaspreisbremse auswirken?
Noch ist das notwendige Gesetz nicht beschlossen. Offen ist auch, wann die Bremse greift. Nach bisherigen Vorschlägen sollen der Strompreis bei 40 Cent und der Gaspreis bei 12 Cent gedeckelt werden. Die EVM-Kunden müssten dann in der Grundversorgung beim Strom 9 Cent und beim Gas 4,6 Cent weniger zahlen. „Alle Kunden werden darüber individuell und schriftlich informiert“, kündigt die EVM an. Diese Briefaktion dürfte sie nach interner Kalkulation wieder 500.000 Euro kosten.
Wie hart trifft es Gewerbekunden?
Dies lässt sich, so Peerenboom, pauschal nicht sagen. Jeder Betrieb habe seine eigenen Verträge, teils auch mit festen Laufzeiten. Für einige Großkunden ändere sich der Preis jeden Monat.
Wie schnell wird der Gashahn zugedreht oder der Strom abgestellt?
Die Kundenberater sehen sich am Telefon mit vielen verzweifelten Menschen konfrontiert, die leider ihre Emotionen auch an ihnen abladen, obwohl sie an der angespannten Lage völlig unschuldig sind. Wer aber plötzlich seine Rechnungen nicht mehr bezahlt, wird angeschrieben. Es folgen noch zwei Mahnungen und dann die Sperrandrohung. „Der Sperrmonteur startet dann einen letzten Versuch, doch eine Lösung zu finden“, schildert Peerenboom das Vorgehen des Versorgers. Es seien auch kleinste Raten möglich, um die Rechnung abzustottern. Teils könnten auch Hilfsfonds einspringen. Sein Rat: Sich bei einem Zahlungsproblem frühzeitig an die EVM wenden und die Briefe nicht einfach ignorieren.
Wie reagiert die EVM auf die Turbulenzen am Markt?
Sie agiere vor allem am sogenannten Terminmarkt, an dem Mengen teilweise weit im Voraus eingekauft werden, heißt es. Nur eine relativ geringe Restmenge müsse dann noch zu aktuellen Preisen eingekauft werden. Dadurch könnten Schwankungen am Markt abgefangen werden. Mit dieser Strategie sei es gelungen, Strompreise für treue Kunden seit 2020 stabil zu halten und beim Gas „fielen die Erhöhungen nicht ganz so hoch aus wie oft bei der Konkurrenz“. Aber Fakt sei auch: „Der Strompreis hat sich im vergangenen Jahr beispielsweise verfünffacht, der für Erdgas mehr als versechsfacht.“ Die milde Witterung und die bereits gefüllten Gasspeicher hätten zwar den Markt aktuell etwas entspannt, aber „die Preise sind weiter auf einem nie zuvor da gewesenen Niveau“.
Mehr Infos zum Umgang mit den hohen Kosten samt Spartipps und Tarifrechner finden sich unter www.evm.de/energiekrise