Rheinland-Pfalz
Schulen, Impfen, Altenheime: Was hat Rheinland-Pfalz aus der Corona-Pandemie gelernt?​
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Wurde zu viel Druck auf Ungeimpfte gemacht? Auch dazu hat der Gesundheitsausschuss Experten angehört.
Marijan Murat/dpa

Vier Jahre nach Pandemie-Beginn hat sich der Gesundheitsausschuss im rheinland-pfälzischen Landtag mit der Frage beschäftigt: Was ist aus Corona für künftige Pandemien zu lernen? Einig sind sich die Politiker bei den Einschränkungen für Kinder und Jugendliche. ​

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Schon mehr als vier Jahre ist es her seit dem ersten Lockdown. Corona legte das öffentliche Leben teils komplett lahm. 183.000 Menschen starben nach Angaben des Robert-Koch-Instituts in Zusammenhang mit Covid-19. Die Pandemie ist schon länger vorbei. Noch immer beschäftigt sie allerdings die Politik. Der Gesundheitsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags hatte kürzlich Experten etwa aus den Bereichen Virologie, Psychologie und Pflege geladen, um für künftige Pandemien zu lernen. ​

Die Mehrheit der Politiker war sich nun einig, dass Rheinland-Pfalz im Großen und Ganzen gut durch die Pandemie gekommen ist. „Das Ziel, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, wurde erreicht“, sagte etwa der SPD-Abgeordnete Oliver Kusch. Dass es einige Maßnahmen gab, die über das Ziel hinausschossen – und negative Folgen hatten – war ebenso Konsens. Vor allem für Kinder und ältere Menschen. ​

Fehler bei Spielplätzen, Schulen und alten Menschen ​

Man müsse sich fragen, ob es sinnvoll gewesen sei, Menschen, die nur noch einen überschaubaren Zeitraum leben, „von allen sozialen Kontakten abzuschneiden“, sagte der Freie-Wähler-Abgeordnete Helge Schwab. Angehörigen hätte auch nicht der Kontakt zu sterbenden Familienmitgliedern verwehrt werden dürfen, erklärte der Ausschussvorsitzende und Grünen-Politiker Josef Winkler. Auch sei die „Rolle von Kindern und Jugendlichen falsch eingeschätzt“ worden. Maßnahmen, die diese Gruppe voneinander fern halten sollten, bezeichnete Winkler als „unnötig“. Psychische Schäden waren die Folge, wie Wissenschaftler bereits während der Pandemie erklärten. ​

„Aus heutiger Sicht hätten wir niemals Spielplätze schließen und vor allem sehr viel früher wieder eine Präsenz in den Schulen zulassen sollen“, sagte bereits vor wenigen Monaten der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) im Interview mit dem Trierischen Volksfreund. Aber: Nach dem damaligen Kenntnisstand habe man alles richtig gemacht. So sah es auch die Mehrheit des Ausschusses. Wegen der großen Unsicherheit über den Erreger habe man wir in dieser Zeit „mit größtmöglicher Vorsicht agieren“ müssen, so Winkler (Grüne).

Dafür gab es auch Zustimmung aus der Opposition von Schwab (Freie Wähler): „Dass nicht immer alles rund lief, liegt in der Natur der Sache“ Es habe keine Blaupause gegeben. Der AfD-Fraktionschef Jan Bollinger hingegen argumentierte, es sei bereits sehr früh ersichtlich gewesen, dass Kinder und Jugendliche keine „maßgebliche Rolle beim Infektionsgeschehen spielten“, Auch das Tragen von Masken sei ineffektiv gewesen. ​

Zu viel Druck auf Impfskeptiker ​

Die Debatte ums Impfen sei damals „rhetorisch aus dem Ruder gelaufen“, sagte Winkler (Grüne). Mit einer bedrohlichen Kulisse habe man sich keinen Gefallen getan, vielmehr hätte es mehr Anreize geben müssen. Prof Fred Zepp, ehemaliger Direktor Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz, hatte im Ausschuss zwar von 25 Prozent impfskeptischen Menschen berichtet. Diese lehnten Impfungen aber nicht generell ab, vielmehr wollten sie „vertieft informiert werden“. „Einen Teil dieser Menschen haben wir in der Pandemie verloren, weil wir – nicht Rheinland-Pfalz, sondern die Gesellschaft in Deutschland – sie sozial als Menschen, die sich nicht den​ allgemeinen Zielen unterordnen wollen, ausgegrenzt haben“, sagte Zepp.​

Land baut Materiallager für Pandemien auf ​

Der CDU-Abgeordnete Christoph Gensch sprach sich für die Einrichtung eines Landesgesundheitsamts zur besseren Vernetzung aus. Weil es teils sehr unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern gab, forderte Michael Wäschenbach (CDU) auch mehr Bundeskompetenz bei der Bekämpfung von Pandemien. Aus Sicht der FDP braucht es mehr Digitalisierung, damit der Datenaustausch im Gesundheitswesen künftig besser funktioniert. Die rheinland-pfälzische Landesregierung baut indes ein Materiallager für Schutzausrüstung in Andernach für 8,2 Millionen Euro. Darin soll eine Landesreserve für Pandemien oder andere Krisen gelagert werden. Im Ernstfall sollen daraus Krankenhäuser oder Pflegeheime etwa mit Masken oder Schutzanzügen, die zu Beginn der Corona-Pandemie fehlten, versorgt werden. Der Bau soll 2025 fertig sein. ​

Forderung nach Untersuchungsausschuss ​

Fundamentalkritik zur Aufarbeitung kam von den Oppositionsparteien AfD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Der AfD reichte das kleine Format im Gesundheitsausschuss nicht. Der BSW-Abgeordnete Andreas Hartenfels sprach von einer „Brandmauer gegen Erkenntnisse“ und forderte gar einen Untersuchungsausschuss. ​

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