Rheinland-Pfalz/Berlin
Schärferes Strafrecht: Klöckner kündigt einen Gesetzentwurf von CDU und CSU gegen Antisemitismus und Hetze an
Hass und Hetze im Internet
Julia Klöckner kündigt einen Gesetzentwurf gegen Antisemitismus und Hetze an. (Illustration)
Fabian Sommer/Kay Nietfeld/Kevin Rühle. picture alliance/dpa/Kevin Rühle

Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU will noch in dieser Woche einen eigenen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Antisemitismus, Terror, Hass und Hetze ins Parlament einbringen. Dies teilte die rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion, Julia Klöckner, unserer Zeitung am Dienstag mit.

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Landgericht Mannheim
Symbolbild
Uwe Anspach. picture alliance/dpa/Uwe Anspach

In dem Entwurf, der unserer Redaktion vorliegt, heißt es zur Begründung: „Es ist unerträglich und nicht hinnehmbar, dass der Hamas-Terrorismus und Antisemitismus auf deutschen Straßen und Schulhöfen bejubelt wird.“ Im Verbund mit gewalttätigen Ausschreitungen, an Häuser geschmierten Davidsternen und dem versuchten Brandanschlag auf eine Synagoge in Berlin sei ein „Alarmsignal für die Demokratie“.

Nach Ansicht Klöckners und der Union weist das deutsche Strafrecht „Schutzlücken“auf, die es dringend zu schließen gelte. Dies betreffe unter anderem das Demonstrationsrecht, das zunehmend missbraucht werde. Es sei aktuell kaum noch möglich, gegen einen harten Kern gewalttätiger Demonstranten vorzugehen, da dieser sich risikolos in einer größeren Menge friedlicher Menschen verstecken könne. Die Strafandrohung wegen Landfriedensbruch laufe so ins Leere.

Ebenfalls wieder strafrechtlich geahndet werden soll nach dem Willen der Union die Sympathiewerbung für kriminelle und terroristische Vereinigungen, die seit 2002 keinen eigenen Straftatbestand mehr darstelle. Auch juristische Maßnahmen wegen Volksverhetzung müssten, so heißt es in dem Entwurf weiter, verschärft werden. Der dafür bislang vorgesehene Strafrahmen sei zu niedrig. Für öffentlich geäußerten Antisemitismus solle der Tatbestand eines „besonders schweren Falles“ der Volksverhetzung eingeführt werden.

Wiederholt sich Geschichte doch?

Klöckner äußerte sich im Gespräch mit der Redaktion nach der Wiederkehr von einer USA-Reise, die sie unter anderem zur UN und zum American Jewish Comittee geführte hatte, einer Nicht-Regierungsorganisation, die sich weltweit um den Schutz jüdischer Menschen bemüht. „Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich“ – in diesen Satz lasse sich die Sichtweise des Komitees auf die aktuellen Ereignisse zusammenfassen. „Man zeigt dabei keineswegs nur mit dem Finger auf Deutschland, sondern ist durchaus selbstkritisch“, so Klöckner.

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Station der USA-Reise: Beim Leo Baeck Institute in New York nahm Julia Klöckner Dokumente jüdischer Emigranten in Augenschein.
Julia Klöckner/privat

In den USA, in Deutschland und in vielen anderen Teilen der Welt komme nun wieder etwas ans Tageslicht, das nie wirklich verschwunden gewesen sei. „Zu früheren Zeiten hat man sich nicht getraut, Antisemitismus offen zu propagieren, weil man dann Widerspruch bekommen hat oder sich allenfalls sicher sein konnte, in absolut schlechter Gesellschaft zu sein. Das aber ändert sich gerade vor unseren Augen“, so Klöckner weiter.

Gegen diese Entwicklungen seine klare Haltungen und Standpunkte das einzig wirksame Mittel. Diese aber lasse die Bundesregierung vermissen. Im Hinblick auf die kürzlich viel gelobte Rede von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne, wir berichteten) sagte Klöckner: „Wenn sich Deutschland bei der UN bei einer Abstimmung enthält und nicht an der Seite Israels steht, dann irritiert das nicht nur Israel und die Bevölkerung in Deutschland.“ Auch in New York hätten sie viele Gesprächspartner gefragt, warum Deutschland gerade in dieser Frage keine klare Meinung mehr habe.

„Was ist das Video von Herrn Habeck wert, wenn seine Parteikollegin (Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, Anm. d. Red.) gerade dann ein klare Haltung vermissen lässt? Enthaltung ist Wegducken“, urteilt die Abgeordnete aus Guldental im Kreis Bad Kreuznach. Wenn man eine Rede halte, wie Habeck sie gehalten habe, und diese Rede im Alltag aber folgenlos bleibe, dann wisse man, was sie wert sei: „Nicht mehr, als dass sie schnell in eine Kamera gesprochen worden ist.“

Dokumente aus der Heimat

Dokumente jüdischer Emigranten aus dem Kreis nahm Klöckner auf ihrer Reise auch beim Leo Baeck Institute in Augenschein. Das 1955 unter anderem von Hannah Arendt und Martin Buber gegründete Institut mit Zweigstellen in Jerusalem, New York, London und Berlin sichert deutsch-jüdisches Kulturgut für die wissenschaftliche Aufarbeitung. „Sogar aus Guldental habe ich etwas gefunden“, berichtet Klöckner. Wenn man die Briefe, Urkunden oder andere Schriftstücke lese und sich dann vergegenwärtige, wie sehr Juden aktuell wieder auch in Deutschland bedroht und angefeindet würden, dann „läuft es einem eiskalt den Rücken herunter“.

Mit dem Gesetzentwurf, der nach Darstellung Klöckners spätestens am Freitag eingebracht werden soll, wolle man dem neuerlichen Hass entgegentreten. Nach Darstellung der 50-Jährigen ist dies kein kurzfristig motivierter Versuch, politisches Kapital zu gewinnen. Sie persönlich habe vielmehr schon früher auf ungute Entwicklungen verwiesen. „Ich habe etwa 2016 eine Hausordnung für Deutschland gefordert. Aber damals wurde man wegen sowas gleich in die rechte Ecke gestellt.“

Aber es ist nicht in Ordnung, dass jede von Hass und Hetze erfüllte Vorstellung, die manche von ihnen leider mitbringen, auf diesem Weg ebenfalls in Deutschland Fuß fasst.

Julia Klöckner, rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete

Es sei damals wie heute, so Klöckner, absolut in Ordnung gewesen und sei es weiterhin, dass Menschen nach Deutschland kämen, um hier Fuß zu fassen. „Aber es ist nicht in Ordnung, dass jede von Hass und Hetze erfüllte Vorstellung, die manche von ihnen leider mitbringen, auf diesem Weg ebenfalls in Deutschland Fuß fasst.“ Dies gelte auch für frauenfeindliche Strömungen: „Die Forderung nach einem Verbot der Vollverschleierung wurde als Islamophobie abgetan. Dabei fallen wir, wenn wir einfach nur wegschauen, in Wahrheit mutigen Frauen in den Rücken.“

Hass und Hetze im Internet
Julia Klöckner kündigt einen Gesetzentwurf gegen Antisemitismus und Hetze an. (Illustration)
Fabian Sommer/Kay Nietfeld/Kevin Rühle. picture alliance/dpa/Kevin Rühle

Weitere Stationen der Reise Klöckners standen vor allem unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten. So traf die Politikerin unter anderem mit Vertretern der deutschen Außenhandelskammer zusammen. „Der Tenor war eindeutig: Während Europa in Bürokratie und Kleinstregulierung versinkt, schaffen die USA nicht nur über das Steuersystem attraktive Anreize für Firmen. Die Behörden sind dort viel mehr Dienstleister und Helfer als bei uns“, lautet Klöckners Fazit. Ähnlich, so Klöckner weiter, sei die Stimmung am Dienstagabend auch beim gemeinsamen parlamentarischen Abend der rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern gewesen (ausführliche Berichterstattung folgt).

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