Machtkampf in der Landes-FDP
Polit-Beben in Mainz: Kampfansage an Schmitt?
Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) steht in der Kritik. Zudem ist innerhalb der Landes-FDP ein Machtkampf zwischen ihr und Fraktionschef Philipp Fernis ausgebrochen.
Helmut Fricke. picture alliance/dpa

Der Machtkampf innerhalb der rheinland-pfälzischen FDP geht weiter: Im Zentrum steht Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt, gegen die Filz-Vorwürfe offenbar gezielt lanciert wurden. Sogar von einer offenen Kampfansage ist mittlerweile die Rede.

Rheinland-Pfalz. Der seit Mittwoch offen ausgebrochene Machtkampf innerhalb der rheinland-pfälzischen FDP spitzte sich am Freitag weiter zu. Hauptkontrahenten um das Amt des oder der Parteivorsitzenden seien, so war verschiedentlich zu hören, Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt und Fraktionschef Philipp Fernis. Zwischen beiden gebe es eine offene Kampfansage, frei nach dem Motto „Du oder ich“. Fernis verneinte dies am Freitagnachmittag allerdings.

Dennoch bestätigte sich die Berichterstattung unserer Zeitung weiter, die die Blockbildung zwischen zwei Lagern und deren heftige und teilweise unter der Gürtellinie ausgetragenen Dispute aufgedeckt hatte. Gegenüber stehen sich die Anhänger von Daniela Schmitt, die kürzlich bekannt gegeben hatte, für den Parteivorsitz kandidieren zu wollen, und ihre Kritiker, die von einer im internen Partei-Sprech als „Fantastische Vier“ bezeichneten Gruppe angeführt wurden oder werden: Volker Wissing, Philipp Fernis, Carina Konrad und Andy Becht.

Sogar von Subventionsbetrug ist die Rede

Der Kampf wird mit harten Bandagen ausgetragen. Das Portal „Business Insider“ hatte am Mittwoch von Filz-Vorwürfen wegen eines fünf Jahre alten Kredites sowie einer direkten Beteiligung über Risikokapital der landeseigenen Förderbank ISB an einer Firma von Schmitts Ehemann berichtet und dies zusätzlich mit genüsslichen Schilderungen gemeinsamer Delegationsreisen des Paares garniert. Parallel dazu wurde aus Parteikreisen die Wirtschaftskompetenz Schmitts in einer konzertierten Aktion als zu schwach ausgeprägt dargestellt.

Die Vorwürfe wurden ebenso detailliert wie hart formuliert. Sogar von „Subventionsbetrug“ wurde mit Blick auf den Kredit gesprochen. Schmitts Ehemann habe die geförderte Firma nur gegründet, um überhaupt Fördermittel bekommen zu können. Die Firma sei nur eine eigens dafür gegründete Hülle.

Von unserer Zeitung am Freitag darauf angesprochen, explodierte ein Mitglied des damaligen Verwaltungsrats der ISB regelrecht am Telefon: „Was hätte der Mann denn machen sollen? Seinen Kredit in Hessen beantragen, nur weil er mit Frau Schmitt verheiratet ist?“ Die Förderung sei ein üblicher und ordentlicher Organkredit gewesen. Schmitt habe sich jederzeit absolut transparent verhalten und an der Entscheidung nicht mitgewirkt. Schmitt war nach gesicherten Informationen bei der Sitzung zwar anwesend, enthielt sich aber und hatte zuvor über die Beziehung zum Antragsteller informiert. Die Ansichten, ob sie sich damit ausreichend rechtskonform verhalten habe, gingen am Freitag weiterhin auseinander.

Die ISB sagte gegenüber unserer Zeitung, man könne wegen Datenschutz und Bankgeheimnis nichts zur Höhe der Beteiligungssumme sagen, aber sie habe damals üblichen Konditionen entsprochen. Der Kredit wiederum sei als Organkredit nach Paragraf 15 Kreditwesengesetz vorschriftsgemäß gewährt worden.

Schmitts Unterstützer melden sich zu Wort

Gleichwohl wurde der Vorfall jetzt - mitsamt den Delegationsreisen nach Brasilien, Indien, Paris und Ruanda - zum Kern einer Attacke gegen Schmitt. Sie wurde vollständig aus dem Hintergrund vorgetragen. Auch diejenigen innerhalb der FDP, der Wirtschaft oder der Verbände, die trotz der ihrer Meinung nach gezielt über den „Business Insider“ lancierten Vorwürfe weiterhin zu Schmitt halten, schwiegen zunächst. Ralf Hellrich, Geschäftsführer der Handwerkskammer Koblenz, war am Freitag der Erste, der sich öffentlich persönlich positionierte: „Ich kann insbesondere die Kritik an Daniela Schmitts angeblich mangelnder Wirtschaftskompetenz in keiner Weise nachvollziehen.“ Er erlebe Schmitt vielmehr als verlässliche und detailkundige Sachwalterin der rheinland-pfälzischen Unternehmen, etwa bei den Themen Aus- und Weiterbildung: „Das sehe ich bei anderen auch nicht ansatzweise in einer solchen Qualität“, so Hellrich.

Ähnliche Einschätzungen kamen aus den Reihen der Koblenzer FDP: Es sei keineswegs so, dass große Teile der Wirtschaft mit den Ergebnissen der Politik Schmitts unzufrieden seien, heißt es in einer Mail an die Redaktion. Vielmehr könne man versichern, dass eher das Gegenteil der Fall sei. Schmitt habe sich immer wieder für viele Unternehmen und deren Belange „aktiv eingesetzt“. Mit dieser „Pro-Schmitt-Einstellung“ stehe man auch innerhalb der Partei keineswegs allein.

Aber da gibt offensichtlich auch die anderen, angeführt von den „Fantastischen Vier“. Vielleicht waren oder sind es seit dem Parteiaustritt Volker Wissings im November 2024 auch nur noch drei. Am Freitag legte man jedenfalls durchaus Wert auf diese Darstellung, die aber somit gleichzeitig die Existenz dieser Gruppe bestätigte. Auch der Satz, es gebe diese Achse, aber nicht als homogen agierende Gruppe, war zu hören. Immerhin so homogen aber, dass man Schmitt tatsächlich vor einiger Zeit mit den Vorwürfen, ihr Amt nicht engagiert genug auszuüben, konfrontiert habe. Die diesbezügliche Berichterstattung unserer Zeitung entspreche der Wahrheit. Allerdings habe nicht (mehr) Volker Wissing an diesem Treffen neben den drei anderen Schmitt-Kritikern teilgenommen, sondern der zwischenzeitlich verstorbene damalige Justizminister Herbert Mertin.

Nach wie vor unklar ist aber, wer den „Business Insider“ gezielt mit für Schmitt heiklen Informationen versorgt haben könnte. Alle von unserer Zeitung dazu Befragten stritten am Freitag eine Beteiligung ab. Die zeitliche Parallelität zwischen dem offenen Rennen um den Parteivorsitz und der Veröffentlichung sei aber ebenso auffällig wie für die FDP unglücklich.

„Krisenmanagement ist quasi nicht vorhanden“

Laut Schmitt selbst ging die Anfrage des „Business Insider“ am Montag bei ihr ein. Und seitdem stehen sich zwei Lager offen gegenüber. Nächsten Donnerstag muss sich Schmitt in einer von der CDU beantragten Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses des Landtages erklären, am Montag darauf tagt der FDP-Landeshauptausschuss, der den Landesparteitag vorbereiten soll. Bis dahin versuche man, so Philipp Fernis am Freitag, die gegen Schmitt im Raum stehenden Vorwürfe parteiintern zu klären und auf Basis dieser Klärung zu einer Lösung zu kommen. Die Darstellung, er habe seit dem Erscheinen des Textes im „Business Insider“ Schmitt mit der Aussage „Du oder ich“ konfrontiert, sei falsch. Auch wolle er nicht spekulieren, wer nach fünf Jahren Interna der ISB an die Presse durchgestochen haben könnte.

Dass Schmitt und mit ihr die gesamte rheinland-pfälzische FDP durch die jetzt ausgebrochene Schlammschlacht auch vor einer wie auch immer gearteten abschließenden Lösung einigermaßen beschädigt sei, sah allerdings auch Fernis so. Und zumindest in dieser Hinsicht ist er sich mit dem Chefredakteur des „Business Insider“ einig, den die Rhein-Zeitung am Freitag auf einer Tagung am Tegernsee erreichte. Ein Krisenmanagement, so der Journalist, sei in Mainz quasi nicht vorhanden.

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