Vollversammlung HwK Koblenz
„Parlament des Handwerks“ setzt wichtige Zielmarken
Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt setzt sich dafür ein, dass das Sondervermögen des Landes künftig auch für Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz oder Robotik in den überbetrieblichen Bildungsstätten des Handwerks genutzt werden kann – im Bild zusammen mit (von rechts) Joachim Noll, Kurt Krautscheid, Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich und Mark Scherhag.
Jörg Diester/HwK Koblenz

Das Handwerk in Rheinland-Pfalz fühlt sich im politischen Diskurs übergangen. Bei der Vollversammlung der Handwerkskammer Koblenz standen daher klare Forderungen an die Politik im Vordergrund. 

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Die Vollversammlung der Handwerkskammer (HwK) Koblenz, das „Parlament des Handwerks“, hat bei ihrer jährlichen Sitzung klare Signale gesetzt: Das Handwerk fühlt sich von der Politik übergangen und fordert mehr Anerkennung sowie faire Rahmenbedingungen. Kammerpräsident Kurt Krautscheid übt scharfe Kritik an Wirtschaftstreffen in Berlin, die seiner Meinung nach das Handwerk systematisch ignorieren.

„Diese sogenannten Wirtschaftsgipfel sind eine Respektlosigkeit gegenüber dem Handwerk!“, betonte Krautscheid. Während die Industrie über Strompreissenkungen verhandele, werde das Handwerk mit seinen 5,6 Millionen Betrieben in Deutschland nicht berücksichtigt. „Offensichtlich funktionieren wir zu gut und zu geräuschlos, als dass man uns als wichtigen Teil der Wirtschaft wahrnimmt.“ Krautscheid kritisierte zudem, dass der von der Bundesregierung angekündigte „Herbst der Reformen“ in einen „Winterschlaf“ verfalle: „Was bisher geschehen ist, löst im Handwerk eher Enttäuschung und Frustration aus.“

Wenig Anlass zur Euphorie löse auch der jüngste Konjunkturbericht aus – auch für die erste Jahreshälfte 2026 werde kein nachhaltiger Aufschwung erwartet. Um hier gegensteuern zu können, ist nach Krautscheids Meinung eines notwendig: „Was wir brauchen, ist ein wirklicher Aufbruch, ein sichtbares wie auch spürbares Engagement pro Wirtschaft – und damit meine ich alle Wirtschaftsbereiche, und nicht einige ausgesuchte, die subventioniert werden!“

Ministerin wirbt für Stärkung der dualen Ausbildung

Als Gastrednerin warb Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) für eine Stärkung der dualen Ausbildung. Sie kritisierte, dass „immer häufiger Schulabgänger nicht ausbildungsfähig“ seien und warnte: „Das Leistungsprinzip in den Schulen darf nicht zulasten der Lernstarken auf Mittelmaß heruntergestutzt werden.“ Dies verschärfe die Fachkräftesicherung, da auch im Handwerk Kenntnisse in Mathematik und anderen Fächern essenziell seien.

Schmitt kündigte an, das Landessondervermögen künftig auch für Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz und Robotik in den überbetrieblichen Bildungsstätten des Handwerks zu nutzen: „Damit sorgen wir dafür, dass die Aus- und Weiterbildung auf höchstem Niveau bleibt. Gerade die Bildungszentren des Handwerks sind Orte, an denen Zukunft praktisch gelernt wird.“ Die Ministerin forderte zudem einen „Perspektivwechsel“ in der gesellschaftlichen Debattenkultur: „Wir haben ein Stück weit verlernt, uns über Arbeit, Erfolge und Verantwortung zu freuen.“ Es brauche „mehr Kraft aus der politischen Mitte heraus“, weg von extremen Sichtweisen.

Vergaberecht treibt Handwerk um

Ein zentrales Thema der Vollversammlung war das Vergaberecht. Die HwK sprach sich für den Grundsatz von Teillos- und Fachlosvergaben aus und forderten eine Vereinfachung des Vergaberechts. Zugleich betonten Kammerpräsident Krautscheid und Joachim Noll: „Generalunternehmen als Auftragnehmer sind keine Lösung.“ Noll ist Vizepräsident, er vertritt die Arbeitnehmerseite. Die Arbeitgeberseite wird neben Krautscheid von Mark Scherhag vertreten, der ebenfalls als Vizepräsident fungiert.

Generalunternehmen würden Aufträge zu weniger attraktiven Konditionen weiterreichen und viele Handwerksbetriebe zu „bloßen Erfüllungsgehilfen“ degradieren, so Krautscheid und Noll. Zwei Drittel der Kammerbetriebe könnten derzeit an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen – dieser Zugang dürfe nicht eingeschränkt werden. Noll forderte zudem stärkere Tarifbindung: „Nur mit guten Tarifverträgen lässt sich junges Personal dauerhaft binden.“

Forderungen für die Landtagswahl

Ein genereller Bürokratieabbau bei Land und Kommunen sowie verbesserte Rahmenbedingungen für das Handwerk gehören auch zu fünf Punkten eines Forderungspakets für die Landtagswahl, das von der Vollversammlung verabschiedete wurde und das von, so die HwK, von allen wichtigen Handwerksorganisationen des Landes getragen wird. Die weiteren Punkte sind eine Bildungsoffensive, um Fachkräfte zu gewinnen, die Ankurbelung des Wohnungsbaus und die Modernisierung der Infrastruktur sowie die Schaffung kommunaler Investitionsspielräume. red

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