Zwar gab es ein Gespräch zwischen Lieberberg und NR Holding AG, Mehrheitsgesellschaft an der Rennstrecke, über die Zukunft des Rings als Open-Air-Standort (die RZ berichtete). Grundlage für Überlegungen soll aber sein, dass alle „gerichtlichen Verfahren“ beigelegt werden. Das könnte zum Problem werden – und die Hoffnung auf eine neue Großveranstaltung in die Ferne rücken.
Denn den Streit um die Marke „Rock am Ring“ führt nicht die Holding selbst, sondern die Sachverwalter der insolventen Nürburgring GmbH, Jens Lieser und Professor Thomas Schmidt. Nach deren Worten läuft das Gerichtsverfahren „nach wie vor, und wir halten auch weiter daran fest.“ Ein Gerichtstermin stehe noch nicht fest. Als Treuhänder der Gläubigerinteressen sehen sich beide „verpflichtet, die Vermögenswerte des insolventen Unternehmens zu verwerten“. Allerdings gebe es „immer noch die Möglichkeit“, sich außergerichtlich zu einigen, wenn Lieberberg „ein attraktives Angebot erfolgen würde“, betonen die Sachwalter.
Von der RZ darauf angesprochen, reagierte dieser deutlich: „Wir haben mit den Gesprächen einen Schritt nach vorne gemacht, jetzt gehen wir wieder drei zurück – dank der Insolvenzgesellschaft. NR Holding und die Insolvenzgesellschaft sollen sich verständigen. Ich habe kein Angebot zu machen. Ich führe keine Verhandlungen über die Medien.“
Die Sachverwalter wiederum weisen auf die für sie bindende Rechtslage hin. Während Lieberberg den Titel „Rock am Ring“ als seine Erfindung für sich reklamiert, sehen sie dies anders: „Die Gesellschaft, die Inhaber des Werktitels ist, gehört zu 50 Prozent zur Insolvenzmasse. Die Insolvenzordnung gibt uns hier klare Vorgaben vor. Als Treuhänder der Gläubigerinteressen können wir diesen Vermögenswert nicht ohne Gegenwert einem Dritten überlassen.“ Daher sehen sie nur zwei Möglichkeiten: Man einige sich außergerichtlich – „falls die Marek Lieberberg Konzertagentur uns ein attraktives Angebot für die Überlassung der Werktitelrechte unterbreitet“ – oder man erwirkt bei Gericht ein Urteil. Dieser Streit hat im einstweiligen, also noch nicht endgültigen Verfahren bereits das Landgericht Koblenz und das Oberlandesgericht (OLG) beschäftigt. In erster Instanz gewannen die Sachwalter, in zweiter Lieberberg. Der Prozess im Hauptsacheverfahren würde wieder beim Landgericht Koblenz beginnen.
Klar scheint derzeit also nur zu sein, dass überhaupt nichts klar ist. Entsprechend gelassen reagiert man in Mendig, dem neuen Austragungsort von Rock am Ring, auf die Annäherung zwischen Lieberberg und der NR Holding AG. Jörg Lempertz und Hans Peter Ammel, Bürgermeister von Verbandsgemeinde (VG) und Stadt Mendig, berichten, dass Lieberberg sie vorab über die Gespräche informiert habe. Lempertz spricht von einer „partnerschaftlichen Zusammenarbeit“. Dass der Konzertveranstalter Mendig verlassen und sein Festival wieder am Nürburgring ausrichten könnte, weist er zurück.
Der VG-Bürgermeister hebt hervor, dass die Fans den neuen Standort mit Begeisterung aufgenommen haben. Mit 90 000 Besuchern ist das Festival in Mendig schon lange ausverkauft. „Wir gehen davon aus, dass Rock am Ring bei uns gesetzt ist“, betont Lempertz. Dem pflichtet sein Kollege Ammel bei. „Dass die neuen Eigner am Nürburgring versuchen, etwas zu retten, ist verständlich“, sagt Mendigs Stadtbürgermeister. Mit Blick auf Rock am Ring „betrachten wir das Ganze aber mit aller Ruhe“.
Passend dazu betonte Lieberberg erneut: „Es gibt keine Konkurrenz zu Rock am Ring. Das ist in Mendig. Ich könnte mir am Nürburgring ein Elektronikfestival zu einem anderen Zeitpunkt vorstellen.“ Insgesamt sei es für Aussagen dazu aber deutlich zu früh.
Hintergrund des Hickhacks ist, dass Lieberberg mit seinem Festival vom Nürburgring nach Mendig gezogen ist, weil sich der neue Eigner Capricorn und Lieberberg 2014 nicht auf eine Fortsetzung einigen konnten. Die Sanierer der insolventen Rennstrecke hatten im Anschluss erreichen wollen, dass Lieberberg Rock am Ring nicht ohne ihre Zustimmung organisieren oder bewerben darf. Als Ersatz sollte am Nürburgring das Festival „Der Ring“ stattfinden, Veranstalter DEAG zog damit aber im letzten Moment nach Gelsenkirchen, sodass der Nürburgring ohne größeres Musikfestival dasteht. Rock am Ring findet vom 5. bis 7. Juni auf dem Flugplatz Mendig statt.
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