Nach einer Auseinandersetzung auf der Wittlicher Säubrennerkirmes im vergangenen Jahr wurden zwei Angehörige des US-Militärs als Tatverdächtige festgenommen. Nach der Auseinandersetzung erlag ein 28-jähriger Wittlicher den Verletzungen, die ihm mit einem Messer zugefügt wurden. Der Prozess soll klären, inwieweit ein Soldat der US Air Force in diesen Zwischenfall verwickelt war. Er sitzt seit seiner Festnahme nach der Bluttat im vergangenen Sommer in Haft. Diese Haft hat zwar dieselbe Funktion wie die deutsche Untersuchungshaft, kann aber nicht komplett mit ihr verglichen werden, da es das zeitliche Limit der deutschen „U-Haft“ vom maximal sechs Monaten, in begründeten Fällen maximal zwölf Monaten, in dieser Form nicht gibt.
Ursprünglich sollte der Prozess Ende Mai beginnen, wurde dann aber verschoben, um mehrere wichtige vorprozessuale Fragen zu klären, darunter die Prüfung zusätzlicher Beweise. Die Verhandlung ist nun für den Zeitraum vom 30. September bis zum 11. Oktober 2024 angesetzt. Der neue Verhandlungszeitraum wurde festgelegt, damit die Anwälte, Sachverständigen und Zeugen, die an dem Fall beteiligt sind, zur Verfügung stehen.
Prozess nach amerikanischem Militärrecht
Da es sich bei dem Angeklagten um einen Militär-Angehörigen handelt, wird der Prozess nach amerikanischem Militärrecht verhandelt, das sich vom deutschen Recht unterscheidet. Während im deutschen Recht der Richter schlussendlich das Urteil fällt, setzt das amerikanische Recht, sowohl im militärischen wie auch im zivilen Bereich auf die Jury, eine Gruppe von neutralen Personen aus der Gesellschaft, die das Urteil beschließt.
Die Presse-Abteilung der US Air Base Spangdahlem hat daher dem “Trierischen Volksfreund" (TV) mehrere Fragen dazu beantwortet.
Militär-Prozesse sind generell in zwei Phasen unterteilt. Die erste Phase des Prozesses nennt sich „Findings“. In dieser Phase ist es der Anklage und der Verteidigung erlaubt, Beweismittel anzuführen, die relevant sind, um über die Schuld des Angeklagten zu entscheiden. Diese Phase beginnt mit den Erklärungen von Anklage und Verteidigung, in denen sie darstellen, was sie von der Vorstellung der Beweismittel erwarten.
Der Angeklagte gilt als unschuldig, bis er beweisbar schuldig ist. Wenn der Angeklagte jeglicher Anklage schuldig ist, geht der Prozess unmittelbar in die Urteilsphase (Sentencing phase). Während dieser Phase ist es sowohl Verteidigung als auch Anklage erlaubt, zusätzliche Beweismittel mit dem Ziel der Erhöhung oder der Verminderung der Schuld einzubringen, sodass das Gericht über eine angemessene Strafe des Angeklagten entscheiden kann.
Zeitplan kann sich jederzeit ändern
Zum Prozess zählen auch diverse Anhörungen noch vor der „Findings“-Phase ebenso wie die Auswahl der Jury. Der Zeitplan des Prozesses ist indes nur eine ungefähre Schätzung und kann sich immer wieder ändern.
Generell laufen zivile wie militärische Prozesse ähnlich ab. Sie folgen denselben Regeln für die Beweisaufnahme, haben gleiche Phasen und gründen auf den verfassungsgemäßen Bedingungen der Fairness. Es gibt allerdings auch Unterschiede.
Jury besteht aus Militärangehörigen
Der bedeutendste Unterschied betrifft die Zusammensetzung des Gerichts und die rechtlichen Voraussetzungen für die Schuldfeststellung. In der zivilen Welt bestehen Geschworene aus Mitgliedern der Öffentlichkeit und ihr Urteil muss einstimmig sein, um eine Verurteilung herbeizuführen. Bei einem Kriegsgericht besteht die Jury ausschließlich aus Militärangehörigen, und nur drei Viertel der Jury müssen zustimmen, um den Angeklagten zu verurteilen.
Wenn sich der Angeklagte dafür entscheidet, dass sein Fall vor einem Geschworenengericht statt vor dem Militärrichter verhandelt wird, besteht das Geschworenengericht ausschließlich aus Militärangehörigen. Die Größe der Jury ist bei einem Kriegsgericht auf acht Mitglieder festgelegt. Handelt es sich bei dem Angeklagten um einen Offizier, besteht die Jury ausschließlich aus Offizieren.
Uniform Code of Military Justice gibt die Höchststrafen vor
Der Angeklagte hat dabei das Recht zu wählen, ob er von einem Richter oder einer Jury verurteilt wird. Entscheidet sich der Angeklagte für ein Verfahren vor Geschworenen und wird er für schuldig befunden, kann er wählen, ob er von denselben Geschworenen oder vom Militärrichter verurteilt werden möchte. Entscheidet sich der Angeklagte für ein Verfahren vor einem Militärrichter und wird er eines Vergehens für schuldig befunden, wird er vom Militärrichter verurteilt.
Die Höchststrafen für jede Straftat sind im Uniform Code of Military Justice gesetzlich vorgeschrieben. Bei einer Verurteilung in allen Anklagepunkten wäre die Höchststrafe in diesem Fall lebenslange Haftstrafe, eine unehrenhafte Entlassung, Herabstufung in die niedrigste Dienststufe und der vollständige Verlust aller Bezüge und Zulagen.