Der zehnte Kanzler heißt Friedrich Merz. An ihm, der drei Anläufe nehmen musste, um an die Spitze seiner Partei zu gelangen, und am Führungsanspruch der CDU führt nach dem Wahlergebnis kein Weg vorbei. Keine vier Jahre nach dem historischen Tiefpunkt und dem Machtverlust kehren die Christdemokraten zurück ins Kanzleramt. Allerdings, mit dem zweitschlechtesten Ergebnis seit 1949. Und das ist eine schwere Hypothek für die Regierungsbildung.
Die Ampel ist nach ihrem selbst erklärten politischen Bankrott nachträglich auch vom Wähler abgestraft worden. Die SPD holt das mit Abstand schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Die Grünen erreichen mit Robert Habeck nicht einmal das für sie enttäuschende Ergebnis aus 2021. Die FDP bezahlt die vorgezogene Neuwahl, die sie selbst auslöste, mit dem Scheitern an der 5-Prozent-Hürde. D(ebakel)-Day für Lindners Liberale. Der Parteichef nimmt konsequenterweise seinen Hut. Sicher nicht die letzte personelle Konsequenz aus dem Wahlergebnis in den Reihen der Ampelparteien.
Mehrheit für Politikwechsel
Was eint die scheinbar so diametralen Ergebnisse der beiden jüngsten Bundestagswahlen? Sowohl 2021 als auch heute stimmte die Mehrheit für einen Politikwechsel. Die Lähmung durch Untätigkeit in der späten Merkel-Ära wurde genauso deutlich abgewählt, wie jetzt die Lähmung durch eine Politik des Hü und Hott. Unwille und Unfähigkeit zu dringend notwendigen Reformen haben unser Land dramatisch geschwächt, was Wohlstand, Wachstum und auch den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft gefährdet.
Der Wähler, der nun zum zweiten Mal in Folge enttäuscht und mit dem Wunsch nach einer anderen Politik an die Urne getreten ist, hat bei allem Unmut noch Vernunft walten lassen und die Parteien der demokratischen Mitte mit einem Regierungsauftrag ausgestattet. Machen wir uns nichts vor: Es ist die letzte Chance. Auf der nächsten Regierung lastet die enorme Verantwortung, diese letzte Chance nicht zu verspielen. Weder durch Bräsigkeit noch durch kleinliches Gezänk. Gesundheit, Pflege, Rente, Steuern, Bürokratieabbau, Bildung, Infrastruktur und ja, auch der im Wahlkampf untergepflügte Klimaschutz verlangen entschlossenes Handeln. Nichts davon darf mehr vertagt oder auch nur halbherzig angegangen werden. Und nicht zuletzt muss die neue Regierung auch eine bedeutende im Sinne der Europäischen Sache sein. Egal, welche Parteien sich ab morgen um die Bildung einer Regierung bemühen, sie sollten sich gemeinsam dieser hohen Verantwortung bewusst sein.
Auf Regierung lastet enorme Verantwortung
Die wahrscheinlichste Konstellation für diese Aufgabe lautet „Kenia“. Ein Bündnis aus CDU, SPD und Grünen. Egal, was die Spitzen dieser Parteien übereinander im Wahlkampf an Unvereinbarkeiten geäußert haben, ab sofort müssen sie sich um die Bildung einer Regierung bemühen, die sich gemeinsam dieser hohen Verantwortung bewusst ist. Die Regierung Merz wird schnell und verlässlich zeigen müssen, dass sie hin zum Besseren regieren kann, oder sie verspielt die letzte Chance und wirft dieses Land den extremen Rändern als Beute vor.