Europa und Deutschland müssten nun sofort aktiv werden, fordert Trabert. „Wir müssen jetzt handeln, es muss jetzt etwas geschehen.“ In dem Lager gebe es rund 1000 chronisch kranke und behinderte Menschen und Verletzte sowie Kinder. Diese müssten sofort ausgeflogen werden. „Viele Unterkünfte sind abgebrannt, vieles ist total zerstört, da kann man nicht mehr weiterleben“, betont der Mainzer Arzt. Von seinem Besuch in Moria vor zweieinhalb Wochen berichtet Trabert mit eindringlichen Worten: „Die Bedingungen waren dramatisch schlecht.“ Ungefähr 200 Menschen hätten sich eine Toilette teilen müssen, Wasser gebe es nur morgens und abends, Duschen sei nur alle paar Wochen möglich. „Die medizinische Versorgung war nur noch marginal vorhanden.“ Und: „Überall gibt es Kakerlaken und Ratten. Die Ratten beißen die Menschen in die Beine.“
Trabert hat in Moria vor allem Flüchtlinge mit Behinderungen besucht. „Es gibt sehr viele körperbehinderte Menschen dort, Amputierte und Querschnittsgelähmte“, berichtet er. Laut UN-Konvention sei das ein besonders geschützter Personenkreis, dem aber kaum geholfen werde. „Ich hatte Rollstühle dabei, Rollatoren und Arzneimittel“, erzählt Trabert. Die Hilfsmittel gingen zur Unterstützung an die einzige Physiotherapeutin des Lagers, Fabiola Rosé.
Trabert lernte in Moria auch den syrischen Flüchtling Abdul Karim kennen. Der 26-Jährige ist nach einer Schussverletzung auf seiner Flucht aus Nordsyrien querschnittsgelähmt, kann die Beine nicht bewegen und hat keine Blasen- und Darmfunktion, berichtet Trabert: „Man hat uns zugestimmt, dass dieser Mann dringend dort raus muss, dass man eine Unterkunft sucht.“ Aber: „Es ist nichts geschehen.“ Karim habe in dem zentralen Bereich Morias gelebt, wo es gebrannt hat, sagt Trabert. „Wir wissen nicht, ober er verletzt ist, ob er noch lebt.“ Die Betreuer könnten nicht zu ihm, das Camp sei abgeriegelt. Zu allem Überfluss war in Moria vor gut einer Woche der erste Fall einer Coronavirus-Infektion entdeckt worden. Inzwischen gebe es offiziell 35 Fälle. „Das hat die Situation erheblich verschärft“, sagt Trabert. Nach dem Feuer müssten die Menschen die Nacht auf der Straße verbringen. „Wie wollen Sie 12.000 Menschen auf dieser Insel unterbringen? Das wird nicht funktionieren“, sagt Trabert. Deutschland müsse sofort reagieren und eine Evakuierung starten. Das gehe auch trotz Covid-19.