Verfassungsschutz aktiv
Lehrte AfD-Politiker, wie man Polizisten verprügelt?
Mit Schlagstöcken wie diesem soll ein Nahkampftrainer, der für die AfD in einem Kreistag im nördlichen Rheinland-Pfalz sitzt, den Angriff auf Polizisten demonstriert hat. Sein Anwalt spricht gegenüber unserer Zeitung von einem Spaß (Symbolfoto).
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In einem Seitental des Rheins übt die regionale Prepperszene regelmäßig den Untergang der Ordnung. Ein Kampftrainer soll dazu laut SWR-Recherchen gezeigt haben, wie man auf Polizisten einschlägt. Pikantes Detail: Er sitzt für die AfD im Kreistag.

Ein Kreistagsmitglied der AfD im nördlichen Rheinland-Pfalz soll als Nahkampftrainer Verbindungen zu einem rechtsextremen Netzwerk um den Kaffeeversandhandel „Black Ops Coffee“ mit Sitz im Westerwald und den ehemaligen Verein Uniter haben, das vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Teile der Gruppe werden demnach als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Diese Information bestätigte das Mainzer Innenministerium auf Anfrage unserer Zeitung.

Dort heißt es: „Es existieren inhaltliche und personelle Überschneidungen zwischen dem ehemaligen Verein Uniter und Black Ops Coffee und der Black-Ops-Coffee-Community.“ Hintergrund: Uniter war einst als Netzwerk für aktive und ehemalige Soldaten und Polizisten aus Spezialeinheiten entstanden. „Der ehemalige (deutsche) Verein [...] wird durch den Verfassungsschutzverbund im Phänomenbereich Rechtsextremismus beobachtet“, erklärt das Mainzer Innenministerium weiter.

Offiziell verkauft Black Ops Coffee mit Sitz im Westerwald unter anderem Kaffee im Internet. Doch hinter der Firma verbirgt sich auch ein Netzwerk, das laut Innenministerium zum Teil rechtsextrem sein soll. Das hat auch den Verfassungsschutz auf den Plan gerufen (Symbolfoto).
Jens Büttner/dpa

Zuerst hatte der SWR in „Report Mainz“ über den Fall berichtet. Der Beitrag zeigt auch Luftaufnahmen aus einem Seitental des Mittelrheins. Hier soll der AfD-Politiker für das Unternehmen Kampftrainings geleitet haben. Verdeckt gefilmte Videos zeigen dabei eine Szene, bei dem der Trainer „gezielte Brutalität“ gegen Polizisten vermitteln soll. „Visier auf und rein“, wird der Kampftrainer im SWR-Bericht mit Schlagstock in der Hand zitiert.

Die Teilnehmer sollten damit laut SWR auch auf gewalttätige Auseinandersetzungen mit dem Staat vorbereitet werden. Im Mai sollte schon der nächste Kurs für fortgeschrittene Teilnehmer in dem kleinen Ort am Rhein stattfinden. Die Veranstaltung wurde noch bis vor wenigen Tagen auf der Internetseite von Black Ops Coffee beworben. Mittlerweile ist die Ankündigung verschwunden. Pikantes Detail: In der Sporthalle einer weiterführenden Schule in Trägerschaft des Landkreises ist der AfD-Politiker für einen Verein aktiv, der dort auch Karatekurse für Kinder und Erwachsene anbietet. Als er von SWR-Journalisten vor dem Training mit ihren Recherchen konfrontiert wird, weist er das Kamerateam brüsk ab.

Der AfD-Politiker, der nach einem SWR-Bericht in der Kritik steht, gibt auch Kindern Karateunterreicht (Symbolfoto).
Hans Wiedl/dpa-Zentralbild/dpa

Offiziell firmiert Black Ops Coffee als Onlineshop und Versandhandel für Outdoorbedarf sowie taktische Ausrüstung und Lebensmittel. Aber das ist nicht alles. Das Mainzer Innenministerium ordnet das Netzwerk der Prepperszene zu, deren Mitglieder sich vom „Rekruten“ bis zum „Feldmarschall“ auf den „Tag X“ vorbereiten, an dem sie mit einem Zusammenbruch der demokratischen Ordnung rechnen. Neben Ärzten, Apothekern und Feuerwehrleuten konnte laut SWR auch eine Mitwirkung von Rechtsextremisten bei Uniter und Black Ops Coffee festgestellt werden. Auch das wird vom Innenministerium bestätigt.

Rückblick: André S. (Codename Hannibal), der Black Ops Coffee heute laut dem Impressum auf der Internetseite des Unternehmens betreibt, sorgte bereits 2018 für größere Aufmerksamkeit, als erste Recherchen zu einem Netzwerk um den ehemaligen Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr bekannt wurden.

Jetzt ist der Kreistag am Zug

Die Nachricht über die Verbindungen des Netzwerks in den Landkreis hat in der Region längst die Runde gemacht, auch unter Kommunalpolitikern. Nach Informationen unserer Zeitung stehen die Vorsitzenden einiger Fraktionen des betreffenden Kreistags im Austausch untereinander und mit der Verwaltungsspitze. Demnach nimmt man die Angelegenheit in den Fraktionen sehr ernst, sieht aber zunächst die Kreisverwaltung am Zug, um die Angelegenheit zu prüfen.

Auf Anfrage unserer Zeitung teilt die Kreisverwaltung mit, man könne in der Angelegenheit aktuell keine vertiefte Auskunft geben. Die Berichterstattung des SWR sei der Verwaltung aber bekannt. Konkret hatte unsere Zeitung sich auch erkundigt, ob die Verwaltung nach Austausch mit den Landesbehörden einschätzen könne, ob die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Kreistagsmitglieds aus dem Gremium vorliegen. Die Landkreisordnung regelt diese in Paragraf 24 Absatz 2.

Auch der Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz ist von "Black Ops Coffee" auf den Plan gerufen worden.
Fredrik von Erichsen. picture alliance/dpa

„Grundsätzlich sei zur Thematik eines Ausschlussverfahrens von Kreistagsmitgliedern gesagt, dass eine potenzielle Entscheidung, ob ein Mitglied eines Kreisgremiums die freiheitlich demokratische Grundordnung bekämpft und dadurch als unwürdig gilt, in einem solchen Gremium vertreten zu sein, generell durch den Kreistag festzustellen ist“, teilt die Verwaltung dazu mit. Werde dies im Rahmen eines durch den Kreistag zu führenden Prüfungsverfahrens bejaht, könne der betreffende Mandatsträger in einem zweiten Schritt ausgeschlossen werden. Für ein solches Verfahren sieht die Landkreisordnung einen Zeitraum von drei Monaten vor, in denen der Kreistag dann einen entsprechenden Beschluss fassen soll. Gegen einen solchen Ausschluss könne der Betroffene gerichtlich vorgehen.

Im Mainzer Innenministerium ist man bereits seit Längerem über die Aktivitäten des Netzwerks informiert. Demnach hat der Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz im August 2024 „Sensibilisierungsschreiben“ an die nachgeordneten sicherheitsbehördlichen Bereiche versandt, um Polizei, Brand- und Katastrophenschutz, Rettungsdienst, zivile Verteidigung und Streitkräfte vor den „auf den ersten Blick scheinbar unverfänglichen Angeboten“ zu warnen. Denn die Kurse und Events zur Vorbereitung auf eine Krisen- und Katastrophenfall von Black Ops Coffee richten sich genau an diesen Personenkreis.

„Pauschale Vorverurteilungen auf Grundlage medialer Darstellungen lehnen wir grundsätzlich ab.“
Die AfD-Fraktion des betreffenden Kreistags zu den Vorwürfen

Auf konkrete Fragen an die AfD-Fraktion des betreffenden Kreistags, ob den Verantwortlichen vor der Berichterstattung etwas über die dargestellten Kontakte und Tätigkeiten ihres Fraktionsmitglieds bekannt gewesen sei und ob Verbindungen zu gesichert rechtsextremistischen Vereinigungen mit einer Tätigkeit in der Kreistagsfraktion vereinbar seien, geht der Kreisverband in seiner Stellungnahme nicht näher ein. Nur so viel: „Die in einem aktuellen Medienbeitrag thematisierten Vorgänge nehmen wir zur Kenntnis“, heißt es darin.

Die Darstellung nehme man als „durch eine auffällige Dramatisierung und teils tendenziöse Sprache geprägt“ wahr. Unabhängig davon habe man eine interne Prüfung eingeleitet, um den Sachverhalt sorgfältig zu klären, schreibt der Kreisverband. „Pauschale Vorverurteilungen auf Grundlage medialer Darstellungen lehnen wir grundsätzlich ab.“ Die AfD stehe für „verantwortungsvolles, transparentes und rechtsstaatlich orientiertes politisches Handeln“, teilt der Kreisverband mit.

Anwalt des AfD-Politikers spricht von einem Spaß

Der Kampfsport-Trainer antwortet auf eine schriftliche Anfrage unserer Zeitung zu seinen Verbindungen zu Black Ops Coffee nicht persönlich. Stattdessen erhält die Redaktion Post von einem Anwalt, der den AfD-Kommunalpolitiker in der Angelegenheit vertritt. In dem Schreiben nimmt der Anwalt auch Stellung zu den in dem SWR-Beitrag geschilderten Übungen zum Angriff auf einen Polizisten. Dieser „angebliche Vorfall“, so schreibt der Anwalt, habe sich „während des Nahkampfmoduls Alpha in der Lektion 6“ ereignet. Bei der Demonstration des Nahkampftrainers, wie ein Polizist zu entwaffnen und dessen Schlagstock dann gegen ihn einzusetzen sei, habe es sich um „einen Scherz“ seines Mandanten gehandelt, der von jedem Teilnehmer des Trainings „als Spaß verstanden wurde“. Hier werde, so der Rechtsanwalt weiter, „aus offensichtlichen Zwecken ein Skandal inszeniert“. Derartige Selbstverteidigungskurse fänden „jeden Tag zu Tausenden in diesem Land statt“.

Der Anwalt des AfD-Kreistagsmitglieds aus Rheinland-Pfalz hat seine Kanzlei in Erfurt und kennt sich mit den möglichen juristischen Folgen des gesprochenen Wortes gut aus. Bundesweit medial bekannt ist er als Rechtsbeistand der Thüringer AfD-Landtagsfraktion und des rechtsextremen AfD-Landeschefs Björn Höcke.

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