Die Mainzer Landesregierung hat nach jahrelangen Verhandlungen einen Staatsvertrag mit dem Landesverband Sinti und Roma mit Sitz in Landau abgeschlossen, der eine Rahmenvereinbarung aus dem Jahr 2005 weiterentwickelt. Er soll am 28. Mai in der Mainzer Staatskanzlei offiziell unterschrieben werden. Ein früherer Termin im März musste abgesagt werden, weil der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer wegen der Koalitionsverhandlungen in Berlin gebunden war. Den Ministerrat hat der Staatsvertrag bereits im Februar passiert. Die Unterschrift ist jetzt reine Formsache. Danach wird die Vorlage dem Landtag als Zustimmungsgesetz vorgelegt.
Das Vertragswerk bedeute einen wichtigen Meilenstein für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, heißt es aus der Mainzer Staatskanzlei. „Mit ihm wird die Verpflichtung des Landes, für die Anerkennung, Förderung und den Schutz der Kultur und Geschichte der Sinti und Roma in Rheinland-Pfalz einzutreten, unterstrichen“, heißt es dazu. Mit der Einigung ist auch eine finanzielle Unterstützung der Minderheit verbunden. „Der Vertrag sieht eine jährliche institutionelle Förderung in Höhe von 450.000 Euro vor“, erklärt das Mainzer Innenministerium auf Anfrage unserer Zeitung, das die Verhandlungen mit den Sinti und Roma geführt hat.

Koblenz gegen Landau: Unter den Sinti und Roma im Land tobt ein Machtkampf
Die Mainzer Landesregierung verhandelt momentan mit den Sinti und Roma in Rheinland-Pfalz über einen Staatsvertrag, der die Minderheit schützen und ihre Kultur fördern soll. Doch ausgerechnet jetzt ist ein heftiger Streit innerhalb der Community entbrannt.
Im Vorfeld hatte es erhebliche Spannungen innerhalb der Sinti und Roma gegeben. Denn die Community ist tief gespalten. Der Landesverband mit Sitz in Landau vertritt vor allem die Mitglieder im Süden von Rheinland-Pfalz. Der Landesrat mit dem Koblenzer Django Reinhardt an der Spitze, der vor allem im Norden verankert ist, hatte sich zuvor nach heftigen internen Streitereien von Landau abgespalten (wir berichteten). Die Koblenzer bleiben nun beim Staatsvertrag außen vor. Das ist keine wirkliche Überraschung. „Dass das Land derzeit nur mit dem Landesverband Rheinland-Pfalz den Vertrag abschließt, ist dem Landesrat bekannt“, heißt es dazu auf Anfrage unserer Zeitung aus dem Mainzer Innenministerium.
In Koblenz ist man dennoch etwas enttäuscht. „Ein großer Teil des Landes ist jetzt nicht abgedeckt“, betont Django Reinhardt gegenüber unserer Zeitung, dessen Landesrat nach eigenen Angaben rund 300 Mitglieder vertritt. „Wir haben alles versucht“, sagt der Vorsitzende. „Aber wir akzeptieren das.“ Mit dem Land sei man weiter im Gespräch. „Wir sind da zuversichtlich“, sagt Reinhardt. Ihm gehe es um die Sache, die Probleme der Minderheit in Rheinland-Pfalz anzupacken.

Dazu ist die Landesregierung den Koblenzern bereits entgegengekommen. „Der Landesrat beziehungsweise der ihm angeschlossene Verein Kultur und Integration konnte bereits mehrfach von Projektfördermitteln des Mainzer Innenministeriums profitieren“, heißt es dazu von Pressesprecher Julian Wessendorf. So sei etwa eine Gedenkfahrt in das frühere Konzentrationslager Ravensbrück bezuschusst worden. Auch die Ausstellung „Vom Holocaust auf die Weltbühne“ habe Gelder erhalten. „Ein weiterer Antrag, dieses Mal zur weiteren Aufarbeitung einer Familiengeschichte, befindet sich derzeit in Bearbeitung“, sagt Wessendorf.
Im Landesverband in Landau sendet man unterdessen versöhnlichere Töne in den Norden. Eine separate Einigung mit dem Landesrat in Koblenz gebe es zwar nicht. „Als Landesverband vertreten wir aber die Interessen aller in Rheinland-Pfalz lebenden Sinti und Roma“, betont der Vorsitzende Christian Kling gegenüber unserer Zeitung – „selbstverständlich auch derjenigen, die in der Großregion Mittelrhein-Westerwald leben.“
„Als Landesverband vertreten wir die Interessen aller in Rheinland-Pfalz lebenden Sinti und Roma“ – „selbstverständlich auch diejenigen, die in der Großregion Mittelrhein-Westerwald leben.“
Christian Kling, Vorsitzender des Landesverbands der Sinti und Roma in Landau
Der Staatsvertrag, unter den Kling Ende Mai seine Unterschrift setzen wird, bedeute für die in Rheinland-Pfalz lebenden Sinti und Roma eine wichtige Anerkennung. Das Land bekräftige damit seine Verantwortung gegenüber der Minderheit. Der Vertrag enthalte dabei schwerpunktmäßig zwei Themenfelder: „Zum einen die Bekämpfung und Überwindung von Antiziganismus und die Stärkung der sozialen Teilhabe.“
Sinti und Roma in Rheinland-Pfalz
Der Landesverband Deutscher Sinti und Roma Rheinland-Pfalz ist eine Interessenvertretung der in Rheinland-Pfalz lebenden Sinti und Roma. Nach eigenen Angaben hat der Landesverband rund 300 Mitglieder. Die Gesamtzahl der Minderheit wird statistisch nicht erfasst. Schätzungen gehen von rund 10.000 Mitgliedern in Rheinland-Pfalz aus. Offiziell wurden die deutschen Sinti und Roma von der Bundesrepublik Deutschland am 11. Mai 1995 als nationale Minderheit anerkannt, als das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarates unterzeichnet wurde. red