Beim Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (GKM) stehen die Zeichen schon vor der geplanten Übernahme durch die Sana Kliniken AG auf Sturm. Hintergrund ist die 70-prozentige Kürzung des Weihnachtsgeldes. Diese hatte die von Sana bestellte GKM-Geschäftsführerin Melanie John den 4300 Beschäftigten an den Standorten Koblenz (Evangelisches Stift und Kemperhof), Mayen (St. Elisabeth) Boppard (Hospital zum Heiligen Geist) und Nastätten (Paulinenstift) in einer E-Mail angekündigt.
„Diese Kürzung ist rechtlich nicht zulässig, weil wir geltende Tarifverträge haben. Und diese sind einzuhalten. Wegen einer wirtschaftlichen Sonderlage, wie vom GKM angeführt, können Sonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld nicht einseitig gekürzt werden“, sagte Rolf Führ, Landeschef der Gewerkschaft Komba unserer Zeitung.
In einem Schreiben von Volker Geyer, Bundesvize der Komba-Dachorganisation dbb, an GKM-Geschäftsführerin John, das unserer Zeitung vorliegt, heißt es: „ Die Ansprüche der Gewerkschaftsmitglieder der tarifschließenden Gewerkschaften können nicht einseitig durch Sie negativ verändert werden. Das gilt im Übrigen auch für nicht gewerkschaftlich gebundene Beschäftigte.“
Kürzung wäre möglich gewesen
Laut Führ hätte das GKM aber durchaus eine Möglichkeit gehabt, das Weihnachtsgeld zu kürzen: mit einem Notlagentarifvertrag. Der Gewerkschafter erklärt: „Wenn ein Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage ist, tarifvertragliche Leistungen zu erbringen, dann kann er auf die Tarifpartner, also die Gewerkschaften zugehen, um die rechtlich verbindlichen Leistungen abzuändern. Dann würden die Gewerkschaften aber einen Wirtschaftsprüfer einsetzen, um die finanzielle Notlage zu untersuchen. Eine Kürzung kann mit Blick auf die Erhaltung der Arbeitsplätze durchaus Sinn ergeben. Dann könnte zum Beispiel eine spätere Auszahlung vereinbart werden.“
Doch das GKM habe diese Option nie in Erwägung gezogen, im Gegenteil: Während der Betriebsversammlungen in allen fünf Häusern sei die Geschäftsführung von Mitarbeitern auf die wirtschaftliche Lage angesprochen worden. „Die wurde zwar als nicht rosig, aber als stabil beschrieben“, berichtet Führ. „Es ist daher für uns schwer nachvollziehbar, dass die Mitarbeiter jetzt in einer E-Mail informiert werden, dass das GKM die tarifvertraglich geregelten Leistungen nicht mehr zahlen kann.“
Der Ruf des GKM leidet darunter, die Unruhe unter den Beschäftigten ist groß.
Komba-Landeschef Rolf Führ
Sollte das GKM das Weihnachtsgeld tatsächlich zum 30. November kürzen, dann ist zunächst jeder der 4300 Beschäftigten selbst gefordert. Innerhalb eines Monats nach der gekürzten Sonderzahlung müssen sie ihre Ansprüche rechtlich geltend machen. Gewerkschaften wie die Komba haben hierzu ein Musterschreiben vorbereitet. Außerdem prüfe man derzeit laut Führ eine Verbandsklage gegen das GKM.
Fatales Signal in Zeiten des Pflegekräftemangels
Der Gewerkschafter ist über diese Eskalation alles andere als glücklich: „Wir versuchen doch, solche Negativschlagzeilen zu vermeiden. Der Ruf des GKM leidet darunter, die Unruhe unter den Beschäftigten ist groß.“ In Zeiten des Pflegekräftemangels sei dies fatal: „Wir haben in Koblenz mehrere Krankenhäuser, die Pflegepersonal händeringend suchen. Wenn das GKM eine Zukunft haben will, muss man die Mitarbeiter doch bei der Stange halten. Dann muss das GKM in ruhigeres Fahrwasser kommen.“ Schon jetzt sei der Schaden groß: So hätten Mitarbeiter aus mehreren GKM-Häusern der Komba berichtet, dass sie gekündigt haben oder darüber nachdenken würden. Führ warnt: „Eine Kürzung des Weihnachtsgeldes wird massive Auswirkungen haben.“