Erstes nationales Modell
KI soll bei Hochwasserschutz an kleinen Flüssen helfen
Hochwasser gibt es auch an kleinen Flüssen wie dem Elzbach. Das Problem: Bisherige Vorhersagemodelle kommen dort an ihre Grenzen. Ein Projekt des Karlsruher Instituts für Technologie möchte das ändern - und nimmt dafür die Hilfe einer KI in Anspruch.
Kevin Ruehle

Genaue Hochwasservorhersagen gibt es für kleine Flüsse wie den Elzbach kaum, es fehlen schlicht die Daten. Das Karlsruher Institut für Technologie möchte nun das erste nationale Vorhersagemodell entwickeln – mit der Hilfe von Künstlicher Intelligenz.

Hochwasser sind die Menschen in Rheinland-Pfalz gewöhnt. Vor allem an Rhein und Mosel schnellen die Pegelstände bei Regen schnell mal in die Höhe. Doch durch bewährte Vorhersagemodelle werden Katastrophen in den meisten Fällen verhindert. Anders sieht es an kleinen Flüssen wie dem Elzbach, einem linken Nebenfluss der Mosel, aus. Dort fehlen Daten, die Prognosen sind oft nur sehr ungenau. Mithilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) möchte das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) das Problem nun angehen. Für das erste nationale Hochwasservorhersagemodell für kleine Flüsse erhält das Institut sogar 1,8 Millionen Euro vom Bund.

Aber was macht die Vorhersage an kleinen Flüssen eigentlich so schwierig? Es gibt vergleichsweise wenige Pegel, sagt Lothar Kirschbauer, Professor für Siedlungswasserwirtschaft und Wasserbau an der Hochschule Koblenz. Dementsprechend können etablierte Vorhersagemodelle oft nur allgemeine Prognosen für eine ganze Region geben. Aber bei starkem Regen ist die Hochwasserlage nicht in jedem Ort gleich. Je mehr Daten es gibt, desto genauer und vor allem schneller können die Vorhersagen werden, sagt Kirschbauer.

Ein weiteres Problem sind die unterschiedlichen Arten der Böden, die die Berechnungen komplizierter machen. Je nachdem, ob ein Fluss durch den Wald oder an Ackerflächen vorbeifließt, ändert sich die Menge an Wasser, die der Boden aufnehmen kann. Das müssen Vorhersagemodelle ebenfalls berücksichtigen. Rheinland-Pfalz ist zudem voller steiler Mittelgebirgsregionen, in denen das Wasser schneller als in anderen Regionen abfließt, erklärt der Professor.

All diese Faktoren möchte das KIT in ihrem nationalen Hochwasservorhersagemodell aufgreifen. Dafür möchte das Institut laut Pressemitteilung Daten aus eigenen Quellen, aber auch vom Deutschen Wetterdienst (DWD) und von verschiedenen Landesumweltämtern nutzen, um einen weltweit öffentlich zugänglichen Datensatz zu erstellen. Das Projekt mit dem Namen „KI-HopE-De“ soll kurzfristige Vorhersagen von bis zu 48 Stunden für kleine Einzugsgebiete (von etwa 5 bis 500 Quadratkilometern) möglich machen.

„Die Forschung zeigt, dass diese Modelle physikalisch basierten Modellen, wie sie aktuell in der Hochwasservorhersage eingesetzt werden, mindestens ebenbürtig und teilweise bereits überlegen sind.“
Ralf Loritz, Projektleiter vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Mit diesem Datensatz soll dann die Künstliche Intelligenz trainiert werden. Sie sei in der Lage, komplexe Zusammenhänge zu erkennen und „robuste“ Simulationen zu generieren. Projektleiter Ralf Loritz erklärt: „Die Forschung zeigt, dass diese Modelle physikalisch basierten Modellen, wie sie aktuell in der Hochwasservorhersage eingesetzt werden, mindestens ebenbürtig und teilweise bereits überlegen sind.“

Das bestätigt auch Professor Kirschbauer. Bisherige Modelle brauchen je nach Gebietsgröße ein bis zwei Stunden für eine genaue Vorhersage, die KI schaffe das in wenigen Sekunden. Zudem kann sie Einsatzhelfer vor Ort unterstützen, die Situation besser einzuschätzen. Denn diese erhalten oft keine genauen Angaben darüber, wie viel Regen nun herunterkommt, weil es einfach so viele verschiedenen Klimamodelle gibt, die eine ganze Bandbreite an Zahlen nennen. Eine KI kann das eingrenzen, und die Einsatzhelfer können dann besser entscheiden, ob es schon Zeit ist, zu handeln.

Für das Projekt arbeitet das KIT mit den späteren Anwendern, also den Landesbehörden, sowie dem Deutschen Wetterdienst, dem Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz (LfU) und dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) zusammen. Das LfU stellt etwa die Informationen für den Datensatz bereit und wählt mit den anderen Projektpartnern die Gebiete aus. Außerdem ist vorgesehen, die Modelle in die „operationelle Umgebung“ der Hochwasservorhersagezentrale zu übernehmen, erklärt das Landesamt auf Nachfrage.

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