Koblenz
Keine Beweise für Gruppenvergewaltigung

Koblenz - Mit einem Freispruch endete für sechs Männer ein Vergewaltigungsprozess vor dem Koblenzer Landgericht.

Koblenz – Mit einem Freispruch endete für sechs Männer ein Vergewaltigungsprozess vor dem Koblenzer Landgericht.

Dabei wog der Vorwurf gegen sie zunächst schwer: Die Staatsanwaltschaft hatte gegen die Männer Anklage erhoben, weil sie eine 22-jährige Koblenzerin nacheinander vergewaltigt haben sollten. In der Anklage hatte es geheißen, die junge Frau, die seit Jahren heroinabhängig ist, habe sich in der Wohnung eines Angeklagten neuen Stoff besorgen wollen. Dabei sei es zu einem Streit gekommen. Daraufhin habe der Angeklagte seine Freunde hinzugerufen, um die Frau dann zum Sex zu zwingen.

„Glauben Sie im Ernst, dass wir eine so kurze Hauptverhandlung ansetzen, wenn hier nicht rauskäme, was alle schon vermuten?“, fragte Richterin Monika Fay-Thiemann bereits zu Beginn des Prozesstages – und so waren die Männer auf der Anklagebank, zwischen 32 und 44 Jahre alt, am Mittwochmorgen um neun guter Dinge.

Das mutmaßliche Opfer blieb die einzige Zeugin. Sie verstrickte sich noch während der Vernehmungen bei der Polizei in Widersprüche, machte immer wieder unterschiedliche Angaben zu den beteiligten Tätern und Zeitpunkten, zu denen einer der Männer sie auch einzeln vergewaltigt haben soll. Zuletzt hatte sie außerdem als Tatzeitpunkt für die Haupttat den Mai 2009 angegeben. In dieser Zeit saßen aber zwei der Angeklagten im Gefängnis ein. So zweifelte die Richterin „erheblich am Wahrheitsgehalt ihrer Aussage“.

„Die Widersprüche sind eine Konsequenz aus einem Lügengebilde“, befand Verteidigerin Kerstin Rueber. Alle Anwälte forderten Freispruch. Einige der Rechtsanwälte mutmaßten in ihren Plädoyers über Beziehungsprobleme der 22-Jährigen. Vielleicht habe sie mit dem Vergewaltigungsvorwurf verhindern wollen, dass gegenüber ihrem Freund eine Affäre ans Licht kommt. Die „Vergewaltigungskarte“ habe sie in ähnlichen Situationen schon öfter gezückt, schilderte Rechtsanwalt Rainer Paul Still. Er forderte, dass ihre falschen Vorwürfe für sie nicht folgenlos bleiben.

Der Freispruch steht bei einigen der Angeklagten einem langen Zentralregisterauszug gegenüber: Diebstahl, Betrug, Betäubungsmittel, Körperverletzung. Immer wieder. „Mein Sohn is en Deibel, aber sowas hat er nicht gemacht. Das wusste ich von Anfang an“, sagte eine Mutter. „Das ist Rufmord für die ganze Familie.“ Es sei eine schwere Zeit gewesen. Erleichtert umarmte sie ihren Sohn nach dem Urteilsspruch. Er muss zurück ins Gefängnis – eine andere Strafe absitzen. Einer der Angeklagten muss noch auf den Freispruch warten, weil gegen ihn eine weitere Anklage läuft und die Verfahren zusammengelegt sind. sih

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