Kurz vor Beginn der heißen Phase des Straßenkarnevals bessert die Kölner Polizei noch einmal ihr Einsatzkonzept nach. Hintergrund sind Aufrufe von Islamisten, die in sozialen Netzwerken zu Anschlägen unter anderem im Kölner Karneval aufgerufen haben. Den Sicherheitsbehörden in Rheinland-Pfalz liegen indes derzeit keine Erkenntnisse oder Hinweise vor, die auf eine konkrete Gefährdung der Veranstaltungen in Rheinland-Pfalz während der diesjährigen Fastnachtskampagne hindeuten, erklärte das Innenministerium auf Anfrage unserer Zeitung.
Dennoch ergebe sich aus der aktuellen Sicherheitslage, insbesondere im Kontext des Nahostkonflikts und des Krieges in der Ukraine, eine erhöhte abstrakte Gefährdung, so das Ministerium von Michael Ebling (SPD) weiter. „Die Sicherheitsbehörden in Rheinland-Pfalz prüfen und bewerten die Lage kontinuierlich und stehen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene im engen Austausch.“ Aktuell hatte sich das Landeskriminalamt nochmals mit den Kollegen in NRW abgestimmt, hieß es.
Über den islamistisch motivierten Aufruf hatte zuerst die „Bild“ berichtet: Auf einer Internetseite der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) ist demnach ein Plakat mit vier Anschlagszielen zu sehen, davon zwei in Köln, eines in Nürnberg und eines in der niederländischen Hafenstadt Rotterdam. Solche Veröffentlichungen zielten darauf ab, die Bevölkerung zu verunsichern, sagte der Einsatzleiter der Kölner Polizei für die Karnevalstage, Martin Lotz.
„Die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger hat oberste Priorität.“
Innenminister Michael Ebling (SPD)
Schon nach dem Anschlag von München war die Frage nach der Sicherheit im Straßenkarneval in Rheinland-Pfalz aufgeworfen worden. Bei der Attacke auf eine Verdi-Demo am 13. Februar waren eine Frau und ihre zweijährige Tochter getötet worden, mindestens 37 Menschen wurden verletzt. Kurz danach wie auch jetzt betonten die Behörden in Rheinland-Pfalz, dass die Sicherheitsmaßnahmen im Land auf einem hohen Niveau seien. Die sichtbare Polizeipräsenz bei Großveranstaltungen wurde bereits in der Vergangenheit erhöht, erklärte das Innenministerium. Im Straßenkarneval werden es dem Ministerium zufolge 5000 Polizeikräfte sein, beim Rosenmontagszug in Mainz allein etwa 1120 in zwei Phasen, in Koblenz beim größten Zug des Landesnordens rund 200.
„Auch während der Fastnachtskampagne setzen wir alles daran, dass die Feierlichkeiten insbesondere bei den bevorstehenden Umzügen unbeschwert und sicher verlaufen“, betonte Ebling. „Unsere Polizei ist bestens vorbereitet und wird mit hoher Präsenz in ganz Rheinland-Pfalz im Einsatz sein“, so der Innenminister. Für jede größere Veranstaltung gebe es Sicherheitskonzepte, die mit den lokalen Entscheidungsträgern gemeinsam erarbeitet werden. Dazu gehört je nachdem auch der Einsatz von polizeilicher Videotechnik, unter anderen in Koblenz und Mainz, aber auch in Boppard und Bad Kreuznach.

Die Bundespolizei hat derweil per Allgemeinverfügung neuralgische Bahnanlagen im Großraum Mainz über die Karnevalstage zu waffenfreien Zonen erklärt. Von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch ist das Mitführen von Schuss- und Schreckschusswaffen, Messern, Hieb-, Stoß- und Stichwaffen sowie gefährlichen Gegenständen jeglicher Art in den Bahnhöfen Mainz Hauptbahnhof, Mainz Römisches Theater, Mainz Nord und Bad Kreuznach verboten, teilte die Bundespolizeidirektion Koblenz mit: „Die erlassene Allgemeinverfügung ermöglicht den Einsatzkräften hierbei ein niedrigschwelliges Vorgehen gegen die genannten Gegenstände, noch bevor diese zum Einsatz kommen.“
Die Mainzer Polizei bat außerdem darum, auf bestimmte Kostüme möglichst zu verzichten: „Kampfuniformen oder Verkleidungen, die Gewalt verherrlichen oder naheliegend einem Terrorregime zugeordnet werden könnten, könnten Einsatzmaßnahmen auslösen“, mahnte Präsidiumssprecher Rinaldo Roberto. „Selbstverständlich sollte auf Verkleidungen verzichtet werden, die den Verdacht einer geplanten Straftat erregen könnten oder verherrlichen. Das wäre zudem geschmacklos.“ Dieser Bitte schloss sich das Innenministerium an.

Ist Straßenkarneval ohne mulmiges Gefühl möglich?
Erst Magdeburg, nun München: Die schrecklichen Anschläge der jüngsten Zeit haben die Debatte um die Sicherheit in Deutschland neu entfacht. Kurz vor den großen Fastnachtsumzügen hat unsere Zeitung nun Experten zur Sicherheitslage im Land befragt.
BKA: Keine konkreten Hinweise auf Anschlagspläne
Das Bundeskriminalamt (BKA) sieht derzeit keine Gefährdung durch Anschlagspläne, die sich gegen Karnevalsveranstaltungen richten. „Dem BKA liegen abseits von Propagandaveröffentlichungen und damit verbundenen Aufrufen zu Straftaten derzeit keine konkreten Hinweise auf eventuelle Anschlagsplanungen gegen die diesjährigen Karnevalsfeierlichkeiten vor“, heißt es in einer aktualisierten Einschätzung der Sicherheitsbehörde. Die allgemeine Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus sei in Deutschland weiterhin hoch. Generell könnten „irrational handelnde Täterinnen oder Täter sowie unkalkulierbare Handlungen von diesen Personen“ bei öffentlichen Veranstaltungen eine Gefahr darstellen. dpa