Limburg
Innerkirchliche Kritik an Limburger Bischof

Szene bei der 1100-Jahr-Feier auf dem Platz vor dem Limburger Dom:  Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst lässt sich einen blitzenden Oldtimer erklären.

Dieter Fluck

Limburg - Im Bistum Limburg brodelt es. Viele Katholiken sind unzufrieden mit Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, werfen ihm Arroganz und Verschwendung vor.

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Limburg. Im Bistum Limburg brodelt es. Viele Katholiken sind unzufrieden mit Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, werfen ihm Arroganz und Verschwendung vor. Inzwischen beziehen auch Priester offen Position gegen den Bischof. Der Vorwurf: Tebartz sorgt bei Pfarrern, Laienpredigern und kirchlichen Mitarbeitern für ein Klima der Angst.

Von unserem Mitarbeiter Dieter Fluck

Tebartz wurde am 28. November 2007 als jüngster Oberhirte eines deutschen Bistums von Papst Benedikt XVI. ernannt. Drei Jahre später wird die Kritik an seinem Führungsstil und seinem Wirken immer deutlicher. Natürlich war zu Beginn seiner Amtszeit klar, dass er es als Nachfolger des überaus beliebten Vorgängers Franz Kamphaus schwer haben würde. Jener Kamphaus, der von 1982 bis 2007 weit über die Katholische Kirche hinaus höchste Anerkennung erfuhr, weil er kompetent und doch bescheiden war. Mit Tebartz endete die Zeit eines Bistumschefs, der morgens mit der Aktentasche unterm Arm von seiner Zweizimmerwohnung im Priesterseminar durch die Stadt schlenderte und mit Menschen auf Augenhöhe plauderte. Vorbei die Zeit eines Diözesanbischofs, der am Steuer eines betagten VW Golf an Heiligabend in den Westerwald kurvte, um einer kleinen priesterlosen Gemeinde die frohe Botschaft zu verkünden, und mit Wohnungslosen ohne Aufsehen durch die Stadt zum gemeinsamen Abendessen in das Priesterseminar spazierte.
Hervorgehobener Lebensstandard
Diesem selbstlosen, bescheidenen Seelsorger, der seinen Leitspruch „Den Armen das Evangelium verkünden“ lebte, haben die Katholiken glaubhaft abgenommen, wenn er von der Notwendigkeit des Sparens sprach, um das Bistum erneuern zu können. Zu stark empfinden sie nun den Bruch zu seinem Nachfolger: Dem Bischof im noblen schwarzen BMW mit abgedunkelten Scheiben und dem Hinweisschild „Bischof von Limburg“, der sich zu jeder Gelegenheit von seinem Fahrer durch die Fußgängerzone auf den Domplatz chauffieren lässt. Dort werden mitunter Rampen gelegt, damit die Limousine den Bordstein vor dem Dom erklimmen kann. Bischof Tebartz lässt sein Umfeld wissen, dass er einem hervorgehobenen Lebensstandard nicht abgeneigt ist.
Auf dem Domberg, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Dom, soll seine repräsentative Bischofsresidenz mit einer Kapelle entstehen – ein Millionenprojekt. Das Domkapitel wird nicht müde zu betonen, dass es die Entscheidung bereits getroffen hatte, bevor Kamphaus' Nachfolger bekannt war. Was hätte den neuen Bischof daran gehindert, die Pläne in einem frühen Stadium zu durchkreuzen? Bei der Vorstellung des Projekts im städtischen Bauausschuss fiel Beobachtern auf, wie die Architekten angesichts der Empfangs- und Serviceräume und seiner Privatkapelle auf die Darstellung eines bescheidenen Raumprogramms bedacht waren. Denn hier wird „Sparen und Erneuern“ in Frage gestellt.

„Im Bistum Limburg verspüre ich bei vielen Priestern, Laienseelsorgern und Mitarbeitern in den kirchlichen Behörden einfach Angst. Kritik ist spürbar unerwünscht“ (Der Priester Hubertus Janssen beschreibt in deutlichen Worten die Folgen des autoritären Führungsstils des Limburger Bischofs.)

Die Kehrseite: Anderswo fallen Gotteshäuser. So ist St. Josef in Limburg-Staffel dem Abbruch geweiht, weil die Unterhaltung den jährlichen Etat um einige tausend Euro übersteigt. Die Basis bekommt das radikale Streichprogramm zu spüren, in seinem persönlichen Umfeld scheint der Bischof andere Maßstäbe anzulegen. Ein aufgebrachtes Mitglied eines Pfarrgemeinderates im Westerwald sagte: „Ich kann im Dom nicht mehr singen und würde mich am liebsten in einem anderen Bistum anmelden.“
In diesen Tagen wurde ein Brandbrief öffentlich bekannt, der schon vor einem Jahr von etwa zehn Priestern aus dem Bistum verfasst worden ist. Eine gleiche Anzahl besorgter Seelsorger, so heißt es, habe sich damit solidarisiert. Kaum einer will sich namentlich bekennen. In diesem mit dem Notsignal „S.O.S“ überschriebenen Brief, ist von „klerikalem Dünkel“, von „selbstverliebten Ritualen“ und vom „Abtauchen der Kirchenleute“ die Rede, die wie Klappstühle in die Ecke gestellt würden.


Die Priester sprechen offen von ihrer Enttäuschung über Bischof Tebartz. Ihm wird vorgehalten, durch eigenmächtiges Handeln die Mitverantwortung der Gremien nicht ernst zu nehmen. Vielen missfällt sein autoritärer Stil auch in seinen Verlautbarungen.
Vor einigen Monaten war Bischof Tebartz angeeckt, als er zum zehnjährigen Bestehen der von Christen gegründeten Schwangerenberatungsstelle „donum vitae“ erklärte: „Ein Engagement im Verein parallel zum Dienst in der katholischen Kirche ist nicht möglich.“ Kein Wort zu dem aufrichtigen Bemühen einer Organisation, die sich nach dem vom Papst erzwungenen Ausstieg aus der staatlich anerkannten Beratung für das Leben engagiert. Kamphaus hatte bis zuletzt für seine Überzeugung gekämpft, dass die katholische Kirche solche Beratungsstellen braucht.

Kritik am Leitungsstil
Allein zwei Priester, die ihrem Ruhestand entgegensehen, bekennen sich namentlich zu ihrer Kritik am neuen Leitungsstil des Bistums. Hubertus Janssen (72), der am 1. Dezember in den Ruhestand geht, schrieb vor vier Wochen in einem Kommentar: „Im Bistum Limburg verspüre ich bei vielen Priesterkollegen, Laienseelsorgerinnen und -seelsorgern, Mitarbeitern in den kirchlichen Behörden einfach Angst.“ Kritik sei spürbar unerwünscht, stattdessen mache sich ein Klima von einengender Verschwiegenheit breit, die irrtümlicherweise als Treue dargestellt werde. „Das kann krank machen und Existenzangst hervorrufen“, schreibt Janssen. Die Kirchenführer müssten sich fragen lassen, ob sie überhaupt noch in der gemeinsamen Glaubensüberzeugung zur Kirche stünden – denn: „Die Kluft zwischen Gläubigen und Kirchenführern ist stark gewachsen.“ Ein weiterer Kritiker ist Pfarrer Albert Dexelmann (63) aus Runkel, der von „resignierenden Priestern“ spricht.
Henny Toepfer (Dillenburg), Sprecherin der Bewegung „Wir sind Kirche“ in der Diözese, sprach jüngst in einer Versammlung in Limburg von Feudalismus, der in der Kirche eingekehrt sei. Dagegen berufe sich das Christentum auf das armselig in einem Stall geborene Kind Jesus. „Immer mehr engagierte Katholiken halten es im Bistum Limburg für notwendig, schleichenden Rückwärtsentwicklungen Widerstand entgegenzusetzen“, sagt Toepfer.

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