Fast 4,1 Millionen Menschen leben in Rheinland-Pfalz – oder zumindest taten sie es zum 15. Mai 2022, dem Stichtag des Zensus 2022. Aus dieser umfassenden Bestandsaufnahme stellte das Statistische Landesamt (Stala) in Bad Ems am Dienstag erste Ergebnisse vor: statistische Daten zur Bevölkerungsentwicklung bis hin zur Wohnsituation.
Die Daten verraten: Mit 4,09 Millionen Menschen ist Rheinland-Pfalz nicht ganz so stark gewachsen, wie die Statistiker es erwartet hätten, erklärte Amtspräsident Marcel Hürter. Laut der auf Berechnungen basierenden Bevölkerungsfortschreibung waren 1,4 Prozent Zuwachs mehr erwartet worden.
Qualität der Ergebnisse stellt Statistiker nicht zufrieden
Apropos Erwartungen: Die Ergebnisse des Zensus bleiben qualitativ hinter gesetzlichen Vorgaben wie auch den eigenen Erwartungen zurück, sagte Hürter gleich zu Beginn seiner Präsentation. In 156 von 170 Gebietskörperschaften – kreisfreien Städten, verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden – wurde die im Zensusgesetz vorgesehene Güte der festzustellenden Einwohnerzahl demnach nicht erreicht.
Es war eine Erhebung unter schwierigen Bedingungen.
Marcel Hürter, Präsident des Statistischen Landesamtes
Denn bei der Erhebung des Zensus hätten sich laut Hürter diverse Probleme ergeben – zuvorderst nennt er die Corona-Pandemie. Wegen ihr musste der ursprünglich für 2021 geplante Zensus um ein Jahr verschoben werden. 2021, in der Hochphase der Pandemie, konnten demnach geplante Erhebungen in Kreisen und kreisfreien Städten mit besonders hoher Inzidenz nicht durchgeführt werden, krankheitsbedingt fielen etliche der 3500 ehrenamtlich tätigen Erhebungsbeauftragten aus. Auch sei die Wohnsituation vor allem von Studierenden, die wegen Online-Vorlesungen teils nicht am Studienort waren, verändert und somit für die Erhebung problematisch gewesen, überhaupt waren Kommunikationsmöglichkeiten eingeschränkt.
All diese Aspekte führten zu einer Verschiebung des Zensus auf 2022, gleichwohl wirkte sich Corona auch in jener Zeit noch auf die Zählung aus, erklärte Hürter: „Es war eine Erhebung unter schwierigen Bedingungen.“
Flüchtlingsbewegung hatte großen Effekt
Einen besonders großen Effekt auf die Zählung hatte dem Stala-Präsidenten zufolge die Fluchtbewegung unter anderem wegen des Ukraine-Kriegs. Man habe zum Zensus-Stichtag einen massiven Zuzug von Menschen aus der Ukraine erlebt, es habe eine hohe Mobilität gegeben, sagte er. „Etwa 7 Prozent der ausländischen Menschen, die wir in Rheinland-Pfalz sozusagen vermutet hätten, gibt es nicht“, erklärte Hürter.
Beispiel Trier: Hier gibt es die zentrale Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge. „In Trier sind sehr, sehr viele Menschen sozusagen erstmalig dann gemeldet worden in Rheinland-Pfalz, die insbesondere im Ukraine-Krieg gekommen sind“, sagte Hürter. Die Anmeldung scheine sehr gut funktioniert zu haben. „Die Abmeldung hat in den meisten Fällen auch gut funktioniert, aber eben nicht in allen. Und bei der schieren Masse der Menschen, die dann eben letzten Endes in Trier angemeldet und später abgemeldet wurden, ist es dann eben zu Fehlern gekommen.
Anhörungsverfahren für Kommunen
Doch welche Folgen entstehen nun aus den qualitativ schlechteren Ergebnissen des Zensus? Schließlich werden durch ihn beispielsweise Einwohnerzahlen von Kommunen definiert, auf denen wiederum politische Entscheidungen basieren – und Gelder zugesprochen werden. Stichwort: Länderfinanzausgleich. Auch Sitze im Bundesrat hängen von Bevölkerungszahlen ab, Konzessionsabgaben für Energieversorger oder auch die Einteilungen von Wahlkreisen.
Etwa 7 Prozent der ausländischen Menschen, die wir in Rheinland-Pfalz sozusagen vermutet hätten, gibt es nicht.
Marcel Hürter
Vor diesem Hintergrund hat man sich entschieden, erklärte Hürter, ein Anhörungsverfahren für die Kommunen durchzuführen. „Die Kommunen bekommen dann eben die Möglichkeit, nach der Bekanntgabe ihrer Ergebnisse Einwendungen gegen die Schätzung mit entsprechender Fristsetzung einzureichen“, sagte Hürter. Er geht davon aus, dass es bundesweit zu Klagen einzelner Kommunen oder auch von Bundesländern kommen wird. Wie sehr sich die Effekte in Rheinland-Pfalz auswirken – dazu machten die Statistiker zunächst keine genauen Angaben.
Hürter betonte allerdings, dass die Ergebnisse des Zensus in Rheinland-Pfalz anders als in anderen Bundesländern beispielsweise keine Auswirkungen auf den Kommunalen Finanzausgleich oder die Größe von Räten haben. Die Bemessung erfolgt auf Grundlage der Melderegister – “und die sind sehr gut".
Wie Menschen in Rheinland-Pfalz wohnen
Neben der Bevölkerungszahl wurden beim Zensus 2022 auch Daten zur Wohnsituation der Menschen abgefragt. In Rheinland-Pfalz gab es demnach rund2,13 Millionen Wohnungen in 1,23 Millionen Gebäuden. Knapp die Hälfte dieser Gebäude wird laut Auswertung mit Gas beheizt, rund 31 Prozent mit Heizöl. Mit 54,4 Prozent werden etwas mehr als die Hälfte der Wohnungen von Eigentümern und Eigentümerinnen selbst genutzt.
Im landesweiten Schnitt sind Wohnungen rund 107,7 Quadratmeter groß. Hier gibt es aber große Unterschiede zwischen Stadt und Land: Am größten sind Wohnungen im Landkreis Kaiserslautern mit durchschnittlich 127,6 Quadratmetern, am kleinsten in der Landeshauptstadt Mainz mit rund 81 Quadratmetern. Allerdings wird dabei nicht die Anzahl der Menschen in den Wohnungen betrachtet.
Hohe Mietpreise in Mainz
Beim Mietpreis führt die Landeshauptstadt die Liste an: Mit 9,73 Euro pro Quadratmeter zahlen die Menschen hier am meisten Nettokaltmiete. Am günstigstenist es in Pirmasens mit 4,62 Euro. Landesweit liegt der Preis bei 6,75 Euro.
Mehr zum Thema
Erste Ergebnisse des Zensus sind zu finden unter www.zensus2022.de