Ab dem 15. März gilt für Beschäftigte in Pflegeheimen oder Kliniken eine Impfpflicht - Welche rechtlichen Folgen drohen können
Impfen – oder der Job ist weg: Welche rechtlichen Folgen drohen Beschäftigten in Pflegeheimen oder Kliniken
Wer in Krankenhäusern, Seniorenheimen oder Arztpraxen tätig ist, muss bis zum 15. März geimpft sein. Wer sich auch dann noch dem Piks verweigert, riskiert seinen Arbeitsplatz, warnen Juristen und Arbeitgeber.
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Über die generelle Impfpflicht wird noch heftig gestritten, aber: Für die mehr als 200.000 Beschäftigten in Kliniken, Pflegeheimen, Arzt- und Zahnarztpraxen, Rehakliniken, Geburtshäusern oder auch bei Rettungsdiensten in Rheinland-Pfalz läuft bereits der Countdown, wenn sie noch nicht gegen Corona geimpft oder davon genesen sind. Denn für sie gilt ab dem 15. März bereits eine gesetzliche Impfpflicht.

Wer in Krankenhäusern, Seniorenheimen oder Arztpraxen tätig ist, muss bis zum 15. März geimpft sein. Wer sich auch dann noch dem Piks verweigert, riskiert seinen Arbeitsplatz, warnen Juristen und Arbeitgeber.
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Diese soll besondere Risikogruppen wie Senioren, Behinderte oder Kranke vor Ansteckung schützen. Wer sich nicht daran hält, riskiert, sein Gehalt zu verlieren, warnen der Remagener Professor Stefan Sell wie auch der Trierer Professor Thomas Raab und der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste im Gespräch mit unserer Zeitung.

Zwar wenden sich bereits 23 Personen mit einer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe gegen das Gesetz, ein Entscheidungstermin des Bundesverfassungsgerichts steht aber noch nicht fest. Auch der Erfolg der Klage ist völlig offen – zumal etwa der Mainzer Verfassungsrechtler Friedhelm Hufen den Standpunkt vertritt, dass die Impfpflicht in Pflegeheimen bereits spätestens zu dem Zeitpunkt hätte eingeführt werden müssen, als es genügend Impfstoff gab. Denn bereits im März 2020 habe sich gezeigt, dass „vor allem Beschäftigte die alten Bewohner angesteckt haben“.

Als ehemaliges Mitglied des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz fordert Hufen auch, dass sich alle Lehr- und Polizeikräfte impfen lassen. „Um die Krankheit zu besiegen, die auch viele Existenzen bedroht“, plädiert Professor Hufen zudem für die allgemeine Impfpflicht. „Sie ist auch durchsetzbar“ – über ein Bußgeld. Dies habe sich auch bei der vor Jahrzehnten noch hoch umstrittenen Gurtpflicht gezeigt. Der deutsche Bußgeldkatalog funktioniere hervorragend, meint Hufen.

Klare Regeln in Heimen und Kliniken

In Kliniken oder Heimen gibt es bereits klare Regeln, die Bundestag und Bundesrat beschlossen haben. Kann jemand seinem Arbeitgeber nicht bis zum 15. März belegen, dass er vollständig geimpft oder genesen ist oder nach ärztlichem Attest nicht geimpft werden kann, muss der Arbeitgeber das Gesundheitsamt informieren. „Das Gesundheitsamt kann ein Betretungsverbot für die Arbeitsstelle aussprechen“, erklärt Arbeitsmarktexperte Sell, der als Professor für Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaften an der Hochschule Koblenz, Campus Remagen, lehrt. Damit entfalle auch die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers. „Weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen sind nicht ausgeschlossen.“

Das gesetzliche Beschäftigungsverbot ist auch aus Sicht von Prof. Raab, der an der Uni Trier Arbeitsrecht lehrt, juristisch eindeutig geregelt – auch mit der alten Faustregel aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch: keine Arbeit, kein Lohn. Der Arbeitgeber könne Beschäftigten zwar nach dem Stichtag die Chance geben, sich doch noch impfen zu lassen, brauche aber letztlich auch Planungssicherheit, um den Ausfall zu kompensieren. Dies sei nicht auf Dauer möglich.

Unklar ist aber noch, ob bei einer fristlosen oder ordentlichen Kündigung auch das Arbeitslosengeld für einige Zeit gesperrt wird, weil der Verstoß gegen die Impfpflicht als Pflichtverletzung oder verhaltensbedingte Kündigung gewertet wird. Wie die Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland auf Anfrage berichtet, muss die Bundesagentur für Arbeit dies noch mit dem Bundesarbeitsministerium klären. Juristen rechnen ohnehin damit, dass alle offenen Fragen zeitnah die Arbeitsgerichte beschäftigen dürften.

Ohne Piks droht Beschäftigungsverbot

Vorerst steht aber für den Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) fest: „Wenn sich Pflegekräfte nicht impfen lassen wollen, droht ihnen ein Beschäftigungsverbot.“ Allerdings versuchten die mehr als 12.000 Mitgliedsbetriebe, weiter mit Überzeugungsarbeit jeden Ungeimpften zu erreichen, sagte die Sprecherin Susanne van Cleve gegenüber unserer Zeitung. Zudem hoffe der Verband, dass die Empfehlung des Ethikrats, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen, möglichst schnell umgesetzt wird. Denn nach der „einseitigen Belastung der Pflege durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht wächst an vielen Orten die Gefahr, dass Pflegekräfte dem Beruf den Rücken kehren“.

Dies müsse die Politik unbedingt verhindern, die sich – kritisiert bpa-Chef Bernd Meurer – auch während der Pandemie nicht ernsthaft darum bemüht habe, die Zahl der Pflegekräfte zu steigern. Außerdem könnten ältere und geschwächte Menschen am besten geschützt werden, wenn auch Besucher und Angehörige geimpft sind. „Das klare Signal einer allgemeinen Impfpflicht würde erheblich den Druck von der Pflege nehmen.“

Verdi sieht die einseitige Impfpflicht ebenfalls kritisch, auch wenn die Gewerkschaft das Impfen befürwortet. Die Beschäftigten in den Gesundheitsberufen seien bereits jetzt besonders belastet, physisch wie psychisch, sagt Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler und fordert eine stärkere Aufklärung.

Umgekehrt haben viele Verantwortliche in Medizin und Pflege generell kein Verständnis dafür, dass sich Menschen nicht impfen lassen. Eine Impfpflicht könne auch einen Ausweg für jene bieten, die sich dem Piks verweigern, meint ein Arzt, der schon viele Covid-19-Patienten behandelt hat, aber auch sterben sah. Eine Impfpflicht könne einigen helfen, beim Piks „ihr Gesicht zu wahren“. Unterdessen rechnet ein Geschäftsführer der Lebenshilfe aber auch damit, dass etliche Beschäftigte einlenken und sich doch noch impfen lassen, weil sie in ihren Berufen nicht auf andere Häuser ausweichen könnten. „Die Pflicht gilt ja überall.“

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