Flammersfeld
"Immaterielles Weltkulturerbe": Deutschland votiert für Raiffeisens Genossenschaftsidee

Das Raiffeisendenkmal in Neuwied erinnert an den großen Sozialreformer.

Jörg Niebergall

Flammersfeld. Ausgerechnet am Tag seiner Verabschiedung als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Flammersfeld (Kreis Altenkirchen) hat Josef Zolk die Nachricht erreicht, dass Deutschland die Genossenschaftsidee als immaterielles Weltkulturerbe vorschlagen wird. Damit hat die von Zolk vorangetriebene Bewerbung der deutschen Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft mit Sitz in Hachenburg Erfolg gehabt. Josef Zolk reagierte überglücklich: „Ich bin unglaublich dankbar.“

Von unserem Altenkirchener Redaktionsleiter Marcelo Peerenboom

Immaterielles Kulturerbe schützt die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) bereits seit dem Jahr 2003. Deutschland ist dem Übereinkommen aber erst im vergangenen Jahr beigetreten und hat in den zurückliegenden Monaten die Vorschläge der Bundesländer gesammelt, welche Traditionen und Wissensformen künftig auf die Liste gesetzt werden sollen.

Gemeinsam mit weiteren Vertretern hatte sich Josef Zolk sofort darum bemüht, die Raiffeisen-Idee als ein solches immaterielles Kulturerbe anerkennen zu lassen. Diese geht auf Friedrich Wilhelm Raiffeisen zurück, der 1818 in Hamm geboren wurde, später als Bürgermeister in Weyerbusch, Flammersfeld und in Heddesdorf wirkte und sich als Sozialreformer einen Namen machte. Er gilt als Gründer der ersten Genossenschaften. So rief er Mitte des 19. Jahrhunderts unter anderem den Flammersfelder Hülfsverein zur Unterstützung unbemittelter Landwirte ins Leben, bei dem Bauern Geld ansparen, aber auch welches zum Ankauf von Vieh und Gerät günstig leihen konnten. Aus diesen kleinen Anfängen ist im Lauf der Jahrzehnte ein weltumspannendes Netz an Genossenschaften entstanden.

Neben der Raiffeisen-Idee hatten die Bundesländer 82 weitere Vorschläge an die deutsche Unesco-Kommission gerichtet. Rheinland-Pfalz bewarb sich mit der „Morsetelegrafie“, mit „Satire“ und der „Kultur des Westerwälder Töpferhandwerks“. Neben der Raiffeisen-Idee hat es nur die Morsetelegrafie in das neue bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturguts geschafft. Und nur mit der Raiffeisen-Idee will Deutschland es nach dem Beschluss der Kultusministerkonferenz auf die internationale „Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ schaffen.

Den Beschluss wertet Zolk auch als Anerkennung für die Mühe, die sich die Raiffeisen-Gesellschaft gemeinsam mit der Schulze-Delitzsch-Gesellschaft aus Sachsen gemacht hat. Die Mainzer Kulturministerin Vera Reiß wertet die Entscheidung der Kultusminister als „großen Erfolg und starkes Signal für eine solidarische Gesellschaft“.

In das bundesdeutsche Verzeichnis hat die Konferenz 27 Traditionen aufgenommen, darunter auch den rheinischen Karneval mit all seinen lokalen Varianten. Ebenso gehören nun die Chormusik, die Passionsspiele in Oberammergau und die Falknerei zum deutschen immateriellen Kulturerbe.

Im März 2015 will die deutsche Unesco-Kommission die Raiffeisen-Idee offiziell beim Welterbezentrum einreichen. Frühestens Ende 2016 entscheidet die Unesco dann darüber, ob sie tatsächlich in die internationale Liste aufgenommen wird. Dann stünde sie in einer Reihe etwa mit dem argentinischen Tango, dem portugiesischen Fado oder der chinesischen Kalligrafie als herausgehobenes Kulturerbe der Menschheit.

Y Weitere Informationen zur Genossenschaftsidee unter www.raiffeisen-gesellschaft.de

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