Rheinland-Pfalz
Hochmoselbrücke: Wirtschaftsministerium verpasst dem Chef-Geologen einen Maulkorb

Auf der Hunsrückseite begannen im April 2012 die Bauarbeiten für die bis zur 160 Meter hohe und 1,7 Kilometer lange Brücke. Auf der Moselseite wird noch über die Sicherheit des Baugrunds gestritten.Ein paar Hundert Meter von der Baustelle von Europas größtem Brückenbauprojekt soll es keine Hangrutschungen geben. Foto:dpa

Rheinland-Pfalz - Das unbekannte Risiko beim Bau der bis zu 160 Meter hohen und schätzungsweise 375 Millionen Euro teuren Moselbrücke über den Ürziger Moselhang sorgt hinter den Kulissen der rot-grünen Koalition für einen Maulkorberlass, der Zweifel in die Sicherheit des gigantischen Brückenprojekts nicht gerade zerstreut: Der Chefgeologe des Landes, Professor Harald Ehses, darf sich zu den Fragen der Rhein-Zeitung nicht äußern.

Aktualisiert am 13. Januar 2014 08:22 Uhr

Auf der Hunsrückseite begannen im April 2012 die Bauarbeiten für die bis zur 160 Meter hohe und 1,7 Kilometer lange Brücke. Auf der Moselseite wird noch über die Sicherheit des Baugrunds gestritten.Ein paar Hundert Meter von der Baustelle von Europas größtem Brückenbauprojekt soll es keine Hangrutschungen geben. Foto:dpa

Von unserer Redakteurin Ursula Samary

Das Wirtschaftsministerium von Eveline Lemke (Grüne) verpasste dem Chef des Landesamts für Geologie und Bergbau einen Maulkorb. Begründung: Die Öffentlichkeit sei von der nachgeordneten Behörde schon hinreichend informiert worden. Will Lemke jetzt knallhart Koalitionstreue demonstrieren, für die es zuletzt so gar kein Drehbuch gab?

Unruhe-Vermerk aus grünem Haus

In der Opposition waren die Grünen, mit Lemke an der Spitze, gegen das lange vor Gerichten umstrittene Projekt, das den Flughafen Hahn mit dem Rhein-Main-Raum und den Nordseehäfen verbinden soll. Bei den Koalitionsverhandlungen konnte die Ökopartei zwar die Mittelrheinbrücke verhindern, aber nicht mehr den Brückenschlag bei Zeltingen-Rachtig. Die Bürgerinitiative Pro-Mosel, die ihre Einsicht in die Statik des Bauwerks erstreiten wollten, scheiterte vor dem Trierer Verwaltungsgericht. Nach dem Richterspruch gehören diese Informationen zum Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der Baufirmen. Aus dem grünen Lemke-Ministerium gelangte dann aber ein interner Vermerk ans Nachrichtenmagazin Spiegel. Dieses Papier warnt vor „erheblichen baulichen und finanziellen Risiken“, weil auf der Moselseite die Brückenpfeiler auf geologischen Rutschstellen stehen sollen, die bis zu 70 Meter in die Tiefe reichen.

Experte Harald Ehses muss schweigen.

Ehses konnte, noch ohne Maulkorb erklären, dass er seit Langem ein hydrogeologisches Gutachten fordere, „weil wir zu wenig wissen“. Daher könne er auch nicht beurteilen, ob der Bau „ein zu großes Risiko darstellt“. Flugs forderte die grüne Verkehrsexpertin Jutta Blatzheim-Roegler Aufklärung. Die Mitbegründerin einer Bürgerinitiative pochte auf das von Ehses geforderte Gutachten. Doch dies sei, so der Sprecher des attackierten Innenministeriums von SPD-Parteichef Roger Lewentz seit dem vergangenen Sommer längst auf der Schiene und im Herbst beschlossen worden. Das wisse auch Ehses. Die Analyse werde noch im Januar an ein unabhängiges Institut vergeben, um „ergänzend“ das Sickerwasserverhalten in dem Hang zu untersuchen, sagte Sprecher Joachim Winkler. Musste das SPD-Ministerium also gar nicht von Ehses und den Grünen gedrängt werden? Ehses darf sich zu Hintergründen nicht äußern.

Winkler betont seit ersten Zweifeln an der Planung und der Vorstellung, dass die Pfeiler auf einer feinkörnigen Masse „schwimmen“ könnten, stets: Der Bau sei „anspruchsvoll, aber ingenieurtechnisch beherrschbar“. Dies belegten auch Gutachten von Arcadis, dem Partner des Landesbetriebs Mobilität – auch zur hydrogeologischen Problematik. Alles andere wäre ja „unprofessionell“. Und: „Sicherheit hat immer höchste Priorität.“

Hypersensibler Baugrund

Offenbar reichten die bisherigen Unterlagen Ehses aber nicht aus. Im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund (TV) konnte er zuletzt noch sagen: Rutschhänge wie die an der geplanten Baustelle „reagieren hypersensibel auf Eingriffe, die ihr Gleichgewicht stören.“ Dieses Zitat wollte das Lemke-Ministerium nach TV-Darstellung ebenso verhindern wie dieses Zitat: „Das ist der komplizierteste Baugrund, den wir kennen. Wir haben schon seit mehr als zehn Jahren darauf hingewiesen, dass es sich um einen Rutschhang handelt“, der vor dem Bau der ersten Pfeiler genau untersucht werden müsse, auch mit Messreihen. Denn Wasser spiele ein wichtige Rolle, reagiere quasi wie ein Schmiermittel. Festes Gestein gibt es an der Stelle erst ab 70 Metern Tiefe.

Computersimulation: So soll die Brücke aussehen

Computersimulation: So soll die Brücke aussehen.

Landesbetrieb Mobilität T
Computersimulation: So soll die Brücke aussehen

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Computersimulation: So soll die Brücke aussehen

Computersimulation: So soll die Brücke aussehen.

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Computersimulation: So soll die Brücke aussehen

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Computersimulation: So soll die Brücke aussehen

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Computersimulation: So soll die Brücke aussehen

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Brückenansichten von den umliegenden Gemeinden - hier Zeltingen

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Brückenansichten von den umliegenden Gemeinden - hier zwischen Zeltingen und Rachtig

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Brückenansichten von den umliegenden Gemeinden - hier Lösnich

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Brückenansichten von den umliegenden Gemeinden - hier Ürzig

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Brückenansichten von den umliegenden Gemeinden - hier Erden

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Brückenansichten von den umliegenden Gemeinden - hier Lösnich

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Die Pfeiler aber sollen nur maximal 47 Meter tief sein. Auch sei ingenieurtechnisch beherrschbar, wie Winkler sagt und sich auf Experten im Ministerium beruft. Aber die Fragen gehen weiter – die CDU-Landtagsfraktion kündigt einen Berichtsantrag ans Ministerium an. Die Debatte sei „Wasser auf die Mühlen der Grünen“, denen es offenbar „weniger um Sicherheitsfragen als vielmehr um Ideologie geht“, meint die Opposition.

Ob das neue Gutachten das vom Land gemanagte Bundesprojekt verzögern oder extrem verteuern könnte, hängt nach Angaben des Ministeriums vom Ergebnis ab. Derzeit werde ohnehin nur an Pfeilern am Hunsrückhang gebaut.

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