Speyer (dpa/lrs) – Weniger Struktur, mehr Nähe: Mit umfassenden Reformen will die Evangelische Kirche der Pfalz auf gesellschaftliche, personelle und finanzielle Herausforderungen reagieren. Im Zentrum des sogenannten Prio-Prozesses stehen Veränderungen in den Bereichen Organisation, Immobilien, Soziales und Bildung. Ziel ist eine Kirche, «die wirkt, weil sie sich verändert», so eine Sprecherin zum heutigen Auftakt der mehrtägigen Frühjahrssynode in Speyer.
Die Neustrukturierung der Kirchenbezirke ist demnach ein Kernpunkt: Bis 2029 sollen aus derzeit 15 Bezirken 4 große Einheiten mit je rund 75.000 Mitgliedern werden. Die Kirche erhofft sich davon weniger Verwaltung, kürzere Entscheidungswege und mehr Ressourcen für Seelsorge und Gemeindearbeit. Der Umbau sei kein Rückzug, sondern eine Fokussierung auf das Wesentliche, heißt es.
Auch das Immobilienmanagement wird neu aufgestellt. Pfarrhäuser sollen zentral verwaltet und wirtschaftlich genutzt werden – auch durch Vermietung. Pfarrerinnen und Pfarrer müssen künftig nicht mehr im Pfarrhaus wohnen, sondern nur in erreichbarer Nähe. Durch die Umstellung erwartet die Kirche bis 2035 jährliche Einsparungen von rund einer Million Euro.
Regionale Zentren
In der Diakonie setzt die Kirche auf vier regionale Zentren, digitale Beratung und mobile Angebote. Trotz eingeschränkter Mittel soll das soziale Engagement erhalten bleiben – allerdings intelligenter organisiert. Die Finanzierung soll etwa an die Entwicklung der Kirchensteuer gekoppelt werden.
Im Bildungsbereich bleibt die Kirche über den Religionsunterricht präsent. Für einzelne Einrichtungen wie das Evangelische Trifelsgymnasium wird derzeit die Zukunft der Trägerschaft geprüft. Es gehe demnach um tragfähige Lösungen bei gleichzeitigem Erhalt des evangelischen Profils.
Besonders im Blick hat die Kirche das Ehrenamt: Es soll entlastet und besser unterstützt werden. Weniger Gremien, klarere Zuständigkeiten und größere Freiräume für Ortsgemeinden sollen dabei helfen. «Wir sparen an Gebäuden – nicht an Beziehungen», lautet ein Leitsatz der Landeskirche.
Der Mensch im Mittelpunkt
Der Prio-Prozess bedeutet auch einen Mentalitätswechsel: Die Kirche soll nicht mehr als hierarchische Institution, sondern als vernetzter Akteur verstanden werden – über Regionen, Berufsgruppen und Aufgabenfelder hinweg. Gespräche mit anderen Landeskirchen über Kooperationen oder Zusammenschlüsse sind geplant.
Trotz der Konzentration auf größere Einheiten versichert die Kirche, dass sie sich nicht aus der Fläche zurückziehe. Gottesdienste, Seelsorge und Gemeindeleben sollen vor Ort erhalten bleiben – neu organisiert, aber weiterhin nah bei den Menschen.
Mit dem Reformprozess reagiert die Evangelische Kirche der Pfalz auf sinkende Mitgliederzahlen und geringere Einnahmen. «Kirche muss nicht kleiner, sondern klarer werden», heißt es in den Leitlinien. Der Mensch stehe im Mittelpunkt – nicht die Struktur.
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