Rheinland-Pfalz
Herbert Mertin zieht 2012 wieder die Robe an

Herbert Mertin erlebt zum zweiten Mal eigene Tsunami-Folgen.

dpa

Rheinland-Pfalz - Der frühere Justizminister und Chef der FDP-Landtagsfraktion, Herbert Mertin (53), schmiedet für 2012 neue Pläne. Zuvor musste er die Fraktion der FDP abwickeln, die mit der von der Fukushima-Katastrophe noch verstärkten Anti-Westerwelle-Welle aus dem Mainzer Landtag gespült worden ist. Jetzt will er sich aufs Medizinrecht kaprizieren, erzählt er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Rheinland-Pfalz – Der frühere Justizminister und Chef der FDP-Landtagsfraktion, Herbert Mertin (53), schmiedet für 2012 neue Pläne. Zuvor musste er die Fraktion der FDP abwickeln, die mit der von der Fukushima-Katastrophe noch verstärkten Anti-Westerwelle-Welle aus dem Mainzer Landtag gespült worden ist. Er suchte neue Jobs für Mitarbeiter, bildete sich aber auch intensiv fort und erfreute sich nicht nur „an neuen Freiheiten“ als Vater von vier Kindern.

2012 wird der Ex-Justizminister wie bis 1999 wieder Rechtsanwalt, aber mit einem neuen Schwerpunkt samt breitem Spektrum: In der Koblenzer Kanzlei Schöll und Partner will Mertin vorrangig das weite Feld des Medizinrechts beackern. Das reicht von der klassischen Arzthaftung bei „Kunstfehlern“ übers Zulassungsrecht oder Abrechnungsbetrug bis zu Streitigkeiten mit oder zwischen Kassen oder Krankenhäusern. Täglich tauchen neue Fragen auf, derzeit die aktuelle, ob Kassen die Behandlungskosten für Komplikationen mit fehlerhaften Brustimplantaten übernehmen.

Mertin will sich auf medizinrechtliche Fragen konzentrieren, weil er damit auch als Justizminister (1999 bis 2006) häufig konfrontiert wurde, in der Bioethikkommission des Landes oder bei Aufsichtsfragen bei Ärzteverfahren. Und er kennt den Alltag: Oftmals sind die Erwartungen der Patienten viel größer als der vom Sozialgesetzbuch V gewährte Spielraum

Planwirtschaft regiert die Gesundheit

„Das Gesundheitssystem ist in weiten Teilen Planwirtschaft, die den Mangel verwaltet.“ Deshalb hat es Mertin „auch nicht verstanden, warum die FDP in der Bundesregierung dieses Ressort übernommen hat“. Als Anwalt will er denen beistehen, „die sich in der Planwirtschaft verheddern“. Aber er hat – wie er versichert – keine politischen Ambitionen, das System zu reformieren, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung sagt. „Seit dem 17. Mai bin ich nur noch ehrenamtlich aktiv“, als Bezirksvorsitzender und als Leiter einer Arbeitsgruppe, die rot-grüne Politik kritisch begleiten will. „Künftig gehen Beruf und Mandanten der Partei zwangsläufig vor“, stellt er inzwischen ganz entspannt fest.

Bei dem Gespräch im Koblenzer Café kommen immer wieder Leute, die wissen wollen, was er macht, und ihm anerkennend alles Gute für 2012 wünschen. Bei diesen Szenen wirkt es unverständlich, dass die FDP mit 4,2 Prozent aus dem Landtag geflogen ist, zumal die FDP im Land mit ihrer Oppositionsarbeit 2010 noch bei acht Prozent lag. „Gegen den Bundestrend kamen wir nicht mehr an.“

Dass der auch in Zukunft entscheidend für die FDP im Land ist, steht für Mertin ebenso fest. Aber er ist keiner, der beim 2-Prozent-Schicksal und Mitgliederschwund stets gute Ratschläge geben will. Nur ein Tipp ist ihm zu entlocken: „Einen guten Job machen, sich nicht nur ständig mit sich selbst beschäftigen, sondern mit Fehlern der anderen.“

Erbeben richten sein Leben neu aus

Das Jahr 2011 ist für Mertin eine Zäsur. Und die wird, wenn auch indirekter als in der Kindheit, zum zweiten Mal durch schwere Beben ausgelöst. Im Mai 1960 hat er in Chile erlebt, wie ein Jahrtausend-Tsunami den Eltern die Existenz raubte und sie eine ganz neue aufbauen mussten. Der Tsunami, der die Atomkatastrophe in Japan auslöste, hat auch die letzte Chance des FDP-Spitzenkandidaten Mertin im März zerstört. Dass er sich nun beruflich neu orientieren kann, zeigt Jungpolitikern (nicht nur an der FDP-Spitze), die vom Hörsaal direkt in den Plenarsaal wechseln: Es ist immer gut, wenn Politiker einen krisenfesten Beruf haben und sich damit auch ihre Unabhängigkeit bewahren können.

Von unserer Redakteurin Ursula Samary

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