Meinung zum Grünen-Parteitag
Grüner Gegenentwurf zum FDP-Chaos
Korrespondent Sebastian Stein
Lars Ross. Trierischer Volksfreund

Knapp ein Jahr vor der Landtagswahl zeigen sich die Grünen geschlossener denn je. Ganz anders als ihr Koalitionspartner von der FDP. Das funktioniert nur, weil viel im inneren Zirkel entschieden wird, kommentiert unser Korrespondent Sebastian Stein.

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Erst gut einen Monat ist es her, als die rheinland-pfälzische FDP bei ihrem Parteitag einen Scherbenhaufen zusammenkehren musste. Zuvor hatten sich die Liberalen wochenlang durch internen Streit selbst zerlegt. An dessen Ende gingen die führenden Köpfe beschädigt hervor – allen voran die Landesvorsitzende Daniela Schmitt. Die rheinland-pfälzischen Grünen haben auf ihrem Parteitag am Samstag und in den Monaten zuvor den Gegenentwurf zum FDP-Chaos gezeichnet. Den Verlust ihrer ehemaligen Spitzenkandidatin Anne Spiegel haben sie deutlich besser verschmerzt als die FDP jenen von Volker Wissing.

Die Macht liegt in Mainz – in der Fraktion, in der Regierung

Vor der Versammlung in Idar-Oberstein hatte es noch so ausgesehen, als könnte es die ein oder andere Überraschung geben. Eine Vielzahl von Kampfkandidaturen hatte sich für die aussichtsreichen Listenplätze bei der Landtagswahl angekündigt. Anders als bei anderen Parteien werden die Kandidaten bei den Grünen nicht komplett vom Vorstand vorgegeben. Und tatsächlich ist die Art und Weise, wie die Partei ihre Kandidaten auswählt, immer noch basisdemokratischer organisiert. Allerdings wirkt das Prozedere inzwischen mehr wie eine Fassade. Die wichtigen Entscheidungen werden vorab im kleinen Kreis getroffen. Die Macht liegt in Mainz – in der Fraktion, in der Regierung. Und die Harmonie in der Führungsriege stimmt. Anders als bei der FDP, die am Streit ihrer Spitzen fast zerbrochen wäre.

Angefangen bei der Spitzenkandidatenfrage, die die drei führenden Mainzer Politikerinnen lange vorher unter sich ausgemacht hatten. Bis hin zu Deals über aussichtsreiche Listenplätze ohne Gegenkandidatur kurz vor dem Parteitag. Vieles wirkt orchestriert. Der Charme der ehemaligen Anti-Establishment-Partei geht dadurch verloren. Offenen Streit – auch im guten Sinne – gibt es nicht mehr.

Für den Erfolg der Partei muss das aber kein Nachteil sein. Die Professionalisierung ist sogar notwendige Voraussetzung, um spontane Abstürze bei Wahlen zu vermeiden. Und der innere Grünen-Zirkel kann sich in seinem Kurs bestätigt sehen: Die Partei folgt. Es wird nun vielleicht nicht mehr lange dauern, bis man darüber nachdenkt, dem Parteitag gleich ganze Listen vorzugeben – so wie bei CDU und SPD. Denn nur für die Fassade sind solche Parteitage zu anstrengend.

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