200 Millionen Euro vom Land
Geldsegen für Kommunen löst nicht nur Jubel aus
Mit dem neuen Regionalen Förderprogramm schüttet die rheinland-pfälzische Landesregierung einmalig knapp 200 Millionen Euro für kommunale Projekte aus
Karl-Josef Hildenbrand. picture alliance/dpa

200 Millionen Euro gibt es vom Land für die an sich klammen Kommunen – zu verwenden etwa zur Stärkung der örtlichen Infrastruktur und der sozialen Gemeinschaft. Aber haben die Städte und Gemeinden nicht andere, größere Sorgen? Reaktionen.

Die Zahlen sind auf den ersten Blick beeindruckend: Mit dem neuen Regionalen Förderprogramm schüttet die rheinland-pfälzische Landesregierung einmalig knapp 200 Millionen Euro für kommunale Projekte aus. Empfänger der Gelder sind 62 Verbandsgemeinden, eine verbandsfreie Gemeinde, eine kreisfreie Stadt und fünf Landkreise in sogenannten Fördergebieten. Je nach Einwohnerzahl können die Kommunen zwischen 1,1 und 6,4 Millionen Euro beantragen. Ziel des Programms ist es, gleichwertige Lebensverhältnisse im Land zu unterstützen und mit den Investitionen bis in die Dörfer hinein nachhaltige Wachstumsimpulse zu setzen.

Bereits in seiner ersten Regierungserklärung hatte Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) das neue Programm angekündigt. Man wolle gezielt dort unterstützen, wo die wirtschaftliche Lage oder die demografischen Entwicklungen schwieriger sind als in anderen Teilen des Landes. „Mit dem Programm nähern wir die Lebensverhältnisse einander an und wahren die regionale Identität“, erklärte Schweitzer, der zugleich ein „schlankes“ und einfaches Antragsverfahren in Aussicht stellte.

Die Anträge können ab 1. März gestellt werden; Bewilligung und Auszahlung der Förderbudgets sollen noch in diesem Jahr erfolgen. Und: Abweichend von herkömmlichen Förderkulissen werden die Gelder vollständig ausgezahlt, sobald der Zuwendungsbescheid vorliegt.

Welche Maßnahmen gefördert werden können

Da die Finanzmittel für das Programm zu 50 Prozent aus dem Mainzer Innenministerium und zu je 25 Prozent aus dem Klimaschutz- beziehungsweise dem Wirtschaftsministerium kommen, müssen die Kommunen analog zu dieser Verteilung auch entsprechende Projekte umsetzen. Dies können Maßnahmen zur Stärkung der örtlichen Infrastruktur und der sozialen Gemeinschaft, Um- und Ausbau öffentlicher Einrichtungen, Kultur- und Sportförderung, die digitale Kommunalverwaltung oder das Ehrenamt sein.

In einer umfangreichen Positivliste mit möglichen Vorhaben werden auch Beispiele für den Umweltbereich genannt, etwa Maßnahmen des Klimaschutzes oder der Anpassung an den Klimawandel sowie der Ausbau von Infrastruktur für öffentliche Verkehrsmittel und den Bau von Rad- und Fußwegbrücken an Bahnhöfen. Auf der Wirtschaftsseite stehen Projekte wie zum Beispiel regionale Märkte, Dorfläden, der Ausbau von Gewerbegebieten, touristische Angebote oder Lkw-Parkplätze.

Einer, der sich über den Geldsegen aus Mainz freut, ist Jens Güllering (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nastätten und Vorsitzender der Kreisgruppe Rhein-Lahn des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz (GStB). „Wir bekommen 2,6 Millionen Euro, haben uns auch bereits Gedanken darüber gemacht, wie wir das Geld verwenden wollen. Einen Teil wollen wir in Maßnahmen der Verbandsgemeinde stecken, um solide unsere Aufgaben zu erledigen. Und wir werden auf jeden Fall unsere 32 Ortsgemeinden beteiligen.“ Die Ortsbürgermeister können sich nun Projekte für ihre Gemeinden überlegen, dann werde man Detailgespräche führen.

„Das ist ja jetzt ein toller Einmaleffekt. Ich wünsche mir aber, dass die Landesregierung die finanzielle Unterstützung der Kommunen verstetigt und damit dauerhaft verbessert.“
Jens Güllering (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nastätten und Vorsitzender der Kreisgruppe Rhein-Lahn des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz (GStB)

Wobei Fristen zu beachten sind: Anträge können nur bis 31. August dieses Jahres gestellt werden, und wenn das Geld in voller Höhe ausgezahlt wird, muss es innerhalb von 36 Monaten ausgegeben werden. Wer also zum Beispiel einen Kindergartenanbau plant, aber noch keine fertigen Pläne vorliegen hat, der dürfte mit dieser Zeitschiene Probleme kriegen. Denn ganz unabhängig von der Suche nach einem Architekten und Baufirmen dauert ja schon die Planung einige Zeit. Darauf weist auch Bürgermeister Güllering hin. Und in Richtung Landesregierung sagt er: „Das ist ja jetzt ein toller Einmaleffekt. Ich wünsche mir aber, dass die Landesregierung die finanzielle Unterstützung der Kommunen verstetigt und damit dauerhaft verbessert.“

Gar nicht zufrieden ist hingegen der Lahnsteiner Oberbürgermeister Lennart Siefert (Freie Wähler). „Ich möchte der VG Nastätten und jedem Empfänger von Fördermitteln nichts neiden. Jede Gebietskörperschaft steht vor tiefgreifenden Herausforderungen und kann daher eine bessere finanzielle Ausstattung, die uns Städten und Gemeinden aus meiner Sicht seit Jahrzehnten vorenthalten wird, gut gebrauchen. Im direkten Vergleich, insbesondere im Hinblick auf die finanzielle Situation und die Unterschiede in den Aufgaben kann ich es aber überhaupt nicht nachvollziehen, dass die Stadt Lahnstein im Förderprogramm keine Berücksichtigung gefunden hat.“ Er habe sich daher persönlich an die Landesregierung gewandt und die Situation der Stadt Lahnstein herausgestellt – unter Hinweis auf die Insolvenzen der Firma Philippine und des Krankenhauses. „Im Ergebnis hat es nicht dazu geführt, dass man uns nachträglich in das Förderprogramm aufgenommen hat.“

Er begrüße zwar grundsätzlich die Maßnahmen der Landesregierung, zu denen auch dieses Förderprogramm gehört, sehr, zum ersten Mal seit Jahrzehnten die Finanzausstattung der Kommunen zu verbessern. Das hier aufgelegte Programm geht aber aus seiner Sicht „völlig an der Realität vorbei. Während die, teils finanziell solide dastehenden Verbandsgemeinden üppige Fördersummen erhalten, sind die Zahlungen an die Städte im Verhältnis zu gering oder bleiben wie im Fall der Stadt Lahnstein ganz aus.“

Seine Stadt habe riesige Herausforderungen, zum Beispiel im Zustand der Straßen und Infrastruktur, der Kinderbetreuung, der städtischen Gebäude, von Rathäusern über die Grundschulen bis hin zu Feuerwachen. Dies alles koste Geld und sei nur mit einer soliden Finanzausstattung zu bewältigen. Diese Mittel können aber nicht ausschließlich über Steuererhöhungen von den Bürgern geleistet werden. Sieferts Fazit: „Der Bund und das Land müssen für die von dort auferlegten Standards ausreichend Geld zur Verfügung stellen.“

Auch Personalausgaben können finanziert werden

Das kommunale Förderprogramm sieht eine hundertprozentige Vorauszahlung vor. Werden Gelder aus diesem Topf von den Kommunen nicht ausgegeben, müssen sie ans Land zurückgezahlt werden. Bis zu 25 Prozent der Zuwendung können für nicht-investive Ausgaben wie zum Beispiel Personalausgaben verwendet werden. Eine Kombination mit anderen Förderprogrammen des Landes ist möglich, sofern noch keine Bewilligung vorliegt. ms

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