Es ist bereits der zweite Prozess zum Geisterfahrermord auf der B 49: 2015 verurteilte das Landgericht den Todesfahrer, der zuletzt im Kreis Neuwied wohnte, wegen Mord zu lebenslanger Haft, da er im Gegensatz zu gewöhnlichen Geisterfahrern absichtlich in den Gegenverkehr raste. Jetzt prüft das Gericht in einem neuen Prozess, ob drei Justizbeamte eine Teilschuld an dem Horrorunfall haben. Sie hatten Häftling Heiko K., der nie einen Führerschein hatte, 21-mal wegen des Fahrens ohne Führerschein vorbestraft ist und bereits gut zehn Jahre im Gefängnis saß, vor dem Horrorunfall zum Freigänger erklärt und so ermöglicht, dass er in der Tatnacht zum Mörder werden konnte. Angeklagt sind neben der Vizechefin (48) der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich zwei leitende Mitarbeiter (28, 43) der JVA Wittlich und Diez.
Jetzt hat Heiko K. im Prozess ausgesagt: Er betritt Gerichtssaal 129 am zweiten Verhandlungstag durch die Tür, durch die er ihn 2015 verlassen hat – als verurteilter Mörder. Er trägt sogar dieselbe schwarzblaue Jacke. Vor zwei Jahren schwieg er meist. Jetzt setzt er sich in die Mitte des Saals und erzählt und erzählt. Er sagt, dass ihm der Tod der Frau leidtut. Dass er nie einen Führerschein hatte, da er wegen seiner Vorstrafen immer eine Führerscheinsperre hatte. Und dass das natürlich keine Entschuldigung für seine Geisterfahrt sein könne.
Im Prozess gab Heiko K. jetzt erstmals den Polizisten die Schuld an allem: Er habe auf der B 49 sofort gestoppt und die Warnblinkanlage angestellt, als er merkte, dass er in die falsche Richtung fuhr. Aber die Polizisten seien auf ihn zugerast. Da habe er Panik bekommen und sei in den Gegenverkehr gerast. Er erzählte im Prozess auch von seinem Stiefvater, der zu viel trank, ihn oft verprügelte und klammheimlich seinen Tod wünschte: Als er elf Jahre alt war, habe ihn der Stiefvater immer wieder dazu gedrängt, mit seinem PS-starken Audi zu fahren. Dessen Hoffnung sei gewesen, dass er in der Umgebung gegen eine Mauer rast. Darum wurde er – Heiko K. – zum notorischen Verkehrsrowdy.
Im Prozess sagte auch ein Sozialarbeiter (33) aus, der einst in der JVA Wittlich befürwortete, dass der spätere Geisterfahrer zum Freigänger wurde. Seine Vernehmung zeigte, wie schwer die Wahrheitsfindung in diesem Prozess werden dürfte: Er sagte, er habe keinerlei Erinnerung an den Fall Heiko K.
Der Staatsanwalt macht den drei Beamten schwere Vorwürfe: Sie hätten demnach den Horrorunfall vorhersehen können und den Tod der Frau bei Beachtung ihrer Dienst- und Sorgfaltspflichten vermeiden können. Sie hätten den Todesfahrer nicht durch eine unvertretbare Entscheidung vorzeitig aus der Haft in Wittlich entlassen und in Diez zum Freigänger machen dürfen. Die drei Beamten weisen alle Vorwürfe zurück. Der Prozess endet wohl Ende Januar.