Blick hinter Gitter
Gefängnisse in Rheinland-Pfalz sind überbelegt
Ein Vollzugsbeamter geht in einem Gang an den Haftzellen vorbei: Diese gelten in Rheinland-Pfalz als überbelegt.
Harald Tittel. picture alliance/dpa

Droht in rheinland-pfälzischen Gefängnissen bald ein Aufnahmestopp? Die Haftanstalten sind schließlich so voll, dass bereits von einer Überbelegung die Rede ist. Aber noch ist offenbar für jeden neuen Kriminellen eine Zelle frei.

Rheinland-Pfalz. Bundesweit sind die Gefängnisse stark belegt. Rheinland-Pfalz macht keine Ausnahme, hat aber bei diesem Trend noch eine besonders brisante Marke erreicht: Die Belegungsquote lag Ende Januar bei 95,1 Prozent im geschlossenen Vollzug, wie das Justizministerium auf Anfrage unserer Zeitung berichtet. Damit gelten die zwölf Justizvollzugsanstalten nach amtlichen Maßstäben bereits als überbelegt.

„Grundsätzlich wird im Justizvollzug bei einer Auslastung zwischen 85 und 90 Prozent von einer Vollbelegung ausgegangen“, erklärt der Sprecher von Justizminister Herbert Mertin (FDP), Christoph Breuer. Sind mehr als 90 Prozent der Zellen vergeben, spreche man von einer Überbelegung. Denn für regelmäßig notwendig werdende Renovierungen müssten stets auch Kapazitäten frei bleiben.

Noch keine Häftlinge verlegt

Trotz der angespannten Lage sei es aber noch nicht notwendig geworden, Häftlinge in andere Bundesländer zu verlegen oder beispielsweise Ersatzfreiheitsstrafen, aufzuschieben, wenn Geldstrafen nicht bezahlt werden. Bei rund 3300 Haftplätzen finde sich auch bei einer Belegung von 95,1 Prozent immer noch eine freie Zelle – notfalls auch eine, in der zwei Gefangene Platz haben. Dies sei in Ausnahmefällen gesetzlich möglich, so Breuer. Perspektivisch sei geplant, einen Altbau der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich so zu sanieren, dass dorthin die JVA Trier verlegt werden kann und noch zusätzliche Haftplätze entstehen.

Für die Justizvollzugsbeamten ist die aktuelle Situation äußerst belastend, wie der Landesvorsitzende des Bunds der Strafvollzugsbediensteten, Mark Schallmo, unserer Zeitung sagt. Hinzu komme, dass es derzeit immer schwieriger werde, Gefangene zu trennen und in verschiedene Abteilungen zu verlegen, wenn sich Aggressionen zwischen Einzelnen zu sehr entladen.

Personal findet sich nur schwer

Wie Schallmo berichtet, fehlen im Vollzug derzeit etwa 150 Kräfte. Doch er lastet dieses Defizit nicht unbedingt dem Ministerium an. Für manche Anstalten – vor allem rund um Ludwigshafen – finde sich trotz vieler Werbe- und Infoaktionen auf Berufsmessen und in sozialen Medien einfach kein Personal. Die Anstalten wollten nun bei Tagen der offenen Tür auf ihre Berufe und „eine andere Welt“ aufmerksam machen. Aber der Gewerkschaftsmann weiß auch: Die Arbeitsplätze sind zwar auch in Krisenzeiten wie bei der Coronapandemie absolut sicher. Aber die hinter Gittern notwendigen Schicht- und Nachtdienste sind für junge Leute bei der Berufswahl nicht so attraktiv.

Auch wenn alle Stellen besetzt sind: Eine Zelle erinnert so gar nicht an den Komfort eines noblen Hotelzimmers. Trotzdem ist sie aber genauso teuer: Die durchschnittlichen Tageshaftkosten für eine/einen Gefangene(n) betrugen im Jahr 2024 für den Staat 196,92 Euro. Hierin enthalten sind Kosten für Miete, Verpflegung, Personal, medizinische Versorgung, Ausstattung und Investitionen, erklärt Ministeriumssprecher Breuer.

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