Wenn Werner Ollig auf seine Zeit bei der Gartenakademie blickt, spricht er von einem grünen Faden, der sich durch die Arbeit der Beratungsstelle zieht – bis heute. „Der grüne Faden, das sind Ökologie, Klimatauglichkeit und Artenvielfalt“, sagt der 65-Jährige, „also den Garten ruhig mal ein bisschen wilder sein lassen und Lebensräume schaffen.“
Die Gartenakademie Rheinland-Pfalz ist die Beratungsstelle des Landes für Gartenbesitzer und Kommunen. Angesiedelt ist sie beim Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz in Neustadt an der Weinstraße. Die Akademie beantwortet Fragen vom Apfelbaum bis zum Zimmerfarn und berät zu allen Themen der Gartengestaltung und des Gartenbaus. Das Team besteht aus drei Personen: Neben Ollig, nun Schorr, sind noch die Gartenbauingenieurin Eva Hofmann sowie Gartenbauwissenschaftler Lukas Mackle mit an Bord.
Akademie nutzt Synergieeffekte
Doch es wirken immer wieder weitere DLR-Kollegen an den Aufgaben der Akademie mit. Das Gartenakademie-Team kann jedenfalls aus einem großen Wissensschatz schöpfen: „Wir haben im DLR den Vorteil von Synergieeffekten“, erklärt Ollig. Stellen Hobbygärtner eine Frage, die das Team nicht ad hoc selbst beantworten kann, „gehen wir ein paar Schritte weiter zu Kollegen im Diagnoselabor oder im Obst- und Gemüsebau“, nennt Werner Ollig ein Beispiel.
Der Großteil der Informationen, die die Gartenakademie bereitstellt, ist übers Internet verfügbar. Schon früh hat sie auf die digitale Kommunikation gesetzt, sagt Ollig: „Wir haben all unser Wissen in Datenbanken gepackt und online gestellt.“ Zu seinem Dienstantritt sei das noch ein Novum gewesen, begleitet von Skepsis: Was ist mit älteren Menschen ohne Internet? Doch heute seien Anfragen über das Kontaktformular der Internetseite normal.
Vor zwei Jahren ist der regelmäßige Beratungstag vor Ort eingestellt worden. In früheren Zeiten, so Ollig, waren Freizeitgärtner aus der Eifel oder dem Hunsrück mit kranken Zimmerpflanzen nach Neustadt gefahren. „Aber wir haben gemerkt, dass immer weniger Menschen kommen, gleichzeitig sind uns immer mehr Pflanzenbilder digital zugeschickt worden.“
Auch mit zwei, drei aussagekräftigen Bildern lasse sich eine Diagnose stellen. Hilfe gibt es dann oft einfach in Form eines Links zu den richtigen Inhalten der Gartenakademie-Seite oder der vom DLR Rheinpfalz herausgegebenen Seite namens Hortipendium. „Manchmal haben Leute angerufen und gefragt: Ist das ein Computer? Das kann doch nicht sein, dass innerhalb von Minuten die Antwort kommt“, erinnert sich Ollig, immer noch stolz auf die effiziente Arbeitsweise.
Pflanzendoktoren beraten vor Ort
Beratung an Ort und Stelle gibt es jedoch weiterhin über die sogenannten Pflanzendoktoren. Das sind von der Gartenakademie zertifizierte Fachleute aus dem Gartenbau, die sich regelmäßig über die Akademie fortbilden. Etwa 50 bis 60 Betriebe im ganzen Land sind beteiligt und beraten Hobbygärtner zu einer umweltschonenden Bewirtschaftung ihres Grüns. Seit der Corona-Pandemie gibt es allerdings auch digitale Angebote und Vorträge der Gartenakademie, so Ollig.
Mit seinem grünen Faden hat Werner Ollig auch stets eine Spur aus der Gartenakademie heraus in die Öffentlichkeit gelegt. Oft hat er mithilfe der Rhein-Zeitung oder über Fernsehsendungen umweltschonende Gartenthemen an den Mann und die Frau gebracht. „Wir bei der Gartenakademie wollten immer mehr Ökologie, mehr blühende Pflanzen, mehr für den Erhalt der Artenvielfalt tun und weniger Pflanzenschutz“, betont Ollig. Seine Bilanz: „Wir merken, dass unsere Themen so langsam gesellschaftsfähig sind.“
Durch den Klimawandel ist der Rat der Gartenakademie gefragter denn je. Zwar werden schon seit vielen Jahren Städte und Gemeinden beraten. Aber: „Die Nachfragen sind immer stärker geworden, weil sich die Anforderungen geändert haben“, sagt Ollig. Was tun mit dem öden, verbrannten Rasen? Welche Baumarten sind dem großen Hitzestress in Städten gewachsen? Wie wird künftig bewässert? Diese und noch weitere Fragen sollen mit dem im Sommer eingeweihten Klimagarten beantwortet werden. Die neue, etwa zwei Hektar große Versuchsfläche der Gartenakademie soll die notwendigen Erfahrungswerte für die Beratungen liefern – auch für die Freizeitgärtner. Ein Projekt, das nun unter der Leitung von Franziska Schorr weiter vorangetrieben wird.
„Wir testen zum Beispiel kleinkronige Klimabäume, die für heiße, trockene Standorte gut geeignet sind“, erklärt Schorr. Zudem gehe es auf der Versuchsfläche um das richtige Wassermanagement für die Zukunft und ökologische Zusammenhänge. Der Klimagarten soll es mit Schulungsflächen auch anschaulich ermöglichen, kommunale Mitarbeiter fortzubilden.
Regen dann sammeln, wenn er fällt
Was werden die größten Herausforderungen in den Gärten sein? „Eine ganz große Sache wird das Wassermanagement sein“, ist Franziska Schorr überzeugt. Regenwasser müsse dann gesammelt werden, wenn es fällt – wie jetzt in den Wintermonaten. Auch die Pflanzzeiten verschieben sich: Der Herbst wird zur optimalen Anpflanzphase. Denn im Frühjahr haben die jungen Pflanzen künftig vielleicht nicht genug Zeit zum Anwachsen, bevor die nächste Trockenperiode einsetzt. „Das, was die Freizeitgärtnerinnen und Freizeitgärtner aus ihren Gärten kennen, wird so nicht mehr funktionieren“, sagt Schorr. So mancher Gartenbesitzer wird ratlos sein, wenn seine Bewirtschaftungsmethoden nicht mehr funktionieren – hier setzt die Beratung der Gartenakademie an.
Neu sind die Arbeitsfelder der Gartenakademie jedenfalls nicht für deren neue Leiterin. Franziska Schorr hat bereits ihr Landwirtschaftsreferendariat (2020 bis 2022) beim DLR in Neustadt absolviert. Zuvor hat die 34-Jährige Berufserfahrung als Gärtnerin gesammelt, einen Bachelorabschluss in Gartenbaulicher Phytotechnologie sowie einen Masterabschluss in Gartenbauwissenschaften erworben. „Ich möchte den Leuten beratend zur Seite stehen, um die Grünflächen und die Pflanzen zu erhalten, zu verbessern und nachhaltig zu gestalten, damit sie einen Wert für die Zukunft haben“, erklärt Schorr zu ihrer Motivation – die Werner Olligs nicht unähnlich ist.
Wenn es um die Sache geht, will Ollig jedenfalls noch nicht in den Ruhestand treten: „Mit Blick auf den Klimawandel versuche ich weiterhin, Leute für Veränderungen zu gewinnen“, betont Werner Ollig. Denn im eigenen Garten könne man Dinge ganz schnell ändern. „Man muss keine politischen Abstimmungen über Jahre und Jahrzehnte mitmachen“, sagt der 65-Jährige und lächelt verschmitzt. „Man kann Flächen entsiegeln, mehr Bäume, Sträucher und Stauden setzen, den Rasen extensivieren, Regenwasser sammeln und selbst kompostieren.“
Die Texte der aktuellen RZ-Serie mit der Gartenakademie „So machen Sie den Garten klimafreundlich“ finden Sie unter www.ku-rz.de/ klimagarten. Weitere Gartentipps sowie die Kontaktdaten der Gartenakademie gibt es online unterwww.gartenakademie.rlp.de, Garteninfos bietet außerdem die Seite www.hortipendium.de